Frühes Lesenlernen führt zu schlechteren Lesefähigkeiten?
27.05.12, 08:39:42
55555
geändert von: 55555 - 27.05.12, 08:40:07
Zitat:
Wann sollten Kinder beginnen, lesen zu lernen? Diese Frage treibt Sebastian Suggate von der Universität Regensburg schon länger um. 2009 hatte er erstmals eine Studie dazu publiziert. Das Ergebnis: Neuseeländische Kinder, die bereits mit fünf Jahren mit Buchstaben arbeiten, haben keinen Vorteil gegenüber Schülern, die später damit beginnen. Im Alter von elf Jahren seien die Lesefähigkeiten beider Gruppen gleich gut.
Nun hat Suggate gemeinsam mit zwei Kolleginnen von der University of Otago (Neusseland) eine neue Untersuchung vorgelegt, die aufhorchen lässt. Wieder haben die Bildungsforscher Schüler verglichen, die mit fünf und mit sieben lesen gelernt haben. Und diesmal erreichten die Spätbuchstabenlerner im Alter von elf Jahren sogar etwas bessere Lesefähigkeiten als normale Schüler.
Es wäre allerdings voreilig, aus der Studie zu folgern, dass frühes Lesenlernen Kindern schadet. Denn die Forscher haben zwei Schülergruppen miteinander verglichen, die nicht zwingend vergleichbar sind. Die Kinder, die mit fünf Jahren zu lesen begannen, stammen von herkömmlichen staatlichen, neuseeländischen Schulen. Der Lesestart mit fünf ist dort die Regel. Die Spätlerner hingegen gingen auf Waldorfschulen, die nur teilweise staatlich unterstützt werden.
Die Forscher verfolgten die Entwicklung der insgesamt 370 Schüler über mehrere Jahre und führten immer wieder Tests zu Sprachkenntnissen und Lesefähigkeiten durch. Es war keine große Überraschung, dass die normalen Schüler zunächst besser abschnitten als ihre Altersgenossen von den Waldorfschulen. Der Vorsprung hielt jedoch nur einige Jahre. Mit 10,5 Jahren hatten die Waldorfkinder denselben Lesefluss erreicht wie normale Schüler. Mit elf Jahren lasen sie dann sogar etwas besser.
Quelle
27.05.12, 09:40:24
drvaust
Ich hatte vor langer Zeit von einer Untersuchung gelesen, bei der ein Teil der Schüler schon vor der 1. Klasse Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt hatte. Diese Schüler gingen in die gleichen Schulklassen, aber bei einigen hatten ihre superehrgeizigen Eltern denen schon vor der Schule Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht. Bei der Einschulungs-Untersuchung (oder wie das heißt, ich kenne mich da nicht aus) wurde das erkannt und an die Untersuchung vermittelt.
Die Schüler, die schon Lesen, Schreiben und Rechnen konnten, langweilten sich in der 1. Klasse, waren unzufrieden, vereinzelt gab es Probleme durch störendes Verhalten. Ab dem zweiten Halbjahr der 1. Klasse bekamen diese Schüler oft Schwierigkeiten, weil sie das Lernen in der Schule nicht richtig gelernt hatten und den Anschluß verloren. Manche Schüler hatten dadurch schlechtere Ergebnisse.
Es wurde dann noch unterteilt, in hochbegabte und normal begabte Schüler. Die hochbegabten Schüler konnten diese Probleme schneller überwinden oder hatten diese Probleme langfristig, weil sie dauerhaft unterfordert waren. Die normal begabte Schüler hatten lange Probleme damit, manche wurden durch den Druck ihrer superehrgeizigen Eltern krank.
Ich habe auch von hochbegabten Leuten gehört und gelesen, die sich selber Wissen vorzeitig angeeignet hatten. Diesen fiel der Schulstart ebenfalls schwer, sie hatten Probleme wegen Langeweile und Unterforderung.
Ich denke, Kinder sollten lernen wenn es die richtige Zeit dafür ist, und nicht zu Planübererfüllung gedrängt werden. Außerdem sollten die Schüler individuell gefordert werden, also evtl. Zusatzaufgaben außerhalb des Schulstoffes bekommen, um mitarbeiten zu können und zu lernen.
27.05.12, 10:46:48
Fundevogel
Können tatsächlich Rückschlüsse auf das Lesen-"Können" gemacht werden, wenn nicht berücksichtigt wird, dass an einer Waldorfschule vielleicht ganz andere Lern-Schwerpunkte als an staatlichen Schulen bestehen? Z.B. kann es sein, dass die Physik-Stärke ganz enorm ist, weil an der Waldorfschule mehr Wert darauf gelegt wird, während Lesen im Hintergrund "mitläuft" und an dem anderen Schultyp auf Lesen besonders wert gelegt wird und damit "vorzeigbarere" Ergebnisse erzielt werden, während andere Fächer eher vernachlässigt werden.
Sind diese Umstände in die Studie eingeflossen?
Die Studie scheint weniger etwas über Können auszusagen dafür mehr über die Ergebnisse von Unterrichtungsschwerpunkten.
27.05.12, 14:01:49
PvdL
Zitat:
[...] Denn die Forscher haben zwei Schülergruppen miteinander verglichen, die nicht zwingend vergleichbar sind. [...]
Quelle
Wird denn gar nicht berücksichtigt, daß die neuseeländischen Kinder Englisch und die Waldorfschüler Deutsch zu buchstabieren haben? Es ist ja wohl zweifellos Englisch die schwieriger zu erlernende Sprache, was das Verhältnis von Orthographie zu Aussprache angeht.
27.05.12, 17:04:14
55555
Gilt Englisch nicht weitgehend als einfacher zu lernen als Deutsch?
27.05.12, 20:40:22
wolfskind
ich konnte vor der schule lesen und schreiben und rechnen.
und in der grundschule konnte ich englisch, ohne darin unterricht gehabt zu haben.
dieses wissen nutze ich für mich privat.
für meine schulischen leistungen war es unerheblich
da ich mich nicht entfalten konnte auf grund der barrierlastigen umgebung.
meine weiter entwickelten kompetenzen waren zwar von bedeutung
für mein verständnis der sprache aber nicht für die leistungen.
27.05.12, 21:33:38
schuschu
wolfskind, ich kann ganau dasselbe von meinem sohn sagen. auch er hat vor der schule lesen könne...aber eben weil er es von und aus sich gemacht hat..niemand hat es ihm beigebracht...er hat sich halt immer vorlesen lassen und ich musste die texte vorwärts rückwärts und von unten nach oben lesen...eines tages hat er dann gelesen...so macht er das übrigens mit seinem gesamten wissen...in einer barrierelastigen umgebung (schule) war es ihm gar nicht möglich überhaupt was aufzunehmen,jetzt, da er nach seinen gesetzmässigkeiten leben kann hat er mehr kraft und recourcen dass er sich dann seinem wissen öffnet, wenn eben SEINE zeit dafür ist.vor ein paar jahren hat er mir erklärt, dass bei ihm im kopf es so sei, dass es ganz viele schubladen gibt, die nicht beschriftet sind und sich auch nicht von jemanden öffnen lassen...sie öffnen sich von alleine und manchmal weiss er auch nicht, was da gerade drin ist und deshalb muss und möchte er sich eben dann mit diesem thema beschäftigen, was sich grade zeigt.
seine kompetenzen sind ebenso von bedeutung auch wenn man das nicht in sogenannten "leistungen " messen kann...ich frag mich wozu das gut sein soll, dieses in leistungen messen.
irgendwie ist das für mich ganz schön absurd, denn man kommt doch als freies wesen auf die erde um seine eigenen erfahrungen zu machen und nicht um irgendjemandem, der mal sowas wie leistung messen erfunden hat gerecht zu werden...was sagt das denn überhaupt über einen aus ?
28.05.12, 03:06:03
Hans
Ich habe mit vier zu lesen begonnen und war in der ersten Klasse nicht gefordert.
Ich lese aber schon lange schneller, als ich sprechen kann
und möchte als Antwort auf die in der Überschrift gemachten Frage sagen,
daß ich nicht denke,
daß das frühe Lesen die Entwicklung des Lesens verschlechtert.
28.05.12, 08:40:09
schuschu
Gibt es denn Vorgaben, wie Lesen qualitativ sein sollte?
Wie misst man denn , dass sich die Entwicklung des Lesens verschlechtert?
Ist es nicht einfach nur wichtig, überhaupt lesen zu können?
Und es ist doch bestimmt von der Natur des Menschen so gewollt, wenn er das lesen anfängt. ich glaube auch, dass man von aussen das nicht beeinflussen kann, wann jemand lesen anfängt.
wenn ein kind mit 4 jahrn, so auch mein sohn,anfängt zu lesen, ohne dass von aussen die aufforderung dazu kommt, dann doch deswegen, weil es für seine ganz individuelle entwicklung jetzt die zeit ist.
und das kann für eine spätere lesequalität nicht verkehrt sein, soweit es nicht von aussen beeinflusst wird.
28.05.12, 20:40:43
PvdL
Gilt Englisch nicht weitgehend als einfacher zu lernen als Deutsch?
Am Anfang tut man sich mit Englisch leichter. Wenn es nur darum geht, sich in einem englischsprachigen Land durchzuschlagen, dann ist man schnell dabei. Wenn es aber darum geht, in Wort und Schrift sich dem Niveau eines gleichermaßen gebildeten Muttersprachlers anzunähern, dann ist es schwieriger als das Deutsche. Die Gründe dafür darzulegen, würde den Rahmen dieser Diskussion wohl sprengen. Ich sage daher nur, daß es auf mehreren Ebenen der Sprachbeschreibung im Englischen erhebliche Hürden gibt.