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[Buch] Felix Hasler; „Neuromythologie. Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung“

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30.01.13, 19:12:02

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Zitat:
Seit Längerem treten die Neurowissenschaften in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien immer stärker in den Vordergrund. Passend zu einem bestimmten Zeitgeist treten sie an mit dem Anspruch, bisher nur vage Spekuliertes oder gar Unerkennbares in hartes Wissen zu verwandeln. Was Männer und Frauen unterscheidet oder wer ein angeborener Gewalttäter ist, will man plötzlich eindeutig anhand bildgebender Analyseverfahren benennen können.

Diesen Anspruch durch eine umfassende Kritik der Hirnforschung auf ein sehr viel bescheideneres Maß zurückzustutzen, ist das Ziel des neuen Buchs von Felix Hasler zur „Neuromythologie“. Das gelingt dem Autor, der selbst ein profilierter Neurowissenschaftler ist, auf sehr bemerkenswerte und differenzierte Weise. Das Gehirn, so zeigt er, ist wie die Gene durch ein zu komplexes Zusammenwirken verschiedener Areale bestimmt.

[...]

Dabei geht es nicht nur um karriereorientierte Wissenschaftler und manche sensationslüsterne Medien. Vielmehr dienen die vermeintlichen Erkenntnisse über das Gehirn auch dazu, den massenhaften Absatz neuer Psychopharmaka zu erleichtern. Denn wenn jede Niedergeschlagenheit zu einer neuartigen Psychoerkrankung umgedeutet wird, etwa Burnout oder Angststörung, die dann aber unfehlbar auf eine bestimmte Hirnstruktur zurückgeführt wird, dann helfen halt keine länglichen Psychoanalyse-Gesprächssitzungen mehr. Dann muss physisch auf das Gehirn mit – zufällig sehr gewinnträchtigen – Medikamenten eingewirkt werden.

Dafür vergeben viele Pharmafirmen dann auch gern sehr lukrative Forschungsaufträge. Und schreiben dann auch gleich noch vor, wie die Wissenschaftler in vermeintlich neutralen Fachzeitschriften die Testergebnisse neuer Psychopharmaka so schönen müssen, dass die massiven Nebenwirkungen unerwähnt bleiben. Hasler hätte hier noch erwähnen können, dass ähnliche Probleme auch in anderen Medizinbereichen auftreten dürften. Ermutigend ist diese Aussicht für uns alle nicht.

Quelle
 
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