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Autor Nachricht
FriedchenSG
(Standard)

Hat mal einer einen Tipp ??
FriedchenSG
21/06/2006 07:49

Hallo Ihr Lieben ! Ich bräuchte da mal einen erfahrenen Ratschlag. Ich habe mich in den letzten Wochen sehr über Asperger belesen, wegen unserer Tochter, die seit Jahren heilpädagogisch, psychotherapeutisch und sonst wie therapiert wird. Eine reine Autismus-Testung war negativ. Doch so vieles deutet auf darauf hin, dass Sie ein Aspie sein könnte.
Wie kommt man endlich an kompetente Menschen, die sich die Mühe machen, da auch 10 x hinzusehen, ohne das in die Schublade "Die Eltern sind alles SChuld" zu schieben, sondern sich wirklich mal diesen Dingen annehmen und sie auch so betrachten wie sie sind.
Es sind viele Dinge in Vera‘s Leben (13,5 Jahre), die nicht funktionieren und auch nicht angeschoben werden können, da sie immer wieder das erlernte Muster einhält. Ist das nicht möglich, reagiert sie äußert aggressiv, zwar nicht gegen sich oder Mitmenschen, aber gegen alle sächlichen Dinge.
Kontakt zu anderen Menschen versucht sie stets aufzubauen, ja man kann fast sagen sie ist sehr kontaktfreudig, doch das Gegenüber läßt sie sehr schnell stehen, wenn er ihre Art begriffen hat. Sie wird beim Kontaktaufbau, vor allem wenn er in männliche Richtung geht, extrem penetrant und läßt solange nicht davon ab, bis der jenige oder eine 3. Person in heftigem Maße eingreifen.
Schon seit ihrem 4. Lebensjahr fällt alles sehr auf, dass wenn man sie tadelt, sie einen fast "durchschaut". Es erweckt in vielen das Gefühl, sie selbst hört das gar nicht mehr, sie tritt neben sich.
Ach Leute ich könnte Romane schreiben, doch ernst genommen wurden wir bisher nicht. Man macht es sich von amtwegen so einfach und schiebt den Eltern alles in die Schuhe, die haben alles verkehrt gemacht. Dabei merkt man Vera an, dass sie stets bemüht ist, aber ihre alten Strukturen sie immer wieder "gefangen" nehmen. Die psychologische Therapie läuft nun bald aus und es wurde angeregt, sie danach in eine therapeutische Wohngruppe zu geben, da sie in Haus, Schule und Freizeit gleichbleibend auffällig ist und bleibt und sich die "Macken" nicht "wegtherapieren" lassen.
Meinem Mann und mir fällt dieser SChritt zum einen sehr schwer und kann zum anderen doch auch nicht die Lösung sein, wenn hier wirklich ein Problem vorliegt, dass sich dann dort auch nicht "wegtherapieren" läßt. Seit wann ist den wegschließen eine Methode ?
Würde mich freuen, wenn jemand von Euch Ideen hätte.

Danke FriedchenSG
22.06.06, 06:44:49
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uppsdaneben
(Autistenbereich)

Zitat von FriedchenSG:
Hat mal einer einen Tipp ??
FriedchenSG
21/06/2006 07:49

Hallo Ihr Lieben !


Ich weiß nicht, wie andere Aspies das sehen, doch ich möchte so nicht begrüßt werden, schon gar nicht von Unbekannten. Nimm es bitte nicht persönlich, sondern als Aufklärung, dass überschwengliche Begrüßungen gegenüber Aspies eher Nach- als Vorteile bringen.

Zitat:
Ich bräuchte da mal einen erfahrenen Ratschlag.


Gerne.

Zitat:
Eine reine Autismus-Testung war negativ.


Meinst du Kanner-Autismus?

Zitat:
Wie kommt man endlich an kompetente Menschen, die sich die Mühe machen, da auch 10 x hinzusehen, ohne das in die Schublade "Die Eltern sind alles SChuld" zu schieben, sondern sich wirklich mal diesen Dingen annehmen und sie auch so betrachten wie sie sind.


Schwer bis gar nicht. AS ist leider immer noch vielen unbekannt und nach den Erfahrungen einiger Aspies zu urteilen, taugen auch viele selbsternannte Fachleute nichts.

Dennoch solltest du dich auch über andere Varianten kundig machen, bevor du in eine Richtung gezielt aktiv wirst. Sozialphobie, Borderline, Tourette, AS, ADS und AHDS können sehr leicht verwechselt werden, wenn die Symptome nur unklar sind und nicht deutlich heraus stechen.


Zitat:
Es sind viele Dinge in Vera‘s Leben (13,5 Jahre), die nicht funktionieren und auch nicht angeschoben werden können,


Nachstehend gehe ich mal davon aus, dass deine Erkenntnis "AS" richtig ist.

Wer schiebt an? Du oder Vera?

Zitat:
Kontakt zu anderen Menschen versucht sie stets aufzubauen, ja man kann fast sagen sie ist sehr kontaktfreudig, doch das Gegenüber läßt sie sehr schnell stehen, wenn er ihre Art begriffen hat. Sie wird beim Kontaktaufbau, vor allem wenn er in männliche Richtung geht, extrem penetrant und läßt solange nicht davon ab, bis der jenige oder eine 3. Person in heftigem Maße eingreifen.


Mir kommt das aus meiner eigenen Jugend sehr bekannt vor. Als Jugendliche werden wir von unseren Genen gezwungen, uns zu Gruppen zusammen zu schließen und uns dort zu profilieren. Gleichzeitig blocken diese Gruppen alles "Fremde" ab.

Für uns Aspies ist das eine mittlere Katastrophe. Uns fehlt ein wichtiger Abschnitt unserer Entwicklung, den wir Jahrzehnte später mühsam nachholen müssen. Zudem belastet uns die ständige Zurückweisung so sehr, dass eine tief gehende Depression die Folge ist; hier musst du aufpassen.

Zitat:
Schon seit ihrem 4. Lebensjahr fällt alles sehr auf, dass wenn man sie tadelt, sie einen fast "durchschaut". Es erweckt in vielen das Gefühl, sie selbst hört das gar nicht mehr, sie tritt neben sich.


Wozu sich etwas anhören, was eh klar ist oder nicht verständlich ist, weil in Begriffen gesprochen wird, die für einen Aspie bedeutungslos sind.

Zitat:
Ach Leute ich könnte Romane schreiben, doch ernst genommen wurden wir bisher nicht.


Willkommen im Club. Wundert es dich? Was war für dich ein Autist, bevor du dich mit dem Thema beschäftigen musstest? Vermutlich ein jenseitiger Idiot, der im besten Fall nicht sabbert.

Wir Aspies haben ein weiteres Problem. Wenn wir nicht von ALG2 leben, sind wir keine Aspies, da wir ja mit unserer Umwelt zurecht kommen. Naja, ein hoher IQ hilft bei einigen Erkenntnissen, nur müssen wir hart und unvollkommen für etwas arbeiten, was Anderen leicht in den Schoß fällt.

Zitat:
Man macht es sich von amtwegen so einfach und schiebt den Eltern alles in die Schuhe, die haben alles verkehrt gemacht.


Weißt du, was der meistgesagte Spruch gegenüber Aspies ist? "Reiß' dich zusammen, du musst dich nur bemühen." Wir lieben ihn.

Zitat:
Die psychologische Therapie läuft nun bald aus und es wurde angeregt, sie danach in eine therapeutische Wohngruppe zu geben, da sie in Haus, Schule und Freizeit gleichbleibend auffällig ist und bleibt und sich die "Macken" nicht "wegtherapieren" lassen.


Ihr solltet davon Abstand nehmen. Mir ist keine Wohngruppe bekannt, die AS behandeln kann. AS lässt sich nicht therapieren. Außerdem klingen "Gruppe" und "Aspie" wie "Feuer" und "Wasser". Wenn sie ein Aspie ist, würde ihr das die Hölle bereiten.

Was sehr wohl geht, ist eine passende Erziehung für Aspies. Sie unterscheidet sich allerdings erheblich von der normalen, weil wir in ganz anderen Begriffen denken. Einige Institute versuchen, AS-Jugendliche so zu erziehen, dass sie mit ihrer Umwelt zurecht kommen können.

Zitat:
Seit wann ist den wegschließen eine Methode ?


Seit Tausenden von Jahren. Dabei ist das Wegschließen in der Gruppe eine Strafe besonderer Art.

Zitat:
Würde mich freuen, wenn jemand von Euch Ideen hätte.


- Kläre Vera über AS auf. Wikipedia ist ein guter Einstieg, um die Begriffe und Zusammenhänge zu klären und Google hilft dann weiter.

- Vera kann gerne hier hinkommen, Fragen stellen und mit uns diskutieren. Viele ihrer Probleme sind nicht wirklich neu, sondern schon von uns durchlebt worden.

- Vera hat als Aspie vermutlich einen deutlich überdurchschnittlichen IQ und kann damit einige Mängel kompensieren, wenn sie das, was du intuitiv erfasst hast, anhand von Regeln und Büchern erlernen kann. Dazu gehören Körpersprache und Umgangsformen.

- Trotz aller Maßnahmen wird Vera ihre "Schwächen" nie vollständig kompensieren können. Deshalb ist es wichtig, dass sie ihre Stärken kennen lernt. Die hat sie. Aspies sind keine hilflosen Behinderten, sondern Menschen, deren Kommunikation mit NTs schwierig ist. Untereinander verstehen wir uns so gut, wie NTs sich verstehen. Sie braucht ihre Stärken, um Selbstbewusstsein zu entwickeln und Depressionen zu vermeiden.

- Veras Freundeskreis wird klein und "schräg" sein. Das ist vorgegeben, da Durchschnittsmenschen ihre eigene kleine Welt um sich aufbauen. Vera wird sich davon durch ihren IQ, ihre Nichtakzeptanz unsinniger Rituale und ihrem Mangel an Anpassungsfähigkeit unterscheiden.
22.06.06, 08:50:40
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

Darf ich fragen wo du deine Tochter testen lassen hast? Hast du schon mal daran gedacht dir eine zweite psychiatrische Meinung ein zu holen? Wäre evtl sinnvoll.
Mir scheint das "Weg sperren" deiner Tochter nicht besonders sinnvoll. Mir kommt es manchmal so vor als seien Kinder bei denen man zu solchen Maßnahmen greift oft hinter her dadurch erst recht verstört. Vllt weil damit die Botschaft "Du bist behindert" stärker zum Ausdruck kommt? Letztendlich kann ich mir aber kein Urteil darüber erlauben da ich von Therapien und Wohnheimen keine Ahnung habe. Ich könnte mir aber auch nicht vorstellen meine Kinder in so eins unter bringen zu können selbst wenn mir alles noch so schwierig erscheint.
Ich habe mir neulich Hilfe beim Jugendamt ersucht, nur ist es bei mir der umgekehrte Fall da ich die "Behinderte" in unserer Familie bin. Mir wurde auch Hilfe zu gesagt. "Leider" werden erst Hilfemaßnahmen unternommen wenn eine Diagnose vorliegt. Es wäre also wirklich vom Vorteil ein erneutes Diagnoseverfahren ein zu leiten.

LG

Sheila

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
22.06.06, 08:53:12
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

geändert von: Goldloeckchen - 22.06.06, 09:01:31

Zitat:
Weißt du, was der meistgesagte Spruch gegenüber Aspies ist? "Reiß' dich zusammen, du musst dich nur bemühen." Wir lieben ihn.


*rolleyes*

Zitat:
Veras Freundeskreis wird klein und "schräg" sein. Das ist vorgegeben, da Durchschnittsmenschen ihre eigene kleine Welt um sich aufbauen. ...


Wenn Vera Glück hat. Leider war es mir viele Jahre nicht möglich einen solchen Freundeskreis auf zu bauen. Dank INT und SHG ist es mir gelungen einige Kontakte her zu stellen.

@ FriedchenSG

darf ich mal fragen wo du wohnst? Ich frage das wegen Arzt und SHG evtl.




[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
22.06.06, 08:56:47
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Wursthans
(stillgelegt)

Zitat von Sheila:
darf ich mal fragen wo du wohnst? Ich frage das wegen Arzt und SHG evtl.


Schau mal in ihr Profil. cool

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
22.06.06, 11:22:22
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

Bergisches Land reicht mir nicht so ganz als Antwort.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
22.06.06, 12:33:45
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uppsdaneben
(Autistenbereich)

[quote="Sheila"]
Zitat:
Zitat:
Veras Freundeskreis wird klein und "schräg" sein. Das ist vorgegeben, da Durchschnittsmenschen ihre eigene kleine Welt um sich aufbauen. ...


Wenn Vera Glück hat. Leider war es mir viele Jahre nicht möglich einen solchen Freundeskreis auf zu bauen. Dank INT und SHG ist es mir gelungen einige Kontakte her zu stellen.


Derartiges meine ich. Wenn Vera ohne gezielte Maßnahmen bleibt, wird sie wahrscheinlich gar keine Freunde haben.

Mit geht es darum, dass FriedchenSG nicht annimmt, Vera würde mit Therapie/Hilfestellung ein völlig neurologisch typisches Leben führen. Vera wird nie so leben können, wie ihre Mutter es sich vorstellen mag, und FriedchenSG sollte auf jeden Fall von einem solchen Gedanken Abstand nehmen.
22.06.06, 14:30:53
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

geändert von: Goldloeckchen - 22.06.06, 14:59:04

Zitat von uppsdaneben:
[quote="Sheila"]
Zitat:
Wenn Vera Glück hat. Leider war es mir viele Jahre nicht möglich einen solchen Freundeskreis auf zu bauen. Dank INT und SHG ist es mir gelungen einige Kontakte her zu stellen.


Derartiges meine ich. Wenn Vera ohne gezielte Maßnahmen bleibt, wird sie wahrscheinlich gar keine Freunde haben.

Mit geht es darum, dass FriedchenSG nicht annimmt, Vera würde mit Therapie/Hilfestellung ein völlig neurologisch typisches Leben führen. Vera wird nie so leben können, wie ihre Mutter es sich vorstellen mag, und FriedchenSG sollte auf jeden Fall von einem solchen Gedanken Abstand nehmen.


Da muss ich dir Recht geben. Maßnahmen zur Integration von Autisten in die konventionenlle Geselleschaft werden Vera mit Sicherheit schaden zumal sie durch die Erkenntnis, dass diese vergebens sind durch welche therapeutischen Maßnahmen auch immer zunehmend frustrierter und depressiver werden wird. Sowas wie eine Transformationstherapie gibt es nun mal nicht und das ist auch gut so. Ein autistischer Mensch sollte lernen seine Stärken ein zu setzen und er sollte keineswegs auf seine Schwächen rum reiten bzw es sollte nicht darauf rum geritten werden. Leider ist mir das bis Dato nicht gelungen da meine Eltern immer nur meine Fehler sahen.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
22.06.06, 14:54:37
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