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Ratgeber zu Small-Talk

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12.10.13, 14:00:06

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Einige Aussagen in dem Ratgeber finde ich erstaunlich. Also fällt es allen Menschen schwer Small-Talk zu führen? Und sein Sinn ist darin Vertrauen in jemanden zu fassen? Da muß es wohl nicht wundern, wenn Autisten den Sinn nicht verstehen, die dazu neigen eh jedem zu vertrauen.
Zitat:
Vor einigen Jahren war Angela Merkel auf Staatsbesuch in einem afrikanischen Land. Der Präsident erwartete sie mit seiner Limousine am Flughafen, während der Fahrt saßen die Politiker schweigend nebeneinander. Dann entstand ein denkwürdiger Dialog: "Und Sie sind also die neue Bundeskanzlerin?" – "Ja." – "Das ist doch schön." – "Ja." – "Das war sicher nicht leicht." – "Nein." – "Da müssen Sie jetzt aber verdammt glücklich sein." – "Mir geht es gut." – "Sie tun sich eher schwer mit Small Talk, oder?" – "Ja."

Von diesem Gespräch berichtete die "Süddeutsche Zeitung" im Oktober 2005 – auf der einen Seite das bemühte Oberhaupt aus Afrika, auf der anderen die designierte, aber wortkarge Regierungschefin aus Deutschland. Man meint, die Beklommenheit in der Präsidentenlimousine förmlich spüren zu können. Kein Wunder. Intensive, nachdenkliche Gespräche sind oft nicht nur angenehmer als oberflächliche Plaudereien – es fällt vielen Menschen auch leichter, mit in Falten gelegter Stirn stundenlang tiefgründig zu diskutieren, als ein paar Minuten gut gelaunt scheinbare Belanglosigkeiten auszutauschen.

Doch egal, ob während der Kaffeepause einer Konferenz, auf Geschäftsreisen, auf der Weihnachtsfeier, im Aufzug oder am Kaffeeautomaten: Oft sind es eher die kurzen, lockeren Gespräche, die das Bild prägen, das man von seinem Gegenüber hat. Und die darüber entscheiden können, ob der nächste Karriereschritt gelingt. Niemand kommt ohne ihn aus, egal, ob Absolvent oder Führungskraft. "Small Talk ist für die Karriere definitiv wichtig", sagt auch der Psychologe und Coach Stephan Lermer, "heute sogar mehr denn je".

[...]

Sollten Sie die Initiative ergreifen? Und wenn ja, wie? Trauen Sie sich, das Eis zu brechen. Und beginnen Sie am besten mit einem Lächeln – nicht nur optisch, sondern auch rhetorisch: Versuchen Sie also nicht, beim Einstieg ins Gespräch vor allem Stärke und Kompetenz zu demonstrieren, sondern strahlen Sie Wärme und Vertrauenswürdigkeit aus.

Lassen Sie Ihren Gesprächspartner zuerst ausführlich zu Wort kommen, etwa durch offen formulierte Fragen. Woher kennen Sie den Gastgeber? Wie gefällt Ihnen die Menüfolge? Oder das Ambiente? So zeigen Sie Interesse an der Situation und bauen subtil eine Bindung zu Ihrem Tischnachbarn auf.

[...]

Was Peter über Paul sagt, sagt angeblich mehr über Peter als über Paul. Anders formuliert: Lästern ist heikel – vor allem im Small Talk. Davon ist der Psychologieprofessor John Skowronski von der Northern- Illinois-Universität überzeugt. Er hat in mehreren Experimenten herausgefunden: Zuhörer übertragen jene Eigenschaften, die Person A einer Person B andichtet, unbewusst und automatisch auf Person A. Skowronski bezeichnet das Phänomen als "spontane Eigenschaftsübertragung". Dieser Effekt lässt sich für den Small Talk auch positiv nutzen.

[...]

Religion und Politik, Geld und Gesundheit, private Probleme – allesamt wichtige Themen, klar. Im Small Talk aber sind sie tabu. Solche Themen sind nur für den Freundes- oder Verwandtenkreis bestimmt. Wer sie im Kollegenkreis anspricht, verstößt gegen ein ungeschriebenes Gesetz. Außerdem hinterlässt er beim anderen einen schlechten Eindruck. Für solche Themen braucht es Vertrauen, doch das muss erst wachsen – auch durch das unverbindliche Plaudern über unverfängliche Themen.

Wer uns imitiert, den mögen wir. Psychologen bezeichnen das als Spiegeltechnik, auch Chamäleon-Effekt genannt. Schenkt uns jemand ein Lächeln, schmunzeln wir beinahe automatisch zurück. Verschränkt das Gegenüber seine Arme, machen wir es mit höherer Wahrscheinlichkeit nach. Wie ansteckend solche Mikrogesten sind, bemerkten die US-Psychologen Tanya Chartrand und John Bargh in einer Studie im Jahr 1999. Ihre Probanden sahen sich zum ersten Mal. Trotzdem ahmten sie Berührungen im Gesicht zu 20 Prozent nach, das Übereinanderschlagen von Beinen gar zu 50 Prozent.

Der Grund: Die meisten Menschen streben nach Harmonie und Symmetrie. Deshalb lässt sich der Chamäleon-Effekt auch beim Small Talk gezielt einsetzen, um Distanz abzubauen und Vertrauen herzustellen. Wer sein Gegenüber allerdings allzu auffällig nachäfft, löst damit eher inneren Protest aus.

Quelle
12.10.13, 15:42:01

Fundevogel

Zitat von 55555:

Der Grund: Die meisten Menschen streben nach Harmonie und Symmetrie.


Das ist doch dann eine gute Voraussetzung, dass nichtautistische Eltern und Geschwister lernen können, Autisten in der Familie zu verstehen?...streben Autisten aus dem selben Grund danach, in Familie und Gesellschaft "unauffällig" zu werden?
13.10.13, 03:03:57

PvdL

Wenn Kleinsprech bei eNTies die Funktion hat, die das gegenseitige Beschnuppern bei Hunden hat, dann kann ich von jetzt an noch viel leichter darauf verzichten, wie bisher schon.
 
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