IKEA / Folgen der Berichterstattung über Autisten?
31.07.15, 09:23:02
Alan
geändert von: Alan - 31.07.15, 09:39:48
Ich bin soeben auf folgenden Artikel gestoßen und sage auch gleich dazu, dass ich bei IKEA noch nicht mal mehr einen rostigen Nagel kaufen werden, obgleich ich da 15 Jahre lang eingekauft habe.
http://www.stern.de/wirtschaft/news/ikea-lehnt-betreuung-eines-autistischen-jungen-im-småland-ab-6365084.html
Zitat:
Ikea lässt autistischen Jungen nicht ins Småland
[...]
Bianca Amanzada wollte in Dortmund bei Ikea einkaufen und ihren fünfjährigen Sohn Alyschah-Paul bei der Ikea-Kinderbetreuung Småland abgeben, berichtet die Tageszeitung "Die Glocke". Die Mutter erklärte, dass der Junge an Autismus leide - daraufhin sollen die Mitarbeiter eine Betreuung abgelehnt haben.
Gefahr für andere Kinder
Als Grund dafür gab die Mitarbeiterin an, dass autistische Kinder grundsätzlich gewaltbereit seien. Die Gefahr sei einfach zu groß für die anderen Kinder. Auch die Filialleitung habe sich gegen die Betreuung ausgesprochen. [...]
Wenn ich von einem überzeugt bin, dann, dass Kinder so eine Form der Ausgrenzung niemals, wirklich niemals vergessen, egal ob nun autistisch oder nicht autistisch.
Für bemerkenswert halte ich insbesondere die Feststellung "autistische Kinder seien grundsätzlich gewaltbereit". Im weiteren Verlauf des Artikels rechtfertigt man sich damit, nicht zum Erzieher ausgebildet zu sein. Die Expertise zu so einer pauschalisierenden Feststellung nimmt man allen Anschein nach trotzdem für sich in Anspruch.
An dieser Stelle frage ich mich, ob die Berichterstattung durch die Boulevardpresse in der Sache Adam Lanza nachhaltige Konsequenzen hat.
Zitat:
Daraufhin habe die Mutter dem Ikea-Personal angeboten, dass ihre 18-jährige Tochter, die auch bei der Einkaufstour dabei war, im Småland bleiben und auf ihren Bruder aufpassen könne.
Doch auch das wurde abgelehnt. "Sie können Ihr Kind ja auch im Auto lassen", soll eine Mitarbeiterin laut Bianca Amanza gesagt haben. [...]
Dieser Vorschlag würde ins Gesamtbild der Situation passen. Der Betroffene soll "weg", wohin oder was dieses "weg" konkret bedeutet ist den Protagonisten herzlich egal. Von Interesse ist nur, dass ihre Welt in Ordnung ist.
01.08.15, 12:12:48
Antares
geändert von: Antares - 01.08.15, 12:39:48
Die Smaland-Gestaltung ist bei uns in den Ikeas hier in Berlin ungefähr so attraktiv wie Rummelplatz oder ein Hüpfburgenevent. Außer natürlich es wäre niemand dort, ganz allein für mich ne Hüpfburg wäre natürlich schon was, auch ein leerer Rummel... Aber mir persönlich war das als Kind in München damals auch nicht geheuer dort.
Meine Mutter war zum Glück so nett und hat das gemerkt, wie ich da verloren herumstand und rettete mich da wieder raus. Wohl fühlen geht anders. Und die Ikeas haben sich in den letzten 30 Jahren irgendwie nicht geändert diesbezüglich. Smaland ist halt ein "Abstellgleis für Kinder"
- lauter Fremde Menschen um mich
- viele (30) Kinder am Hüpfen, Springen, Schreien
- nur fremde Spielsachen, die völlig unberechbar sind, wie Bällebad etc
- niemand da der mich kennt und versteht
- es hallt unglaublich
Dass es Orte geben muss, an denen jeder so seinen Spass haben kann, wie er mag, finde ich wichtig. Wenn man sich über den Artikel aufregt wären es aus meiner Sicht:
- der Begriff das Kind leidet
- Smaland als super Ort für autistische Kinder zu beschreiben
- die Diskriminierung durch das mit dem Auto
- niemand interessiert sich für das Kind
- die Darstellung als Autist und gefährlich
Einen "Kinderaufbewahrungsort" so zu gestalten, dass sich ein autistisches Kind pudelwohl fühlt weiß ich nicht, ob wirklich möglich ist. Da müsste Mama dann in der Nähe bleiben und genau das wollte Mama ja nicht, ihr Kind dabei haben.
Im Ikea selbst gibt es viiieeel schönere Ecken für Autisten ;) wie dieses Smaland, wirklich. Mit Mama und Papa in dem riesigen Restaurant tolle Sachen essen in einer gemütlichen, ruhigen Ecke <3
01.08.15, 18:48:02
starke Dame
Leider geht es in den Kommentaren im Netz schon so weit, dass die Mutter verantwortungslos sei, ihr Kind dort abgeben zu wollen.
Tatsache ist, es ist ein Verstoß gegen Menschenrechte, wenn das Kind da rein möchte, sollte es auch dürfen. Mein Sohn will da nicht rein, er bleibt lieber bei uns und das war eigentlich auch nie ein Problem, doch habe ich nie ein Kind in so etwas abgegeben, da ich meine Kinder lieber beim Zukauf von Möbeln einbeziehe. Dem Schnickschnack und Nippes kann ich eh nichts abgewinnen, von daher, hat sich das nie bei uns ereignet.
Doch ist das Verhalten von Ikea nicht korrekt.
01.08.15, 19:51:56
Antares
geändert von: Antares - 01.08.15, 19:54:43
Wir werden es wohl nie erfahren, ob das Kind dort hin wollte oder nicht. Ich vermute nicht, dass es jemals gefragt wurde. Niemand in der gesamten Diskussion erwähnt hier irgendwie den Wunsch/Willen des Kindes. Es scheint allen völlig egal zu sein, Hauptsache AUCH Autisten dürfen dort deponiert werden im Namen des Menschenrechts nun sogar, folge ich den Zeilen der Diskussionen mancher. Ich finde das absurd.
Oder finde ich nur nichts darüber? Ich würde mich freuen, wenn ich eines Besseren belehrt würde, dass es bei all dem Menschenrechtsgestreite auch noch um das Kind selbst ginge. Ich finde nur theoretische Rechtsabhandlungen aller Beteiligten mit der einen oder anderen Moralvorstellung.
Aus meiner Sicht ein epic fail Aller.
02.08.15, 08:48:37
starke Dame
Soweit ich von der Mutter weiß, wollte das Kind dort rein. Allerdings wird auch vieles im Netz gelöscht, wenn Eltern sich melden. So meldete sich ein anderes Elternpaar, das ein Kind hat, welches auch da rein möchte und nicht darf, da IKEA grundsätzlich Kinder außerhalb der Norm nicht in Smaland lässt, da sie dafür keine ausgebildeten Kräfte haben. Dies wurde aber nach kurzer Zeit wieder von dem Seiteninhaber gelöscht. Das ist dann eine Frage wert, darf IKEA die Regel aufstellen, wir nehmen nur Kinder innerhalb einer Norm und andere Kinder dürfen nicht rein, wenn sie es wollen?
Müsste vielleicht IKEA auf seiner Seite darauf hinweisen, dass nur eine festgelegte Norm von Kindern, beaufsichtigt und andere Kinder nicht dort rein dürfen?
02.08.15, 20:09:17
Antares
geändert von: Antares - 02.08.15, 20:37:05
Es gibt auf jeden Fall die Regel aktuell, dass nur Kinder dort hin können, die ohne Eltern klar kommen. Sobald sie Verbale Anzeichen machen nicht mehr freiwillig sich dort selbständig mit dem was zur Verfügung steht zu beschäftigen, werden die Eltern ausgerufen. Es geht weniger um die Norm, als um den Zweck dieses Smalandes.
Es ist an sich denke ich schon sowas zu beschließen. Das ist wie gesagt nur eine Aufbewahrungsstelle für Kinder unter Aufsicht. Mehr nicht. Insofern kann ich es durchaus nachvollziehen, dass dort z.B. ein Kind das unter Stress in eine Handlungs-/Sprachblockade fällt, was viele Autisten tun, nichts zu suchen hat im Smaland, aber aus Liebe zum Kind aus meiner Sicht. Wenn das Kind da hin will, es wirklich so war, dann hätte die Mutter es ja einfach dort abgeben können und wäre in den Regeln geblieben, wenn das Kind auch wirklich nie in eine Handlungs-/Sprachblockade verfällt, unter den Bedingungen dort die Gefahr einer Überlastung besteht etc. Kann ja sein, dass das Kind so ist, doch dann ist die Erwähnung von egal was überflüssig. Sobald sie gesagt hat: Aber passen sie auf, er schlägt wenn es ihm zu viel wird, sind die Regeln nicht mehr erfüllt.
Ich war dort schon und mir wurde das ganz klar kommuniziert: Kind dort abgeben, Kind beschäftigt sich selbst, Kind sagt es mag nicht mehr, Mama wird gerufen. Eine Freundin von mir gibt ihr Kind dort ab, weil das bei ihr funktioniert, andere die ich kenne tun es nicht, weil es bei ihren Nicht-Autistischen Kindern auch nicht so funktioniert.
Ich halte vom Smaland nicht so besonders viel außer es handelt sich wirklich um ein selbständiges Kind, das äußern kann wenn es wo nicht mehr sein möchte, wie es ihm geht etc. Ich habe ja mit meinen 33 zum Teil Schwierigkeiten damit ;) Dass man nicht allen Eltern glauben kann, was sie über die Kinder erzählen kann ich auch nachvollziehen, die wollen ja oft nur das Kind los werden. Aber wenn sie schon sagen, dass das geforderte Prozedere nicht einzuhalten sein wird, kann ich verstehen, dass das Kind abgelehnt wird.
Aber es kann gut sein, dass ich hier eine Meinung vertrete, die niemand sonst hat. Ich finde es gut, dass es das Smaland gibt, so haben die Muttis mit Kindern innerhalb der Regeln etwas Erleichterung. Es ist ja ein kostenloses Geschenk-Angebot quasi, Werbung sozusagen. Schade fände ich, wenn das Kind den Regeln entsprochen hat und wirklich gern dort ist, aber wenn ich die Pressetexte so lese, hat die Mutter ja wirklich schon gesagt gehabt, das Kind wird die Regeln nicht einhalten können.
Das hat keinen pädagogischen / heilpädagogischen / ... was auch immer Anspruch und ich denke auch nicht zu erfüllen.
03.08.15, 19:56:06
Alan
geändert von: Alan - 03.08.15, 19:57:02
[...] Das ist dann eine Frage wert, darf IKEA die Regel aufstellen, wir nehmen nur Kinder innerhalb einer Norm und andere Kinder dürfen nicht rein, wenn sie es wollen?
Müsste vielleicht IKEA auf seiner Seite darauf hinweisen, dass nur eine festgelegte Norm von Kindern, beaufsichtigt und andere Kinder nicht dort rein dürfen?
Beides nein. IKEA hat in seinen Verkaufshäusern Hausrecht und kann dementsprechend reinlassen und nicht reinlassen wie es der Geschäftsführung gefällt. Auch eine Pflicht zur Information gibt es dementsprechend nicht, es wäre allenfalls eine Frage der Kundenfreundlichkeit.
Man will so viel Geld machen wie nur irgend möglich und dementsprechend wird alles was dabei hinderlich sein könnte vermieden. Obgleich der Begriff der "Norm" hier durchaus zutreffend ist, wird man diesen ganz sicher nicht verwenden.
03.08.15, 20:04:54
Willnichtärgern
IKEA hat in seinen Verkaufshäusern Hausrecht und kann dementsprechend reinlassen und nicht reinlassen wie es der Geschäftsführung gefällt.
Falsch!
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
§ 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot
(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die
1.
typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder
2.
eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben,
ist unzulässig.
03.08.15, 23:50:47
Alan
geändert von: Alan - 03.08.15, 23:51:42
Es stimmt zwar, dass das so im Gesetz steht, aber solange ein Eigentümer nicht so dumm ist explizit zu sagen: "Sie haben hier Hausverbot, weil sie schwarz sind!" hilft es den Betroffenen gar nichts. Und selbst dann: Es handelt sich hier ggf. nicht um eine Strafsache oder sonst etwas, das im öffentlichen Interesse steht sondern um eine zivilrechtliche Angelegenheit. Als Geschädigter müsste man auf eigene Kosten klagen was teuer, langwierig, zermürbend wäre und wenig Ausdicht auf Erfolg hätte.
Es gilt der Grundsatz: "Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge." Und von daher hat ein Konzern wie IKEA de facto die Möglichkeit jeder Person, die ihr nicht in den Kram passt den Zutritt zu ihren Verkaufshäusern oder Teilen davon zu verweigern.
04.08.15, 23:59:41
Fundevogel
Weil es um IKEA geht, hier noch eine andere Erfahrung.
Eine Autistin hatte sich gewünscht, früh morgens mit mir zu IKEA zu fahren, wenn nur wenige Menschen dort sind. Womit wir nicht gerechnet hatten war, dass die Beschallungsanlage auf eine größere Menschenmasse ausgerichtet war/ist...und wenn diese Menschenmasse eben morgens nicht vorhanden ist, die Geräusche anscheinend schluckt, ist die Lautstärke der Beschallungsanlage kaum auszuhalten. Wir mussten den Einkauf genervt abbrechen.
05.08.15, 16:07:44
starke Dame
Die Mutter hat nicht gesagt, seien sie vorsichtig, er schlägt um sich. Dass ist eine Lüge seitens IKEA, sie werden es offiziell nicht zugeben, doch vertreten sie die Meinung, dass Autisten generell eigen- und fremdgefährdend sind. D.h., der Fehler war, zu sagen, er ist Autist, dumm, das hätte man sich auch wirklich schenken können und hätte ebend nichts gesagt denn vordergründig ist es erst einmal ein Kind. Auf das AGG habe ich damals auch hingewiesen, als ich mit der Mutter auf einem Portal darüber schrieb, denn dies ist und bleibt eine Diskriminierung die gegenüber Dritte (Kunden) auch unter Bezug des Hausrechts nicht getroffen werden darf. Problematisch sehe ich natürlich wieder die Hinzuziehung der Öffentlichkeit, da hier ja jetzt Name des Kindes und der Mutter schon durchs Netz gegangen ist und der Junge somitman im Internet nicht mehr anonym ist. Desweiteren orientiert sich IKEA nicht nach Handlungsblockkaden, sondern wirklich nach einer zu erfüllenden Norm, erfüllt dieses Kind diese Norm nicht, z.B. ein 6-jähriger auf dem Stand eines 4-jährigen, der keine Handlungsblockkaden hat, sitzt das Kind in einem Rollstuhl, kann nicht hören oder ist vielleicht in einer anderen Form außerhalb der Norm, wird dieses Kind deswegen nicht ins Smaland gelassen, da dieses nur mit geeigneten Erziehern gehen könnte und ihr Personal diese Ausbildung nicht besäße.
Wenn ich etwas aus Ikea brauche, schicke ich meistens meinen Mann, ich suche im die Artikelnummern heraus und er wuselt dann zügig durch. Problematisch ist es nur, wenn man diese Kleinteile braucht, wie z.B. Haken oder Waschlappen usw. da muss man dann irgendwie Augen zu und durch oder woanders einkaufen.