Zephyr
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geändert von: Zephyr - 29.03.18, 04:26:45
Die letzten zwei Zeilen deinerseits besagen, worum es eigentlich gehen muss.
Man möge mir verzeihen, dass ich mich mit der Materie bislang eher geringfügig/mäßig befasst habe. Den ICF kannte ich bisher noch gar nicht, die ICD-10 nur soweit für mein eigenes Leben relevant. Dort bemängelte ich bislang nur die mangelnde Differenzierung zwischen den zahlreich verschiedenen Autismus-"Formen", da ich als Beispiel weder unter Asperger-Autismus, noch unter Kanner-Autismus (laut Facharzt und Tests) falle. Obgleich ich frühkindliche Zeichen von Kanner-Autismus in der Kindheit aufwies und später bis heute Zeichen von Asperger-Autismus, bin ich weder vom einen noch vom anderen Typ. Ich bin Autist, das ist mein Wesen, jedoch erfasst der ICD-10 meinen Typus nicht. Dieser ist laut gewissen Test jenem hoch funktionalem Autismus zuordenbar.
Wie im ICD-11 vorgesehen nun alles in einen Topf zu werfen, sprich vom Autismus-Spektrum zu sprechen, erachte ich eher als Rückschritt als als einen Fortschritt, da ich der Ansicht bin, dass immer ein möglichst hoher Grad der Differenzierung angestrebt werden muss, um am Ende zumindest ansatzweise das Wesen eines Individuums entsprechend erfassen und einordnen zu können.
Auf den ICD und ICF bezogen bedeutet das, dass beide Schriftwerke unzureichend sind. Der Aspekt, dass es in diesen Schriften letztendlich nur um die Erfassung von Abweichungen einer von diversen Menschen festgesetzten Norm geht, widerstrebt meiner Auffassung, dass es keine Norm per se gibt, und all jene, die von Menschen festgesetzt werden, viel zu wenig zwischen verschiedenen Menschentypen und -wesensarten differenzieren. Daher ist all das aus meiner Sicht unzureichend.
Im Moment frage ich mich, ob es nicht sinnvoll wäre, eine "eigene" ICF zu schreiben, die im Wesen das umfasst, was deine letzten zwei Zeilen verdeutlichen. Dies ist sicherlich besser, als sich auf den ICF zu berufen und gleichzeitig dessen Probleme zu bemängeln. Ich persönlich lehne jenen ICF, je mehr ich darüber im Kern erfahre, immer mehr ab, da dies nicht dem Kern meines Verständnis entspricht, dass ich als Autist nicht behindert bin, sondern höchstens behindert werde. Die Idee, dass dies eine Störung darstelle, lehnte ich ohnehin schon immer ab, da der Begriff einer Störung sehr aus dem Maschinenwesen geprägt ist, ich jedoch keine Maschine bin, sondern Teil einer biologischen Vielfalt, die für sich alleine gut funktioniert und ebenso in der Gesellschaft gut funktionieren kann, sofern die Umweltbedingungen dies ermöglichen.
Mein persönliches Ziel ist die Aufklärung der Menschen zur Vielfalt und zum rationalem Verhältnis zwischen einzelnen differenziert betrachteten Sachlagen. Mein Denken lehnt es ab, das Leben, den Menschen und dessen verschiedene Wesenstypen zu Normen. Leider weiß ich nicht, wie ich das so in Worte ausdrücken kann, dass es so verstanden wird, wie ich es meine.
Deswegen suche ich den Austausch mit Menschen, die im Kern offenbar das selbe oder ähnliche Ziele verfolgen wie ich. Ebenso beschäftige ich mich mit der Gegenseite, soweit es meine Energiereserven erlauben. Sofern möglich, möchte ich jedoch deutlich kontroverse bis hin emotional ausufernde Diskussionen meiden, da ich dafür nicht die Energie und Kraft habe.
Zusammengefasst sehe ich weder im ICF noch im ICD-11 irgendetwas, was Autisten wirklich im Wesentlichen bzgl. der Anerkennung als ungestörte und unkranke Menschen nützt. Ich lehne daher beide in der aktuell gegebenen Fassung ab, und lehne es ab, mich darauf zu berufen, da jede Berufung darauf eine Zustimmung und Anerkennung dafür bedeutet.
Dies ist meine momentane Ansicht zu der Thematik.
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