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Mehrere Vorhaben zugleich

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15.05.21, 21:42:15

feder

Sinnvoll scheint mir zu sein, zu differenzieren, ob es sich um Tätigkeiten handelt, die man von sich aus interessant findet oder um Tätigkeiten, die von Aussen an einen herangetragen werden und zu denen man keinen inneren Bezug hat.

Aufgrund des letzten Beitrag von 55555 vermute ich, dass es eher um ersteres geht. Gerade bei Tätigkeiten, die gemeinsam mit anderen getan werden sollen, häng für mich sehr viel soziales Irgendwas dran, mit dem ich mich schwertue, auch wenn ich die beteiligten Personen an sich mag und ihnen auch weitgehend vertraue. Da kann ich ggf. völlig blockieren und gar nichts mehr – auch nicht in anderen Bereichen auf die Reihe bekommen. Ich kann für mich mittlerweile diese blockierende Tätigkeit abhaken und mich anderen Dingen zuwenden. Das offen kommunizieren zu können, ist indes eine andere Schwierigkeit.

Wenn es einfach nur darum geht, dass es viele Tätigkeiten gibt, müsste – um wieder auf den Zusammenhang des Gemeinschaftswohnens zurückzukommen - wahrscheinlich auch in der Gemeinschaft diskutiert werden, welche Tätigkeiten für wen wie wichtig sind und wie sie angegangen werden sollen. Wenn ich das für mich alleine entscheiden muss, funktionieren Prioritätenlisten, die sich zwischendurch auch immer mal ändern können, ganz gut.

Bei Tätigkeiten, die von Aussen an mich herangetragen werden und zu denen ich keinen inneren Bezug habe, überlege ich mir, wie wichtig sie ggf. für andere sind und was passieren würde, wenn ich sie nicht täte. Ggf. finde ich doch noch einen inneren Bezug oder kommuniziere bei Bedarf offen, dass ich es nicht tun werde.
16.05.21, 12:05:13

55555

Zitat von feder:
Aufgrund des letzten Beitrag von 55555 vermute ich, dass es eher um ersteres geht.

Insofern als daß z.B. vielleicht der Flur dreckig wäre und derjenige Autist eigentlich auch selbst solche Putztätigkeit mag, aber dennoch es nicht schafft. Ich sinne gerade darüber nach, was soetwas eigentlich bedingt, welche Zusammenhänge es da gibt.
Zitat:
Da kann ich ggf. völlig blockieren und gar nichts mehr – auch nicht in anderen Bereichen auf die Reihe bekommen. Ich kann für mich mittlerweile diese blockierende Tätigkeit abhaken und mich anderen Dingen zuwenden.

Aha, ich bin mir nicht sicher, ob das ganz vergleichbar wäre.
16.05.21, 14:41:41

Perunica

Ich hoffe, ich verstehe es so richtig - Ein Autist beginnt eine an sich komplexe Tätigkeit, welche von ihm gemocht und erwünscht ist und kann gleichzeitig noch andere Tätigkeiten planen oder erledigen?
Das ist bei mir möglich, wenn ich ausgeruht und nicht anderweitig unter Druck bin.
Leider ist das nicht oft der Fall. Wenn ich beruflich angespannt bin, kann ich mich nur unter Mühe noch gleichzeitig den Haushaltspflichten und den gewünschten Tätigkeiten wie Gartenarbeiten oder Lesen widmen.
16.05.21, 14:58:38

55555

Wie bekommen wir hier mehr System rein, hm.

Warum tut ein Mensch etwas gerne? Warum fällt ihn leicht etwas zu tun, zu sein?

NA sehnen sich nach meinem Stand laufend nach Bestätigung durch andere Menschen, danach zu "Rudeln" dazuzugehören. Daraus folgend läge ihnen gemäß ihrer Veranlagung möglicherweise näher Dinge zu tun, die soetwas bewirken, von denen sie sich solche Wirkungen zumindest erhoffen.

Autisten mögen zwar auch Kontakte mit anderen, aber in einer anderen Weise. Das alles könnte sich dann für sie mehr auf der Ebene von (individuellem Zugang zu) "Wahrheit" abspielen, weswegen ihnen soetwas gemäß ihrer Veranlagung näher läge.

So sehr Flur putzen auch Freude machen kann, mit der Ebene geistiger, erkennender Wahrheit hat das wenig zu tun. Daher könnte hier trotz des an sich empfundenen Mögens eine innere Distanz vorliegen. Es sei denn es bestünde ein anderes Interesse, das eher auf der Ebene von Wahrheit stattfände. Distanz zu solchen Dingen potenziert sich dann zudem öfters, wenn mehrere Vorhaben zugleich im Ram stehen auch ohne eine eigentliche Notwendigkeit sie auch gleichzeitig angehen zu müssen.

Ähnlich könnte dann für NA eine Distanz erfahren werden, wenn diese sich auf die Ebene der Wahrheit bewegen wollten, statt auf der Ebene von Bestätigung und irdisch-existenzieller Absicherung. Diese Distanz könnte sich ähnlich auch potenzieren, wenn mehrere Fragen auf der Wahrheitsebene zugleich von einem NA eigentlich interessant gefunden würden.
16.05.21, 15:41:21

feder

geändert von: feder - 16.05.21, 15:45:26

Also könnte man sagen, dass es um Tätigkeiten geht, die man zwar an sich ganz gerne macht, zu denen man aber auch keinen/kaum inneren Bezug empfindet? Diese Tätigkeiten konkurrenzieren dann mit anderen Vorhaben, denen gegenüber mehr innerer Bezug empfunden wird?
16.05.21, 19:55:53

55555

Zitat von feder:
Wenn es einfach nur darum geht, dass es viele Tätigkeiten gibt, müsste – um wieder auf den Zusammenhang des Gemeinschaftswohnens zurückzukommen - wahrscheinlich auch in der Gemeinschaft diskutiert werden, welche Tätigkeiten für wen wie wichtig sind und wie sie angegangen werden sollen. Wenn ich das für mich alleine entscheiden muss, funktionieren Prioritätenlisten, die sich zwischendurch auch immer mal ändern können, ganz gut.

Ich würde sagen, es gemeinsam zu besprechen kann etwas bringen. Oft bringt das aber auch nichts, ähnlich wie selbsterstellte Listen oder Pläne.

Es ist möglich, daß Übereinkommen zu etwas mit anderen etwas bringt. Aber es wirkt so auf mich als sei das eine andere Art Übereinkommen als das zu dem NA oft neigen. Und von Autisten her erlebte ich soetwas, das funktionierend wirkt hier auch eher deutlich seltener. Insofern wäre es vielleicht sauberer ersteinmal offenzulassen, ob das überhaupt etwas mit autistischer Veranlagung zu tun hat oder ob das eventuell ein Bereich ist, in dem sich besonders viele Autisten den NA-Gepflogenheiten ein Stück anpassten, um unter diesen besser klarzukommen. Vielleicht läßt sich auch das ja hier noch genauer klären.

Wenn ich bei den vorher theoretisierten Ebenen bliebe, dann wären viele Übereinkünfte über Aufgabenverteilungen und dergleichen unter NA wohl etwas, das auf der Sehnsucht nach Bestätigung beruhen könnte, die in einer Art vorliegt, daß diese Bestätigungssehnsucht die Sehnsucht nach Ordnung und Wahrheit überwiegt. Wenn nun einfach irgendwelche Aufgaben diskutiert würden, dann würde von möglicherweise autistischer Seite her das eher nur wirken wie ein Plan. Es würde kein gegenseitiges menschliches Treffen aus der Ebene der Wahrheit geben, die dann tragfähig und emotional greifbar wäre.
Zitat:
Also könnte man sagen, dass es um Tätigkeiten geht, die man zwar an sich ganz gerne macht, zu denen man aber auch keinen/kaum inneren Bezug empfindet?

Würde ich sagen, wobei sie durchaus gemocht werden können, aber auf einer Art nebensächlichen Weise.
Zitat:
Diese Tätigkeiten konkurrenzieren dann mit anderen Vorhaben, denen gegenüber mehr innerer Bezug empfunden wird?

Zeitlich? Nein, gar nicht mal unbedingt. Der Weg zu ihnen wird nicht so sanft gefunden, wie zu den Dingen, zu denen innerer Bezug besteht, die vielleicht leicht Teil der eigenen inneren Ordnung sind? Die Ebene der Wahrheit ist in einer Weise absolut, auch was Zeitlichkeit angeht, sie ist nicht stark prozessual. Aber prozessuale Verrichtungen (wie den Flur putzen) können in einzelnen Bereichen durchaus dieser Wahrheitsebene nahe sein aus individueller Orientierung. Das ist dann aber von der Ebene der Wahrheit aus der Fall, weniger aus einer Ebene von Abwägungen aus Notwendigkeiten der körperlichen Existenz.
16.05.21, 20:52:14

Lebensblume

Zitat von 55555:
Aber prozessuale Verrichtungen (wie den Flur putzen) können in einzelnen Bereichen durchaus dieser Wahrheitsebene nahe sein aus individueller Orientierung. Das ist dann aber von der Ebene der Wahrheit aus der Fall, weniger aus einer Ebene von Abwägungen aus Notwendigkeiten der körperlichen Existenz.

Ja, genau so etwas erlebe ich nicht selten. Arbeiten, die geistig nicht sehr hohe Anforderungen an mich stellen, führen mich oft in einen beinahe meditativen Zustand, in dem ich zu geistigen Erkenntnissen finden kann, welche weniger dem ursprünglichen Zweck der Arbeit dienen, sondern sich auf einer ganz anderen Ebene als fruchtbar erweisen können.
Deshalb ist für mich eine strikte Einsortierung von Vorhaben in verschiedene Kategorien schwierig vorzunehmen - ich versuche eher in mir selbst auszumachen, welches gerade zum aktuellen Zeitpunkt "passt" und möglichst ohne inneren Widerstand durchgeführt werden kann.
16.05.21, 22:09:12

55555

Ja, ich kenne es auch, daß manche Tätigkeiten meditativ wirken können. Allerdings ist dabei wohl auch die Frage, von welcher Seite das geschieht. Wenn Überlastung, Unordnung in einem gewissen Maß in einem existieren mag soetwas sammelnd wirken. Wenn Überlastung und Unordnung weitgehender hinter einem lägen, dann würde sich die Situation vermutlich nochmal anders darstellen.
17.05.21, 22:49:27

feder

Zitat:
Zeitlich?

nein, ich meinte es nichtmal unbedingt zeitlich. Sondern eher so, dass „ich“ z.B. fünf Dinge im Sinn habe, die ich theoretisch tun könnte und das Bodenwischen wäre eines davon, ein anderes wäre, hier im Forum zu schreiben, ein drittes etwas für die Arbeit zu tun, einen guten Freund zu treffen usw. Davon könnte ich dann z.B. wählen und das Bodenwischen würde tendenziell nicht gewählt, auch wenn ich die Tätigkeit als solche mag und es an sich auch kein Problem wäre, alle diese Dinge nacheinander zu tun.

Nach meinem Eindruck sind viele vermeintliche Übereinkommen in dieser Gesellschaft eher eine Art Austausch zu Ideen, die man tun könne, wenn man den wollte. Das macht alles unverbindlich und auf Wahrheitsebene bedeutungslos. Selbst wenn jemand sagt, dass ihm etwas wichtig ist, bedeutet es nicht, dass er dann tatsächlich Lust hat, das zu tun, wenn ich versuche die Übereinkunft einzuhalten. Ich habe den Eindruck, dass mich das in einer Weise prägt, dass ich im Allgemeinen solche Kommunikation bestenfalls als Handlungsvorschläge und nicht als feste Vereinbarungen betrachte.
18.05.21, 00:59:26

55555

Zitat von feder:
dass „ich“ z.B. fünf Dinge im Sinn habe, die ich theoretisch tun könnte und das Bodenwischen wäre eines davon, ein anderes wäre, hier im Forum zu schreiben, ein drittes etwas für die Arbeit zu tun, einen guten Freund zu treffen usw. Davon könnte ich dann z.B. wählen und das Bodenwischen würde tendenziell nicht gewählt, auch wenn ich die Tätigkeit als solche mag und es an sich auch kein Problem wäre, alle diese Dinge nacheinander zu tun.

Wenn es zwischen diesen Möglichkeiten also in diesem Fall keine zeitliche Konkurrenz gäbe, weswegen würde nicht alles getan?
Zitat:
Nach meinem Eindruck sind viele vermeintliche Übereinkommen in dieser Gesellschaft eher eine Art Austausch zu Ideen, die man tun könne, wenn man den wollte. Das macht alles unverbindlich und auf Wahrheitsebene bedeutungslos.

Mag sein. Ich würde sagen, viel angebliches Miteinander von NA ist eher ein ewiges Gerangel darum irgendetwas durchzudrücken. Ein Autist erlebt soetwas wohl weniger als tragfähiges Miteinander oder überhaupt irgendeines, das die Bezeichnung verdient.
18.05.21, 19:33:03

feder

geändert von: feder - 18.05.21, 19:35:15

Zitat:
Wenn es zwischen diesen Möglichkeiten also in diesem Fall keine zeitliche Konkurrenz gäbe, weswegen würde nicht alles getan?

Die vordergründige Frage ist für mich, ob das, was ich oben beschrieb, überhaupt das ist, worum es dir in diesem Thread geht. ;)

Vieleicht lohnt es sich zwischen repetitiven Dingen zu unterscheiden, die immer wieder in vergleichbarer Weise vorkommen (Flurputzen) und solchen, die immer wieder ein wenig anders sind (z.B. in diesem Forum auf einen konkreten Beitrag antworten). Dann wäre gewissermassen ersteres auf Wahrheitsebene etwas, wozu man immer wieder Gelegenheit hat und letzteres etwas, das sich als Möglichkeit einmal bietet und das man nutzen kann oder auch nicht (das nächste Mal wäre es dann anders, würde auf früheren Begegnungen im Forum auf Wahrheitsebene aufbauen usw. – wohingegen Flurputzen jedes Mal nur Flurputzen ist).
18.05.21, 20:39:54

55555

Zitat von feder:
Die vordergründige Frage ist für mich, ob das, was ich oben beschrieb, überhaupt das ist, worum es dir in diesem Thread geht. ;)

Wohl sehr sinnvoll, nachdem es fast den Eindruck hat, daß bisher niemand hier so recht versteht, was ich zu beschreiben versuchte.
Zitat:
Vieleicht lohnt es sich zwischen repetitiven Dingen zu unterscheiden, die immer wieder in vergleichbarer Weise vorkommen (Flurputzen) und solchen, die immer wieder ein wenig anders sind (z.B. in diesem Forum auf einen konkreten Beitrag antworten).

Ich würde sagen, das spielt an sich bei dem was ich meine eher keine Rolle. Von dieser allgemeinen Einordnung ganz abgesehen ist es wohl subjektiv, ob jemand Flurputzen als "immer gleich" oder "nicht immer gleich" empfindet oder im Forum antworten.
Zitat:
Dann wäre gewissermassen ersteres auf Wahrheitsebene etwas, wozu man immer wieder Gelegenheit hat und letzteres etwas, das sich als Möglichkeit einmal bietet und das man nutzen kann oder auch nicht (das nächste Mal wäre es dann anders, würde auf früheren Begegnungen im Forum auf Wahrheitsebene aufbauen usw. – wohingegen Flurputzen jedes Mal nur Flurputzen ist).

Mit der "Wahrheitsebene" war eine Überlegung gemeint, daß sich manche Dinge anders erschließen. Damit Verbundenes würde mit einem eigenen inneren "richtig sein" in Verbindung stehen, nicht mit einem "andere finden es richtig" oder "es wäre wirtschaftlich gut das zu erledigen".
 
 
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