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Studie: Autisten handeln nicht utilitaristischer als Nichtautisten

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29.03.16, 15:47:05

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Nicht die erste Studie solcher Art:
Zitat:
Sind Autisten mit einem Gedankenexperiment konfrontiert, in dem sie einen Menschen opfern müssten, um mehrere andere zu retten, fällen sie ein moralisches Urteil, das jenem von Nicht-Autisten gleicht. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die von einem österreichisch-italienischen Psychologenteam im Fachblatt "Scientific Reports" veröffentlicht wurde.

Die Annahme, dass Autisten stärker dazu neigen, aus mangelndem emotionalem Einfühlungsvermögen zweckorientierter zu handeln und folglich auch eher Schäden für andere in Kauf nehmen, sei zwar weit verbreitet, jedoch kaum wissenschaftlich untersucht, heißt es vonseiten der Universität Wien. Menschen mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] wurden deshalb häufig als mangelnd empathisch und mit wenig oder gar keinem Interesse an den Gefühlen anderer Menschen dargestellt. Dies hat zur Stigmatisierung dieser Menschen geführt, betont das Team um Giorgia Silani von der Uni Wien und Indrajeet Patil von der International School for Advanced Studies (SISSA) in Triest (Italien). Die Forscher stellten daher in einem Experiment erwachsene Autisten und Nicht-Autisten vor das gleiche ethisch-moralischen Dilemma.

Im Anschluss daran, wurden alle aufgefordert, ein moralisches Urteil dazu abzugeben, eine Person zum Wohle mehrerer zu opfern. Es zeigte sich, dass sowohl Autisten wie Nicht-Autisten sich ähnlich schwer mit diesem Gedanken anfreunden konnten und gleichermaßen Handlungen missbilligten, die von ihnen verlangten, für den größeren Nutzen ein einzelnes Leben zu opfern.

"Interessant war für uns nicht nur, dass sie gleichartige Urteile abgaben, sondern vor allem, warum sie dies taten", so Silani. Im Zuge ihrer Auswertungen konnten die Forscher zwei unterschiedliche Facetten autistischer Persönlichkeit aufzeigen: Eine davon sei die für die Entwicklungsstörung typische Tendenz, sich aus stressbeladenen sozialen Situationen zurückzuziehen. Im Zusammenhang mit dem Dilemma würden Autisten daher eher verweigern, eine andere Personen zu schädigen, auch wenn dies für die Allgemeinheit besser wäre, so die Wissenschafter.

Auf der anderen Seite könne die Entwicklungsstörung auch mit einer Art "Gefühlsblindheit" – die Psychologen sprechen von Alexithymie – einher gehen. Diese bisher in der Forschung "vernachlässigte Facette autistischer Persönlichkeit" ist mit verringerter Einfühlungsfähigkeit in das Gegenüber verbunden. In der Versuchsanordnung erhöhe Alexithymie folglich die Tendenz, eine Person für das Wohl der Gruppe zu opfern.

"Es scheint fast, als ob diese zwei Subdimensionen der autistischen Persönlichkeit auf einer Wippe säßen und aufeinander entgegen wirkende Kräfte ausübten. Das endgültige moralische Urteil von AutistInnen hängt von der Balance dieser zwei 'Gegenspieler' ab", erklärt Patil.

Quelle
Primärquelle: Divergent roles of autistic and alexithymic traits in utilitarian moral judgments in adults with autism

Betrunkene schnitten in einem ähnlichen Experiment anders ab:
Zitat:
Die Forscher gingen für ihr Experiment in zwei Bars in Grenoble und präsentierten mehr als hundert angetrunkenen Personen das Dilemma, noch dazu in verschärfter Version: Hier steht der Betrachter gemeinsam mit einem dicken Begleiter auf einer Brücke über der Eisenbahnschiene und beobachtet, wie der Zug darunter auf die fünf Personen zurollt. Die einzige Möglichkeit, sie zu retten, ist es, den Dicken vor den Zug zu schubsen, um den Waggon abzubremsen. Damit auch jeder Betrunkene das Dilemma verstand, illustrierten die Forscher das Problem zusätzlich mit Zeichnungen. Ein einziger Teilnehmer wurde ausgeschlossen, "weil er die Instruktionen nicht richtig befolgte".

Die Ergebnisse waren dennoch eindeutig: Je betrunkener die Testpersonen waren, umso leichtfertiger würden sie die hypothetische Person von der Brücke stoßen. "Die Alkoholkonzentrationen im Blut korrelierten mit der Neigung zu utilitaristischen Antworten", schreiben Aaron Duke und Laurent Bègue im Fachjournal Cognition.

Quelle
 
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