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Spätere Unternehmer sind weniger normenhörig

original Thema anzeigen

27.12.13, 19:14:51

55555

Ich bin mir nicht ganz klar darüber, wie man das in Bezug auf Autisten deuten sollte.
Zitat:
Unternehmertum beruht bekanntlich nicht auf Selbstlosigkeit, sondern nicht zuletzt auf der Abkehr von einigen Werten, die gemeinhin für sozial gehalten werden. Für den Unternehmer sind Habgier und Rücksichtslosigkeit durchaus sehr nützliche Charaktereigenschaften.

Eine Gruppe von Entwicklungspsychologen von der Universität Jena und der Universität Stockholm haben jetzt diese "antisozialen Tendenzen" in den Lebensläufen von schwedischen Unternehmern aufgespürt.

Darüber berichtet die Zeitschrift "Wirtschaftspsychologie-aktuell". Für ihre Studie werteten die Forscher um Martin Obschanka Daten einer schwedischen Längsschnittstudie. Dabei wurden etwa 1.000 Sechstklässler eines Jahrgangs über einen Zeitraum von 40 Jahren begleitet. Die Psychologen ordneten die Daten danach, wer von den Schülern später ein Unternehmen gründete und welches Sozialverhalten diese Person als Kind und Erwachsener zeigte.

Dabei wurde "antisoziales Verhalten" (also das Brechen gesellschaftlicher Regeln) und "delinquentes Verhalten" (also registrierte Straftaten) erfasst und untersucht. Dabei kam heraus, dass spätere Unternehmer in ihrer Jugend tendenziell häufiger Regeln gebrochen haben als andere.

Im Vergleich zu Nicht-Unternehmern missachteten sie häufiger elterliche Verbote, sie schwänzten den Schuluntericht und schummelten bei Prüfungen, sie nahmen häufiger Drogen oder stahlen auch schon mal etwas aus Geschäften. Dies traf allerdings nur auf männliche Studienteilnehmer zu.

Als Erwachsene waren die Unternehmer dann aber im Vergleich zu den Nicht-Gründern nicht mehr auffällig. Das Übertreten von sozialen Regeln ist bei Unternehmern also ein Jugendphänomen, das sich auswächst.

Quelle
28.12.13, 01:12:57

Fundevogel

Stellt sich die Frage, ob das Übertreten von "theoretischen" Grenzen erst lernfähig macht hinsichtlich der Bedeutung von Grenzen?

Wäre also das "am-eigenen-Leibe-Erfahrene" die Information, die zu wirklicher Kompetenz führt?

Könnte man weiterschließen, dass "auffällige" Kinder später bewusstere/"gesetz"tere Staatsbürger werden?
28.12.13, 11:08:02

CrazyCat

Zitat:
Das Übertreten von sozialen Regeln ist bei Unternehmern also ein Jugendphänomen, das sich auswächst.

Das könnte dazu führen, dass man ähnliches von Autisten "verlangt" / erwartet: Im Kinder- und Jungendalter brechen sie soziale Normen (die sie ohnehin nicht intuitiv beherrschen, und dies somit nicht absichtlich tun). Ist der Autist erwachsen, muss er sich also auch den allgemein gültigen sozialen Regeln angepasst haben. Das Fehlverhalten wächst sich ja schließich aus (wie beim Beispiel der Unternehmer).
Das ist wieder mal Wasser auf die Mühle aller, die der Meinung sind, man könnte / muss Autismus heilen, Autisten permanent in eine Form (die der Masse / "Normalität" entspricht) quetschen und somit die "Krankheit" besiegen...
Bleibt nur zu hoffen, dass die Mehrheit die mögliche Parallele zwischen diesen erforschten Unternehmern und Autisten gar nicht erst zieht...
28.12.13, 11:39:36

55555

Gedanken:

Unternehmer sind bekanntlich nicht unbedingt die gesetzestreuesten Bürger. Wenn die Studie annimmt, daß sie keine Straftaten mehr begehen, dann liegt es vielleicht eher daran, daß sie gelernt haben nicht erwischt, beziehungsweise bestraft zu werden oder Gesetze geschickter zu umgehen?

Wenn im Artikel das Befolgen gesellschaftlicher Regeln mit sozialem Verhalten gleichgesetzt wird, frage ich mich schon, ob da der Autor etwas mißverstanden hat oder ob die Studie tatsächlich solche fragwürdigen Definitionen enthält. Das Bild des mündigen Bürgers von heute ist dann anderherum gedacht nicht das Bild eines besonders "sozialen" Menschen? Dieser Begriff "sozial" ist mehr als eine leere Worthülse?
28.12.13, 17:56:47

drvaust

Ich denke, da ist ein großer Unterschied. Autisten zeigen unsoziales Verhalten, Unternehmer antisoziales Verhalten.
Autisten können das soziale Verhalten schlechter und vertragen es weniger. Aber sie wollen sich nicht 'schlecht' verhalten und wollen nicht gegen Regeln verstoßen.
Zukünftige Unternehmer sind rücksichtsloser, halten sich weniger an Regeln und sind egoistischer. Aber zukünftige Unternehmer müssen auch soziales Verhalten beherrschen, sonst können sie schlecht 'mitspielen'. Daß sich das antisoziale Verhalten auswächst, glaube ich nicht. Es wird nur besser getarnt und in akzeptierterer Form praktiziert. Relativ rücksichtslose Ausbeutung gilt als betriebliche Effizienz. Das Austricksen anderer Unternehmen ist Konkurrenzkampf. Außerdem, wer erfolgreich und mächtig ist, wird anerkannt und bewundert.
28.12.13, 18:22:19

55555

Zitat von drvaust:
Aber sie wollen sich nicht 'schlecht' verhalten und wollen nicht gegen Regeln verstoßen.

Es gibt aber auch Normen, die viele Autisten nicht mögen und daher nicht beachten.
28.12.13, 18:51:43

drvaust

Zitat von 55555:
Es gibt aber auch Normen, die viele Autisten nicht mögen und daher nicht beachten.
Ich meinte das Autisten vorgeworfene unsoziale Verhalten. Das ist grundsätzlich keine Absicht, sondern Unvermögen. Wenn man die ungeschriebenen gesellschaftlichen Regeln nicht erkennt, kann man diese nicht beachten. Wenn man eine Situation nicht einschätzen kann, verhält man sich vielleicht falsch. Wenn man das evtl. übliche Gruppenkuscheln nicht verträgt, muß man sich absondern.
Ich denke, daß sich Autisten teilweise besonders sozial gerecht verhalten wollen, aber an den komischen sozialen Regeln scheitern.
Unternehmer dagegen beherrschen die sozialen Regeln. Sie können sozial erscheinen und dabei Leute rücksichtslos ausbeuten. Wenn sie damit Erfolg haben, werden sie dafür bewundert.
04.01.14, 21:16:41

Saoirse

geändert von: Saoirse - 04.01.14, 21:18:26

Wie da so das Verhalten in der Jugend der zukünftigen Unternehmer beschrieben wird ("...tendenziell häufiger Regeln gebrochen haben als andere. Im Vergleich zu Nicht-Unternehmern missachteten sie häufiger elterliche Verbote, sie schwänzten den Schuluntericht und schummelten bei Prüfungen, sie nahmen häufiger Drogen oder stahlen auch schon mal etwas aus Geschäften. "):
Das u.a. sind narzisstische/ bzw.psychopathische Eigenschaften. Wenn Narzissten und Pychopathen im Erwachsenenstadium angelangt sind, kriegen es die Begabteren unter ihnen häufig prima hin, nach außen hin eine perfekte "Maske der Normalität" zur Schau zu tragen. Dahinter sind sie aber antisoziale bis hochgefährliche Raubtiere.
Wäre mal interessant gewesen, sie hätten auch die manipulativen und empathischen F#higkeiten untersucht, zudem, inwieweit die Probanden Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sie zu riskantem Verhalten neigen.

Davon ab kann es natürlich auch sein, dass jugendliches Regelübertreten auch ein Hinweis darauf sein kann, dass der/die Betreffende den Sinn verschiedener Regeln anders sieht als sein (erwachsenes) Umfeld - also ggf. eine Neigung zum Selberdenken hat. Und das könnte auf manchen Gebieten u.a. eine gute Voraussetzung zu erfolgreichem Unternehmertum sein.

Davon ab gibt es 200 pro auch erfolgreiche Unternehmer, die weder als Kinder noch als Erwachsene verlogene, betrügerische und antisoziale Individuen waren.
05.01.14, 23:39:09

kossi

Ich bin selbst Unternehmerin und habe in meiner Jugend viele, sehr viele Regeln gebrochen, weil ich keinen Sinn darin sah oder weil ich einfach mal Grenzen austesten wollte, meine und die anderer.
Ich wollte meinen eigenen Weg gehen und mich nicht irgendeinem Diktat unterwerfen. Aber ich war nie unsozial, da ich immer wusste, wie ich mich in welcher Situation wie verhalten konnte und die Reaktionen genau einschätzen konnte.

In diesem Artikel sehe ich mich und auch einige mir bekannte Unternehmer, aber keinen Autisten, denn sie könnten die Menschen nicht so schnell einschätzen und die Reaktionen voraussehen.
06.01.14, 22:31:55

Fundevogel

Zitat von kossi:
In diesem Artikel sehe ich mich und auch einige mir bekannte Unternehmer, aber keinen Autisten, denn sie könnten die Menschen nicht so schnell einschätzen und die Reaktionen voraussehen.

In meinem Bekanntenkreis sind mehrere sehr erfolgreiche Unternehmer und bekannte Menschen des öffentlichen Lebens, die Autisten sind und die Menschen erfassen und ihre Reaktionen voraus berechnen können, wie es die meisten Menschen nicht können.

Kann es sein, dass du über Autismus sehr einseitig informiert bist?
08.01.14, 10:25:18

kossi

Nein, so war das nicht gemeint. Ich meine eine bewusste Übertretung sozialer Gesetze, einfach nur um zu schauen, wie weit man diese Gesetze ausweiten kann. oder einfach nur zur Provokation. Einfach doof und falsch geschrieben. Sorry!
08.01.14, 17:45:56

Bicycle

Antisoziales Verhalten in der Schule war für mich z.B. wenn jemand bei einen Gruppenreferat am Ende behauptete alles alleine gemacht zu haben, obwohl man alle Aufgaben so aufgeteilt hatte, dass jeder gleich viel hatte. Wenn das nicht davor abgesprochen war, weil dieser Schüler vielleicht eine bessere Note brauchte als der Rest, empfand ich das als antisozial.

Ich kenne Unternehmer die in der Jugend die klischeehaften "Rebellen" waren und genauso welche die in der Jugend klischeehafte "Streber" waren. Genauso sind die Studien. Es gibt Beobachtungen in welchen die "Streber" von Eliteinternaten in die Chefetage kommen und es gibt Beobachtungen in welchen die "Jugendrebellen" in die Chefetage kommen.

Aber letztendlich gilt für diese Studie, wie für jede andere auch: Die Studie sagt nur über die was aus, die die Studie mitgemacht haben.

@ kossi, auch Autisten können provozieren und Regeln ausweiten oder übertreten. Auch rein zum Spaß oder um zu schauen was passiert.
 
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