Gnade vor Recht
15.01.12, 13:12:27
Fundevogel
Wikipedia:
„Vergebung (alternativ „Verzeihung“) ist ein Schlüsselbegriff des Christentums und bezeichnet die Annahme von bekundeter Reue. Eine besondere, offizielle Art und Weise der Vergebung ist die Begnadigung.“
„Großmut als Fähigkeit zur Bereitschaft von Vergebung gilt seit der Antike als Tugend von Herrschern und wird heute als ein Merkmal fortgeschrittener Zivilisation gesehen. Viele Verfassungsordnungen sehen die Möglichkeit der Begnadigung von Tätern vor. Diese gilt nicht als subjektives Recht des Täters, sondern als Privileg des Souveräns.“
Ich verstehe das so, dass die „einfache“ Vergebung“ eines Reueaktes bedarf, während die Gnade ein einseitiges großzügiges souveränes Geschenk ist, das sich von einem Tatbegriff loszulösen vermag.
„Das Gegenteil von Gnade ist die Ungnade, aufgefasst als willkürliche Strafe oder Gnadenlosigkeit, eine ungerechte, willkürliche Behandlung. In Ungnade zu fallen war an Höfen ein einschneidendes Missgeschick.“
„Ein weiterer Gegensatz zur Gnade sind das Recht, die Rechtsstaatlichkeit sowie gesetzesmäßiges Handeln und Behandeln, das nicht willkürlich-gnädig oder von herrschaftlichen Gnaden ist.“
Folgerichtig befindet sich die Gnade außerhalb des Recht-Habens und Recht-Bekommens, ist für mein Dafürhalten kein Gegensatz zu Recht sondern eine Erhöhung menschlicher Möglichkeiten, an Angelegenheiten des täglichen Miteinanders heran zu gehen, auch daran zu erkennen, dass Gnade vor irdischen Instanzen nicht eingeklagt werden kann.
Ist Gnade eine „Ungerechtigkeit“, die unsere Welt ungemein bereichern kann? Wie sehen Autisten das?
15.01.12, 13:19:16
55555
Gnade wozu? Ist nicht die Zukunftsprognose entscheidend?
15.01.12, 13:28:05
Fundevogel
Gnade als Möglichkeit der Erweiterung der eigenen Persönlichkeit, dem Erkennen der eigenen Souveränität und damit der Eröffnung einer Zukunftsprognose, die weiter gespannt ist? Weg vom Kochen am eigenen Herd hin zu den Lagerfeuern dieser Welt?
15.01.12, 13:44:18
55555
Ich verstehe nicht, worauf es hinausgehen soll. Nochmal die Frage: Gnade wozu? Welcher Zustand soll bei Autisten durch Gnade überwunden werden?
15.01.12, 17:16:55
wolfskind
In etwa so: ich bin gnädig und hasse nicht die die mir schlimmes antaten
sondern sehe darin eine möglichkeit an mir selbst zu wachsen ?
soll man das beziehen auf Autisten denen leid zugefügt wurde,
dass diese gnädig sein könnten um sich selbst zu befreien?
oder Gnade im sinne von, die fehler der NA akzeptieren
um be-hinderung nicht noch weiter auszubauen?
vielleicht könnten auch NA auch gnädig sein und aufhören zu be-hindern?
gnade dann im sinne von, anders sein neu zu betrachten?
15.01.12, 17:24:28
Fundevogel
Ich formulierte die Frage nicht mit einer ganz bestimmten Zielsetzung und stellte sie deshalb zur Debatte.
Gnade kann in einem persönlichen Konflikt (wie auch im Forum immer wieder welche geschehen) Versöhnlichkeit herbei führen, ohne dass es wichtig ist, wer denn nun im Recht ist oder nicht.
Gnade kann in der alltäglichen Lebensführung eine persönliche Entspannung herbei führen, wenn man sich zu sehr darin verbissen hat, Gerechtigkeit erfahren zu müssen.
Gnade kann als Wort "in den Ring geworfen" das Denken und Fühlen ausdehnen und den Menschen über sich hinaus wachsen lassen.
Ohne das Einlassen auf Gnade gibt es nach meiner Meinung keine erhebende Zukunftsprognose.
Religiöse Menschen erleben sich in ihr als von Gott Beschenkte.
Sendung von Schuschu, die hierzu auch passt:
http://bewusst.tv/2012/01/sprache/
15.01.12, 17:39:41
wolfskind
aber heißt es nicht auch, dass nach dem maß, nach dem man selbst misst
einem auch zuteil wird? wer ist dann mit den gnädigen, gnädig?
15.01.12, 18:01:44
Fundevogel
Wenn im praktischen Fall "das Maß" bedeuten würde, auf Recht oder "sein" Recht zu bestehen, ohne Gnade walten zu lassen, so könnte man wks Frage so verstehen, dass wir nach dem Tod unseres Körpers mit dem "Durchschnitts-Rechtsmaß" gemessen werden, während derjenige, der Gnade walten ließ, auch Gnade erfahren wird.
Wenn aber Gott eine andere Gerechtigkeit hat, als wir Menschen sie verstehen, kann angenommen werden, dass bei Gott auch auf eine Gnade zu hoffen ist, die weit über das hinaus geht, was wir als Gnade begreifen können.
Der nichtreligiöse Mensch kann die Gnade als Tugend ausüben. Gnade ist niemandem verwehrt.
15.01.12, 18:07:48
55555
Mir ist nich immer nicht klar, worum es gehen soll. Vielleicht gehst du von emotionalen Befindlichkeiten aus, die mir allgemein fremd sind?
Gnade kann in einem persönlichen Konflikt (wie auch im Forum immer wieder welche geschehen) Versöhnlichkeit herbei führen, ohne dass es wichtig ist, wer denn nun im Recht ist oder nicht.
Und wie könnte das z.B. aussehen? Tolerierter Bruch der Forenregeln als "Gnade" z.B.? Wer ist dann mit denen gnädig, die durch die Forenregeln geschützt werden?
Zitat:
Gnade kann in der alltäglichen Lebensführung eine persönliche Entspannung herbei führen, wenn man sich zu sehr darin verbissen hat, Gerechtigkeit erfahren zu müssen.
Gnade ist sicherlich etwas, das Gerechtigkeit gewissermaßen zu einer höheren Gerechtigkeit überlagert. Die christliche Theologie kennt Gnade als ein zentrales Thema. Erlösung von der Sündenschuld ist Gnade, die gewährt werden kann, wenn jemand sich Gott (der Liebe ist) zur Gnade auf Gedeih und Verderb hingibt.
Zitat:
Ohne das Einlassen auf Gnade gibt es nach meiner Meinung keine erhebende Zukunftsprognose.
Häh?
15.01.12, 18:22:12
Hans
Ich verstehe den ganzen "Fred" nicht.
15.01.12, 21:01:22
drvaust
Für mich gibt es drei Arten von Gnade oder Begnadigung.
1. Der Schuldige ist nach dem Gesetz schuldig und ist nach dem Gesetz zu bestrafen. Aber er hatte irgendwie Pech, das Gesetz ist für ihn ungünstig, die Strafe wäre nicht richtig gerecht. Dann sollte aus Gnade das Gesetz nicht so hart umgesetzt werden.
2. Es gibt irgendeinen besonderen Anlaß, deshalb werden, zur Feier des Anlasses und zur Feier des Herrschers, einige Straftäter begnadigt.
3. Jemand ist schuldig, aber es ist nicht so schlimm und man will sich nicht mit der Bestrafung abmühen. Dann wird zwar verurteilt, aber nicht bestraft, also begnadigt.
Im religiösen Bereich wird unter Gnade oft eine vollständige Vergebung (der Täter wird wieder unschuldig) verstanden.
Aber praktisch ist eine Begnadigung meistens mit einer weiterbestehenden Verurteilung verbunden. Der Täter bleibt ein verurteilter Täter, nur die Strafe wird nicht vollzogen.
16.01.12, 14:01:36
Bicycle
Wenn eine andere Person die Absicht hat mich anzugreifen, sei es mit Worten oder körperlich, dann habe ich die Wahl, ob ich mich angegriffen fühl oder nicht.
Wenn ich mich davon angegriffen fühl, dann erforsche ich das Gefühl, solange bis es behoben ist.
Angegriffenheit setzt einen wunden Punkt voraus, der ist in meinen Augen aber nicht zielführend ihn bei zu behalten. Somit erforsche ich das und beseitige den wunden Punkt.
Die andere Person hat in meinen Augen folglich nichts damit zu tun, ob ich vergebe oder nicht. Sondern ob ich mit mir selbst im Reinen bin oder nicht.
Eine andere Person kann sich immer noch schuldig fühlen, obwohl ich es für mich schon längst abgehakt hab.
Genauso wie sich eine andere Person immer noch nach einer Strafe schuldig fühlen kann.
Gesetze dienen in meinen Augen nur einer scheinbaren Gleichberechtigung zum Vorteil mancher Menschen.
Da bin ich eher ein Fan von Anarchie. Nicht zu verwechseln mit Anomie.
Genauso wie vergeben nicht mit vergessen zu verwechseln ist.
Vergeben heißt in meinen Augen, dass man emotional damit abgeschlossen hat.
Vergeben könnte man vielleicht auch als "neutralisieren" bezeichnen.
Vergessen hingegen könnte man vielleicht auch als "verdrängen" bezeichnen, zumindest in diesen Zusammenhang.
Somit ist der Tätet immer noch Täter, wenn er jemanden mit Absicht angegriffen hat, aber nicht gleich schuldig.
Ich glaub ich mein damit das gleiche, was drvaust bereits in sein letzten Absatz beschrieben hat.
Ich hoffe ich hab den Thread jetzt nicht total missverstanden und mein Beitrag teilt folglich etwas zum Thema bei. Wenn nicht, dann einfach überlesen oder das raus picken, was für's Thema zu gebrauchen ist.