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Koennt ihr wahrnehmen, ob jemand echt freundlich ist oder nur so tut?

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12.07.17, 17:14:56

Kaleidoskop

Ich habe jetzt am 27.9. einen Termin zur Diagnostik, weil ich einfach nicht weiß, was ich glauben soll. Ich will mir nicht einreden, mein gesamtes Persönlichkeitssystem sei autistisch, wenn es in mir nur ein paar Autisten gibt.

Mein Mann glaubt nicht, dass ich Autistin bin, weil ich „normal“ wirke und erkennen könne, ob z. B. jemand, in seinem Beispiel Er, wirklich nett bzw. freundlich ist oder nur so tut.
Ich wusste lange Zeit nicht, ob er nett/freundlich ist. Da sich Teile unserer Vergangenheit ähneln, fühl(t)e ich mich zu ich’s hingezogen. Er behandelt mich gut, macht sich Sorgen um meine Sicherheit bzw. davor um die seiner Ex. Daraus schließe ich, dass er nett und freundlich ist, eine logische Schlussfolgerung.
Nur weil jemand freundlich zu mir ist, heißt das nicht, dass er mir wohlgesonnen ist, was ich aber viel zu spät wahrnahm und auch jetzt wahrscheinlich noch.

Ich habe im Blog von Donna Williams 2 Artikel zu Autismus & DIS gefunden. Es wird beschrieben, dass jede Persönlichkeit autistisch ist, auch wenn bei jeder die Stärken und Schwächen anders verteilt sind. Auch sie hat sich, wenn ich mich recht erinnere, ihrer Umwelt angepasst.

Gut, ich habe mein Abi regulär mit 19 Jahren abgeschlossen, dann die erste, fruchtlose Ausbildung und auch die 2. da arbeite ich jetzt auch. Aber nur mein Dickkopf und mein Kampfgeist haben mich die 2. Ausbildung in der regulären Zeit absolvieren lassen. Ich musste für vieles irrsinnig viel lernen, mir ein Schema erstellen oder den Inhalt mit Bildern der Folien verknüpfen. Es war eine sehr harte und teilweise einsame Zeit für mich, weil ich zu schüchtern und die anderen den Umgang mit einer „Behinderten“ (fast blind“ nicht gewohnt waren und ich für Sie in der Klasse oder bei Gruppenarbeiten ein Bremsklotz war.

Ich kann bis heute nur schwer einschätzen, wie sich mein Gegenüber fühlt. Und wenn ich das Gefühl habe, es ist verärgert, denke ich immer, es sei meine Schuld.

Mein Mann und ich kennen noch eine andere Person mit DIS. Sie verhält sich aber überhaupt nicht altersgemäß, ist desorganisiert und wirkt in Gesprächen desöfteren abwesend, wie „in ihrer eigenen Welt“. Er meinte, bei ihr würde jemand, der keine Ahnung von DIS hat, seiner Meinung nach viel eher auf Autismus tippen.

Also kann ich NICHT AUTISTIN SEIN, weil ich mich mehr oder weniger altersgemäß verhalte, logisch geschlussfolgert habe, dass mein Mann nett ist, normal wirke und weil ich ja traumatisiert und multipel bin und die meisten Persönlichkeiten „normal wirken dürften, wir insgesamt also „funktionieren“. Außerdem überschneidet sich die „Symtomatik“ von DIS/PTBS mit der von Autismus. Bin also total verunsichert.
Aber ich habe schon früh gelernt, meine Seheinschränkung weitestgehend zu kaschieren, genauso wie die DIS. Ich habe mir viele zwischenmenschlichen Interaktionsfähigkeiten und einen breiten Wortschatz selbst hart erarbeitet.
Folgerichtig dürfte ich doch dann auch nicht als fast blind oder multipel anerkannt werden.

Ich bitte euch um eure Gedanken und Erfaheürungen. — Danke.
12.07.17, 17:35:32

Kaleidoskop

Er hat gesagt, ich wäre nicht autistisch geboren. Im Gegensatz zu der Autorin (Donna Williams), die das geschrieben hat. Und man kann einen Autisten NICHT SPALTEN, weil er „in seine Welt“ geht, mit anderen Worten, er geht nach innen. Tun Multis das nicht auch? Also „nach innen gehen“?
Und nein, ich will nicht, wie von meinem Mann angenommen, auf Teufel komm raus autistisch sein.
Er meinte, dass bei Williams sich die Experten auch geirrt haben können (so habe ich das verstanden).
Allgemein sagt er, dass auch Experten sich irren können.

Und die ersten Personen, die nach innen gingen, könnten auch nicht abspalten, ergo säße dann eine leere Hülle des autistischen Kindes da, wenn es sein Leben bedroht sieht.
14.07.17, 07:46:48

drvaust

Zitat von Kaleidoskop:
Koennt ihr wahrnehmen, ob jemand echt freundlich ist oder nur so tut?
Ja, sehr gut, und Nein, sehr schlecht.

Ich kann Menschen oft sehr gut einschätzen. Das ist, als würde ich die 'aufgesetzte Maske' nicht wahrnehmen. Ich mußte lernen, in fremden Gruppen schnell zu erkennen, wer mir helfen und wen ich fragen könnte. Weil ich oft, wegen geringer sozialer Kompetenz, Hilfe brauche.
Mir wurde mal eine Person als sehr freundlich und hilfsbereit beschrieben. Als ich diese Person traf, merkte ich sofort, daß da etwas nicht stimmte, die war nicht echt, kam mit gefährlich vor. Monate später stellte sich heraus, daß diese Person hinterlistig und heimtückisch war.
Ich sah mal in der Straßenbahn eine junge Frau, die mir auffiel, mit der stimmte etwas nicht. Ich wußte nicht warum, sie war eigentlich unauffällig, nur etwas starr. Lange Zeit später liefen ihr die Tränen. Das ging mir sehr nahe, ich wollte ihr helfen, hatte aber keine Ahnung wie.

Manche Menschen kann ich schlecht einschätzen, die liegen 'auf einer anderen Wellenlänge'. Aber mit denen kann und will ich nicht, die gehören nicht zu meiner Welt.
Wenn es um mich persönlich geht, kann ich Gefühle schlecht einschätzen. Ich wurde schon oft ausgenutzt und mißbraucht, ohne das zu bemerken. Echte Freundschaft bemerke ich sehr spät. Viele meiner besten Freunde hatte ich erst erkannt, als ich sie schon lange kannte, manchmal zu spät.


Zitat von Kaleidoskop:
... Autisten ... weil er „in seine Welt“ geht, mit anderen Worten, er geht nach innen.
Das halte ich grundsätzlich für ein Klischee, nicht Bestandteil von Autismus, sondern Folge. Aber bei Autisten häufig. Zum einen ist das eine Flucht, Rückzug aus der belastenden Welt. Meistens ist das jedoch fehlende Verbindung zu den NA, die sind eigenartig anders, mit denen kann man nicht.
Zitat von Kaleidoskop:
... ergo säße dann eine leere Hülle des autistischen Kindes da, wenn es sein Leben bedroht sieht.
Wenn das Leben bedroht ist, ist das auch innen bedroht, da gibt es keinen Fluchtraum, nur Verdrängung.
Zitat von Kaleidoskop:
... ich wäre nicht autistisch geboren.
Gibt es dafür konkrete Fakten? Dann befasse Dich mal mit 'Schizoide Persönlichkeitsstörung' (nicht Schizophrenie). Das ähnelt Autismus, ist aber eine erworbene Erkrankung die evtl. heilbar ist. (Deshalb wird bei der Diagnostik erwachsener Autisten sehr viel Wert auf Berichte von Zeugen der frühen Kindheit gelegt. Außerdem wird bei Traumafolgen nicht gerne Autismus diagnostiziert.)
Zitat:
Auch die Abgrenzung von dem in der Kindheit beginnenden Asperger-Syndrom kann kompliziert sein, da einige autistische Menschen (bis zu 26 %) gleichzeitig die Kriterien für die schizoide PS erfüllen. Sowohl bei Asperger-Syndrom als auch SPS kann die soziale Kommunikation (Mimik, Gestik, Augenkontakt etc.) auffällig sein. Ein Unterschied ist jedoch, dass schizoide Menschen eher reserviert und verschlossen (oder gar „geheimnistuerisch“) auftreten und ungerne über sich selbst sprechen. Sie versuchen also, eine Selbstoffenbarung zu vermeiden.
In starkem Kontrast dazu sind Menschen mit Asperger häufig sehr offenherzig, ehrlich und direkt und haben wenig Scheu, anderen einen Einblick in ihr Innenleben zu geben. Dies zeigt sich sehr gut an der offenen und (bisweilen naiven) persönlichen Selbstdarstellung autistischer Menschen in ihren Autobiographien und bei Interviews in der Öffentlichkeit. Sie wünschen sich oft Kontakte zu anderen Menschen, haben aber Probleme, vielschichtige Gefühle beim Gegenüber wahrzunehmen oder angemessen darauf zu reagieren.
Quelle

14.07.17, 14:59:29

Kaleidoskop

Ich bin definitiv eher offenherzig, leider auch naiv, sodass auch mir schon viele „Freunde“ wehtaten oder mich irgendwie instrumentalisierten.
Ja, wie man auf bestimmte Gefühle oder einen Gefühlsmix richtig reagiert, weiß ich auch nicht.

Alle meine Ressourcen musste ich nümir irgendwie erarbeiten, z. B. Stimmung im Raum erfassen. Das war überlebenswichtig.

Wie gesagt, egal, ob Autist oder NA, wenn das Leben bedroht wird und der Mensch eine Veranlasst zur Dissoziation hat, dann verschwindet in beiden Fällen die Person und spaltet eine neue ab.
Vielleicht hat mein Mann Angst, dass er ein gewisses Maß an Zugang zu mir verliert, wenn ich „plötzlich autistisch“ bin. Oder ein Teil seiner Kontrolle geht verloren. Er braucht ein gewisses Maß an Kontrolle. Vielleicht hat er Angst, dass ich die Traumaarbeit sausen lasse und mich nur noch um den Autismus kümmere.
Für mich stellt die Diagnostik nur eine Stütze dar. Sollte ich Autistin sein, kann ich ich z. B. erklären, warum ich z. B. Traumata ohne jegliche Mimik Berichte oder unbeteiligt wirke etc. ich will nur verstehen und mich nicht in was verrennen.

Für seine Aussage, ich sei nicht autistisch geboren, gibt es keine Fakten oder gegenfajten. Ich nehme an, er geht davon aus, dass er es nicht glauben kann/will, da wir in einem Teilbereich unseres Lebens unabhängig voneinander bis zu einem gewissen Punkt sehr ähnliche traumatische Erfahrungen machen mussten. Er ist aber nicht gespalten. Und er hat gerne recht.

Das nach innen gehen und irgendwo eintauchen ist eine Möglichkeit, um Ruhe zu finden und der wuseligen Umwelt zu entkommen. Dort ist Ruhe und Sicherheit.
14.07.17, 16:05:10

Kaleidoskop

Eben noch mal Diskussion gehabt.

Er meint, wer Autist ist, würde so geboren, (Hirn“)Stoffwechselbedingt.
Menschen können „Autismus erwerben“, wenn man ein traumatisches Erlebnis hat. Soll heißen, dass man dann „geistig azüutistisch“, aber nicht körperlich. Da ist es dann auch egal, ob eine Persönlichkeit oder mehrere. D. Würde in meinem Fall bedeuten, dass nach seiner Definition die einzelnen Personen, die autistisch sind, diesen erworben haben, während der Körper NA ist.

Nächste Theorie (oder Klischee): Autisten unterscheiden nicht zwischen Familie, Freunden und Lehrern. Wenn sie jemanden mögen, ist er ein „ich mag dich“, ohne Kategorisierung.
(Vielleicht bezieht er das auf Kinder mit frühkindlichem Autismus?) — aber ich kann das nicht glauben...
16.07.17, 17:06:29

Kaleidoskop

Ich bin mal wieder auf die Nase gefallen. 1 Jahr belogen worden, Mitmenschen haben mich gewarnt und ich war zu blöd auf sie zu hören. Ich könnte heulen.

Warum merke ich nie, ob es jemand gut und ehrlich mit mir meint..

Ich möchte zwar Freundschaften, aber momentan will ich nur noch weg von allen Menschen.
Ich habe von kleinauf gelernt, dass einen Menschen früher oder später verlassen und dass sie lügen und verletzen. Tiere sind ehrlicher.
Ich hasse meine Offenheit und Ehrlichkeit. Ich hasse mich und meine Dummheiz.
16.07.17, 17:18:58

Kaleidoskop

Also, wenn die Person, um die es geht, die mich so verletzthat' nicht auch da gelogen hat, dann ist klar dass es Aspies gibt, die lügen können, wie gedruckt. (Soll hießen, man weiß nicht, wo Wahrheit endet und Lüge anfängt.
Ehrlichkeit ist für mich das höchste Gut... Lieber schweigen, als zu lügen.
 
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