Beruhigungsmethoden
20.05.17, 20:43:16
Kaleidoskop
Heute war mein Mann überraschend zu Besuch. Im Nachhinein hätte ich damit rechnen müssen, aber nicht schlimm - im Gegenteil.
Waren kurz einkaufen, was bei Getränkevorrat definitiv hilfreich ist, da er Auto fahren darf.
Im Geschäft war es recht voll - logisch, da Samstag. Da ich mit so vielen Menschen nicht klarkomme, selbst in Begleitung, fange ich automatisch an, zu dissoziieren. Alles wird noch unrealer, weiter weg, sodass es erträglich ist. Standard. Ich bin selten voll da (im Körper). Spüre ihn auch kaum.
Wir haben uns später eine Picknickdecke mit runter genommen und Musik. Viele nonverbalen Kommunikationsmittel sind eine große Hilfe für mich, Musik, die Gedanken/Emotionen wiederspiegelt oder Bilder. Schreiben geht auch.
Heute ist mir zum ersten Mal bewusst aufgefallen, dass ich mich vor & zurück wiege, um mich zu beruhigen. Wenn das nicht ausreicht, setze ich Schmerzreize (keine bleibenden Schäden) ein. Irgendwo am Körper rumklopfen oder an einem Gegenstand hilft auch. Die weniger auffällige Variante vom Wiegen ist, mit dem Fuß zu zappeln oder bzw. Und irgendwas mit den Händen machen. Ich dachte, ich hätte das Zähneknirschen bei Hochspannung abgelegt - Irrtum, Freitag, also gestern habe ich mich dabei erwischt. Summen ist mir schon ewig bekannt. Singen kann wie berauschend auf mich wirkeb.
Momentan reflektiere & beobachte ich mich sehr viel, um in der stationären Traumatherapie evtl. bearbeitungsbedürftiges Material nicht zu übersehen. Ich bin die letzten Monate so blind durch die Gegend gelaufen, dass ich mich mal wieder neu finden muss.
21.05.17, 13:53:57
Antares
Der Standard hört sich nicht so günstig an. Beruhigungsmethoden die ich in solchen Situationen wählen würde wären:
- Getränkelieferant aussuchen und bestellen
- Supermarkt zu ruhigen Zeiten aufsuchen, wenn ein Lieferant etwas spezielles nicht liefert
Vielleicht wäre es für eine Reflektion die Sinn macht ganz gut heraus zu finden, welche Reize genau dazu führen, dass Du in diesen "Notfallberuhigungsmodus" gerätst.
Wenn in der Klinik nicht erlaubt ist sich was liefern zu lassen ggf Deinem Mann eine Liste schreiben, was Du brauchst.
Diese Art der Reizregulation mit Schmerzen zufügen (auch wenn sie keine bleibenden Schäden hinterlassen) ist "Überregulierend" d.h. zu viel von irgendwas.
Wenn man heraus findet, warum man in die Selbstverletzung geht, das ausräumt im Leben und mit etwas austauscht, das brauchbar ist - lässt die Dissoziation weniger werden. Wie z.B. nicht zu Stoßzeiten in den Getränkemarkt, sondern Lieferservice kommen lassen.
Das ist ja nur ein Bsp. Erstmal auf jeden Fall alles meiden, was diese Beruhigungsmechanismen auf den Plan ruft in großem Maße und was die Dissoziation fördert. Alles was Dich zu Dir Selbst führt und zur inneren Ruhe (so dass diese Mechanismen gar nicht erst greifen müssen) davon mehr in Dein Leben hinein.
Bearbeitungsdürftig im Sinne von Trauma ist hier vermutlich so etwas wie: wo sind meine eigenen Grenzen, wie kann man sie wahren, so dass man selbst sie wahrt und andere sie wahren? - also die Retraumatisierung nicht dauernd wiederholt wird. Einmal in meinem Leben hatte ich ein traumatisches Ergeignis - was mich aber nicht für immer aus der Bahn geworfen hat, wie es vielen anderen passiert. Man erklärte mir das so, dass es die innere seelische Widerstandskraft ist, die den einen bei einem traumatischen Ergeignis für immer aus der Bahn werfen - den anderen nicht.
In einem Zustand, in dem man keine Beruhigungsmechanismen nutzt, weil sie sein müssen - man sich sozusagen im Ruhezustand befindet, ist diese Widerstandskraft maximal. Je länger man sich im Ruhezustand befindet, je stärker wird die Widerstandskraft und bildet eine Art Puffer, für Ereignisse die einen rein theoretisch aus dem inneren Gleichgewicht bringen könnten.
Ich hoffe ich konnte Dir damit ein wenig was Sinnvolles erzählen :) und wünsche Dir noch eine gute Zeit in der Klinik, dass Du sie für Dich nutzen kannst, wie Du es brauchst!
21.05.17, 21:19:38
Kaleidoskop
Ich finde deinen Beitrag sehr hilfreuch.
Ich versuche tatsächlich, Supermärkte eher in ruhigeren Zeiten aufzusuchen - und wenn es mir gar nicht gut geht, schicke ich meinen Mann allein los.
Weil ich ein schlechtes Gewissen habe, kann ich es ihm nicht komplett überlassen, für uns beide einzukaufen, da ich ja auch mit verbrauche.
Ich befinde mich in einem Dauerzustand der Depersonalisation & Derealisation (heißt, kaum Körperwahrnehmung & die Welt 🌎 durch Glas und mehr oder weniger weit weg wahrnehmen, sodass sie mehr oder weniger wie ein Traum wirkt). Ich nehme an, dass dies an Traumatisierung & daraus resultierender Aufspaltung der Persönlichkeit in viele Persönlichkeiten liegt. Aber das nur am Rande - hatte ja schon gesagt, dass eine Diagnosehilfe bezüglich. Autismus derzeit unmöglich ist. - Aber je mehr Erfahrungsberichte ich lese, desto mehr finde ich mich wieder... :-/
Im Moment reflektiere ich sehr viel, muss aber zugeben, dass es schwer ist, Trigger für Trauma-Erinnerungen bzw. Reizüberflutung & daraus resultierender verstätkter Dissoziation mit Beruhigungsmitteln zu finden. Ich arbeite aber daran.
Bekannt seit Jahren: - Menschen"Massen, inzwischen begriffen: - Reizüberflutung auf einzelnen oder mehreren Sinneskanälen, aber auch Überflüssig mit einer/stärker Emotion. Leider fällt es mir schwer, meine Emotionen zu benennen, sodass sie nur eine mehr oder weniger überhöhte Anspannung sind. Ich habe zwar Definitionen auswendig gelernt, kann sie aber nicht sehr oft auf mich anwenden.
Außerdem weiß ich, dass ich ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit habe, nach Berechenbarkeit der Menschen und der 🌎, was unrealistisch ist. Struktur ist wichtig, die kann ich aber selbst erschaffen, auch wenn viele das nicht glauben (können/wollen - auch wegen der DIS).
Derzeit versuche ich, ob Spielen am Armband bzw. Beißen in ein speziell für sowas entwickeltes. Außerdem Würfel mit versch. Funktionen, Steine berühren & auf ihre Beschaffenheit zu achten - bald auch diese "Fidgets", die offenbar, wie ich heute aus dem 📻 erfuhr ein hier Hype sind ( hätte ich das früher gewusst, hätte ich sie wahrscheinlich nicht bestellt). Und ich versuche, Gerüche zu nutzen beziehungsweise Geschmack. D.h., ich versuche, meine Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu denken. Ja, ich muss meine eigenen Grenzen finden, dass Weißig. Ich Übertretung sie ständig und auch andere, da ich meine Grenzen nicht kennen und sofort ich auch nicht ziehen kann.
Aufgrund meiner komplexen posttraumatischen Belastung Störung kenne ich leider keinen rohen Zustand. Auch das ist etwas, wo ich gerne hin kommen möchte.
Ich finde deine Anregungen aber definitiv interessant und hilfreich. Danke.
09.06.17, 11:50:03
Kaleidoskop
Ich glaube zwar, dass es in einem anderen Thema angesprochen wurde mit der Geräuschempfindlichkeit, aber ich finde das Thema beim besten Willen nicht mehr. Also schreibe ich es jetzt einfach hier dazu.
Es gibt eine Menge Geräusche, die mir einfach zu laut beziehungsweise zu viel sind. Vor ein paar Tagen haben wir ein Wasserbett geholt und die Befüllung lieb mit Hilfe einer Bohrmaschine. Dort waren Ohropax super hilfreich.
Von meinem Mann habe ich erfahren, dass es neben Ohropax auch noch Geräusch Dämpfer gibt, die man sich auch in die Ohren stopfen kann, so dass der Geräuschpegel sinkt. Ich hab mich noch nicht genauer mit auseinandergesetzt, halte das aber für eine gute Alternative. Weil bei Watte hätte ich Angst, dass da was in den Ohren hängen bleibt und sich dann alles entzündet.
Die Bohrmaschine war mit Ohropax zwar noch zu hören, aber nicht mehr so unerträglich.
09.06.17, 22:52:46
Kaleidoskop
Ich hab mich jetzt mal wegen Lautstärkeregulierungsohrstöpseln umgeschaut und u. B.
diese Ohrenstöpsel gefunden. Wenn mein Geldbeutel es wieder hergibt, werde ich Sie mir mal besorgen und testen. Falls jemand von euch schon Erfahrungen mit diesen oder ähnlichen Ohr-Stöpseln gemacht - ich würde mich über eure Erfahrungen freuen.
10.06.17, 08:16:02
Antares
Ich find die hier total praktisch:
https://www.bose.de/de_de/products/headphones/earphones/quietcontrol-30.html#ProductTabs_tab0
kann man sich auch auf Ratenzahlung (z.B. 50 Euro pro Monat) holen. Aus meiner Erfahrung heraus lohnt sich das und mit denen hier hat man auch kein nerviges Kabel - Wasserrauschen mit Vogelzwitscher in der U-Bahn statt Menschen-Geplapper :D
Ich finds toll.
10.06.17, 21:02:25
Kaleidoskop
Hört sich toll an. Werde ich mir mal anschauen.
22.07.17, 20:12:54
Kaleidoskop
Antares, ich habe mir die Böse 30 Quiet Control jetzt besorgt und sie getestet. Die sind echt jeden Cent wert!
Ich habe meinem Mann die für mich unangenehm Stimmlautstärke vorgeführt, und er hat es dann für mich nachgeahmt. Auf der höchsten Quiet…Stufe war sein lautes Rufen auf ein angenehmes Level reduziert. Also weiß ich schon, was ich zum Essen mit einigen Freunden mitnehmen werden, sodass ich den Lärmpegel ertragen kann, den anderen aber auch Bescheid geben, warum ich die guten Stücke nutze. Denn in Gesprächen „scheinbar“ Musik zu hören gilt als unhöflich.
Beim Wäsche aufhängen vorhin war die Hauptstraße fast unhörbar, und ich konnte die Musik genießen, ohne zu laut hören zu müssen.
Auch der Aktenvernichter war lautlos 😍.
Ich bereue den Kauf NICHT und kann sie mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen.
10.11.17, 19:27:22
Schwester-S
Kaleidoskop
Du kannst zum Zahnarzt Dir eine Anti Knirsch Zahnspange machen lassen, die auffällig nachts hilft und Dein Zahnwerk nicht schadet!
Alles Gute
Schwester-S
11.11.17, 23:29:54
Kaleidoskop
Danke, Schwester S. Das habe ich auf Anraten meiner Zahnärztin vor einigen Jahren schon machen lassen.