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Autor Nachricht
Goldloeckchen
(stillgelegt)

Könnt ihr gleichzeitig fühlen und denken?

Meine Antwort später dazu.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
30.01.07, 18:29:30
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drvaust
(stillgelegt)

Wie meinst Du das? verwirrt Ich kann gleichzeitig denken und fühlen.

Ich kann Verstand und Gefühl (und noch einen Teil von mir) trennen, als wären es verschiedene Personen (nicht MPS), die unabhängig gleichzeitig arbeiten.
Manchmal werde ich nur vom Gefühl kontrolliert, der Verstand sieht nur zu. Dann analysiert der Verstand das Verhalten des Gefühls, ohne gleich einzugreifen. Manchmal manipuliert der Verstand auch das Gefühl. Oder das Gefühl regt sich über den nüchternen unromantischen Verstand auf. Oft verdirbt der Verstand das Gefühl.
Wenn ich wütend bin, können Verstand und Gefühl ein mörderisches Bündnis bilden. Der Verstand kontrolliert die Situation, achtet auf die juristischen Aspekte usw., z.B. daß es eine Notwehrsituation ist und ich den Feind mehrmals warne. Dann läßt der Verstand das Gefühl frei, zum Exzeß, und gibt noch nützliche Hinweise. Natürlich behaupte ich danach, das der Verstand unbeteiligt war, reiner Affekt, unzurechnungsfähig.

Oder was meinst Du? In welchem Zusammenhang?

30.01.07, 19:57:41
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bellaria
(Angehörigenbereich)

Wenn ich starke Gefühle habe (Wut, Angst, Verliebtsein, Nervosität, etc.) dann kann ich definitiv zur selben Zeit nicht klar denken.
30.01.07, 20:05:42
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Jutta
(Angehörigenbereich)

So ein ähnliches Problem habe ich auch. Wenn die Gefühle so über mich hereinsausen, habe ich große Schwierigkeiten mit dem Kopf dabei zu bleiben. Das ist besonders wenn ich so richtig sauer und wütend bin, da schaltet die Zentrale gerne ab - hinterher ärgere ich mich dann immer, weil mir die richtig guten Antworten später einfallen.
Bei positiven Gefühlen ist das allerdings überhaupt nicht so, da bleibt der Kopf misstrauisch klar - das bedauere ich auch manchmal.......

LG Jutta
30.01.07, 20:17:02
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christian_k
(Autistenbereich)

geändert von: christian_k - 30.01.07, 20:40:10

Hallo,

über dieses Thema habe ich heute morgen mit meinem Therapeuten gesprochen. Dafür gibt es eine neurologische Ursache.

Früher nahm man an, dass die Verbindung im Gehirn zwischen dem präfrontalen Kortex (zuständig für "Logisches Denken") und dem limbischen System (hauptsächlich für Emotionen) bei Autisten weniger ausgeprägt wäre. Zu dieser Annahme kam man, weil einige, die früher einer Lobotomie unterzogen wurden, danach autismus ähnliche Symptome zeigten (bei dieser Operation wird diese Verbindung zu einem Teil absichtlich zerstört).

Neuere Forschungen zeigen aber, bei Autismus fliessen hier nicht unbedingt weniger Signale, aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zu den NTs. Bei den NTs fliessen hier Signale gleichzeitig in beide Richtungen in etwa gleicher Menge. Beim Autisten fliessen sie zu einer Zeit nur in die eine oder nur in die andere Richtung. Die Folge ist, dass zeitweise der Verstand über die Emotionen dominiert und zu anderen Zeiten die Emotionen über den Verstand. Beispiele für letzteres sind z.B. die für viele Autisten typischen Wutausbrüche und damit ist auch klar, dass dieser Situation mit blosser Logik nicht bei zu kommen ist. Er hat mir das auch erklärt, weil ich dieses Wut als eines meiner Probleme angesprochen habe.
Nach seiner Erklärung soll ich das aber nicht als blosses Defizit ansehen, sondern als eine Eigenschaft, die Vor- und Nachteile hat. Es gibt Strategien zur Kontrolle von Wut oder Depri Phasen, die sich diese "Annomalie" sogar zu Nutze machen und er meinte, es ist auch für andere Situationen nützlich bzw. kann bewusst eingesetzt werden.
Nicht zu letzt trägt es aber wohl auch zu den geistigen Höchstleistungen bei, die einige Autisten verbringen können.

Gruss
Christian



30.01.07, 20:38:02
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

geändert von: Goldloeckchen - 30.01.07, 20:45:50

Drvaust:

Genau das meinte ich ja.

Ich kann nicht oder kaum gleichzeitig denken und empfinden oder fühlen. Wenn ich emotional bin dann "verabschiedet" sich mein Verstand solange bis ich von meinen "Trip" wieder runter bin. Auch ich bin in der Zeit kaum zurechnungsfähig. Besonders heftig wird es in depressiven Phasen und Wutausbrüchen.
In anderen Situationen hingegen übernimmt mein Verstand die gesamte Kontrolle und ich fühle in eigentlich emotionalen Situation zb. wenn es jemanden schlecht geht rein gar Nichts. Das ist eine Situation in der ich nach Problemlösungen suche und einfach nichts rein gar nichts empfinde obwohl ich weiß, dass da jemand vllt Trost bräuchte in seiner prekären Lage.
Auch in Streitereien befinde ich mich oft in Fokus und kann erst dann Pro und Kontra bewerten wenn man mich eine Weile zufrieden läßt. Oft bin ich aber in Streitereien auch gar nicht emotional und alles prallt an mir ab. Ich würde behaupten, dass ich ein Mensch bin der seine Extremen lebt.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
30.01.07, 20:44:16
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drvaust
(stillgelegt)

geändert von: drvaust - 31.01.07, 13:31:15

Ich kann eigentlich immer denken, mein Denken wird kaum vom Gefühl behindert, das ist unabhängig.
Nur bei starken Gefühlen, z.B. Angstzustände, kann ich das Gefühl nicht mehr beherrschen, dann werde ich vom Gefühl beherrscht, aber der Verstand läuft weiter. Auch bei Wutausbrüchen arbeitet der Verstand weiter, unterstützt sogar die Wut, und sorgt dann für Spurenbeseitigung. Ich habe auch heftige Wutausbrüche, dann bin ich zu unglaublichen Leistungen fähig, aber der Verstand schaltet nicht ab, der sieht zu.

Das ich in normalerweise emotionalen Situationen rein verstandesmäßig reagiere, kenne ich auch. Aber da scheint nicht der Verstand das Gefühl zu blockieren, sondern ich habe da kein entsprechendes Gefühl, bzw. die Problemlösung ist für mich emotional befriedigend. Wenn die Menschen vor Mitleid mit einem Menschen verzweifeln, empfinde ich kein Mitleid, sehe nur ein Problem.
Vereinzelt schalte ich das Gefühl auch ab, wenn eine Überlastung droht bzw. vorliegt, aber das ist etwas anderes, eine Schutzreaktion.

Der Parallellauf von Verstand und Gefühl bei mir ist manchmal unheimlich. Dann habe ich Angst vor Schizophrenie. Das ist, als würden zwei verschiedene Personen miteinander diskutieren, sich gegenseitig beobachten.
Z.B. kam ich mal zu einem schweren Verkehrsunfall.
Gefühl: Wieder eine Störung, können die das nicht woanders machen.
Verstand: Einfach vorbei, nicht beachten.
Gefühl: Zerfetzte Menschen, Blut, geil, sofort hin, genauer ansehen.
Verstand: Beruhige Dich, weg hier, das gibt sonst Ärger.
Gefühl: Das muß ich genau sehen, das brauche ich, ist doch geil.
Verstand: Sofort weg! Das gibt Ärger. Hol jetzt bloß nicht die Kamera raus.
Gefühl: Gute Idee. Haben wir eine Kamera?
Verstand: Nein. Weg hier, die Bullen kommen. Das gibt Ärger.
Gefühl: Blöde Bullen. Die verderben mir den Spaß. Kann ich mich mit denen anlegen?
Verstand: Hier nicht, sind zu viele. Schnell weg.
Gefühl: Die Bullen machen mir Angst. Schnell noch mal genau hinsehen und weg.
Verstand: Schnell weg, taub stellen, Bullen ignorieren, Kampfbereitschaft herstellen.
Gefühl: Die Bullen verderben den Spaß. Aber jetzt habe ich wieder Stoff für Träume.

Manchmal passiert es mir, daß Verstand und Gefühl gegeneinander arbeiten. Dann verhalte ich mich emotional, korrigiere das vernünftig, wieder emotional, vernünftig, ... . Das kann Ausenstehende sehr irritieren. Aber dann siegt meistens der Verstand.

31.01.07, 10:01:34
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drvaust
(stillgelegt)

Manchmal reagiert mein Gefühl viel schneller als mein Verstand. Vor allem wenn das Gefühl schnell gereizt wird und besonders wenn ich erschrecke, ich bin jähzornig. Dann kracht es, bevor der Verstand die Situation erfasst hat und eingreifen kann. Aber auch da denke ich, nur langsamer.

31.01.07, 13:57:05
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

Zitat von drvaust:
Manchmal reagiert mein Gefühl viel schneller als mein Verstand. Vor allem wenn das Gefühl schnell gereizt wird und besonders wenn ich erschrecke, ich bin jähzornig. Dann kracht es, bevor der Verstand die Situation erfasst hat und eingreifen kann. Aber auch da denke ich, nur langsamer.



Das kann gut sein, dass du das so empfindest aber bevor man was empfinden kann muss man die Situation erfasst haben sonst würde man ja auch nichts empfinden können. Allerdings hat dieses Erfassen nichts mit Logik zu tun sondern man nimmt ein Erlebnis erstmal zur Kenntnis die Analyse folgt nachher. Was ich sagen will ist, dass man zuerst was denken muss bevor man empfinden kann. freuen

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
31.01.07, 17:05:38
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bellaria
(Angehörigenbereich)

Zitat von Sheila:
Was ich sagen will ist, dass man zuerst was denken muss bevor man empfinden kann. freuen


Bei Reflexen ist das - aus gutem Grund - aber anders rum!
31.01.07, 18:02:19
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DrChaoZ
(Autistenbereich)

nein, kann ich nicht... ich kann entweder denken oder ich kann fühlen.
31.01.07, 18:09:15
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

Aber Reflexe sind doch keine Empfindungen.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
31.01.07, 18:09:32
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