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Wie wenig agitierbar sind Autisten wirklich?

original Thema anzeigen

12.06.21, 10:30:54

55555

geändert von: 55555 - 12.06.21, 10:34:20

Wir kennen hinlänglich die Fremd- wie Eigeneinschätzungen zur relativen Zeitgeistferne und Besonnenheit von Autisten. Andererseits läßt sich auch aktuell ja wohl auch in Autistenkreisen beobachten, daß manche sich durchaus stark zeitgeistig imprägniert geben, gar in repressivem Geist mitschwimmen.

Mich erinnert diese Fragestellung an das Religionsthema, das wir vor Jahren mal hatten. Sind Autisten vernünftiger? Wenn, was würde das überhaupt bedeuten? Etwa auf den Dialog zwischen den Menschen zu setzen, gewisse innere Ferne zu vermeintlichen Heilslehren, die beginnen für ihren Zweck die Mittel zu heiligen?
Zitat von Chaim Noll:
Auch über die soziale Demontage des oder der Betreffenden, in möglichst großer Detailtreue: der sich steigernde Boykott durch die „Anständigen“, politisch Korrekten, der Entzug der Lebensgrundlagen, die unvermeidliche soziale Isolation. Allmählich entsteht ein Klima von Anzeige und Verfolgung. Der öffentliche Diskurs wird anklägerisch, von der Mehrheit abweichende Meinungen werden nur noch als Gefahr empfunden, Ironie und Scherz als verletzend und unanständig. Dafür gilt plötzlich das Denunzieren – in sicheren, stabilen Zeiten eher verpönt – als notwendige Tugend und wird vom Staat gefördert und demonstrativ belohnt.

Das biblische Verbot des Menschenopfers ist Verbot geblieben, nicht, wie man sich gewünscht hätte, zur Therapie geworden. Die Sucht nach dem Blutopfer scheint unsterblich. Die Moderne ist eine dünne Folie, all die Hochherzigkeiten wie Demokratie, Menschenliebe, Solidarität, darunter dämmern die alten Atavismen. Europas Kultur zerbröselt, vielleicht waren Christentum und Zivilisation nur eine Episode, man kehrt erleichtert zum Faustrecht zurück, zum Einander-Auflauern und Übereinander-Herfallen in Gruppen, zu den Opfern im Moor, den blutigen Ritualen des Heidentums.

Zitat von Annette Heinisch:
Der enorme Blutzoll und die traumatischen Ereignisse scheinbar nicht enden wollender Kriege führten zum säkularen Staat, der nicht von Religionen, sondern von Vernunft beherrscht wird. Oder genauer: Beherrscht werden sollte. Denn das ist graue Theorie, die den Praxistest nicht bestanden hat.

Quelle
13.06.21, 16:23:14

5H4D0W

Puhh, ein starkes Thema und ich bin möglicherweise schon zu betrunken/degeneriert um darauf zu antworten. Aber ich mache es trotzdem.

Sind Autisten vernünftiger?
Ja und Nein. Von meinen persönlichen Erfahrungen her hat diese Art von Mensch ein sehr gutes Potential! Anscheinend angeboren. Es müsste halt ETWAS geben was diese angeborene Vernunft kultiviert. In der aktuellen "Pädagogik" ist aber eher das Gegenteil der Fall. Das "eher" kann man aber auch streichen. Die meisten Leute in dem Bereich betreiben das Gegenteil -> Anpassung an das System. Menschen die gegen den Strom schwimmen werden langsam aufgerieben. (Zumindest geht es mir so.)

Wenn, was würde das überhaupt bedeuten?
Wenn man das Potential kultivieren würde, dann würde ich es als "Neue Welt Ordnung" bezeichnen. Als Erfüllung aller guten Ideale die jemals erdacht wurden.

... Sorry, falls ich das Thema noch nicht ganz getroffen habe, aber vielleicht entwickelt sich das noch.
13.06.21, 18:17:53

55555

Das was pädagogisch meist geschieht, schätze ich ähnlich ein. Teils wird zwar behauptet soetwas wie z.B. "mündige Bürger" anzustreben, aber die faktischen Strukturen dieser Benotungs-, Selektionssysteme wirken wohl wesentlich tiefer und ihre tatsächliche Natur, ihre realen Forderungen werden breit verstanden, gerade wenn die Schüler bereits die ganzen Lebenslügen in dieser Kultur gut genug kennen.

Insofern stellst du die Frage nach einer Kultivierung der Vernunft? (Es gab bei mir auch noch die Frage, was das denn eigentlich sein soll.) Also einer möglichen stärkeren Befähigung dazu unter kulturellen Umständen, in denen dieser Zug wirklich gefördert werden würde?

Ich denke Agitation hat zum Teil mit Mehrheitsansichten zu tun, deren schlichtem Multiplikationsfaktor, ihrer Verbreitung, der Anzahl von Wiederholungen ihrer Postulate.

Teils wirkt es auf mich so, als würden Autisten dies unter Umständen auch wesentlich umfangsreicher durchschauen, deutlich weniger agitiert zu werden. Andererseits sehe ich dann wieder eine ganze Reihe von Autisten, die irgendwie schon stark Utopien verfolgen, bestimmte idealistische Systeme in vehementer Weise vertreten. So ganz weiß ich mir daraus ehrlich gesagt bisher keinen Reim zu machen. Hat es mit soetwas wie schon versuchsweise umrissenen unterschiedlichen Typen von Autisten zu tun. Teils wird das so sein können, aber es wirkt auf mich nicht so, als hätte es nur damit zu tun. Manche Autisten suchen auch recht deutlich Konformität, den Schutz in dieser, weshalb auch immer. Hat das etwas mit der Ausprägung "irdischer Bedürfnisse" zu tun, die bei etlichen Autisten offenbar weniger ausgeprägt wäre, bei einigen aber für Autisten doch relativ stark? Wobei es ja auch noch diese offiziell diagnostizierten Autisten gibt, die in ihrem für mich zu erkennenden Sozialverhalten eher wie Nichtautisten wirken.
 
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