Frühkindlicher Essensverzicht
01.12.11, 13:12:43
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Zitat:
Mehr als jedes zehnte Kind entwickelt in den ersten Lebensmonaten eine ausgeprägte Essstörung, die sogenannte Fütterstörung, eine frühkindliche Regulationsstörung. Doch dafür ist Klara zu alt. Mit drei Jahren befindet sie sich in der sogenannten Trotzphase, in der Kleinkinder ihre Grenzen ausloten. "Ein Kind kommt zwar mit eigenem Charakter und Temperament auf die Welt, aber es weiß nicht, wie die anderen Menschen auf sein jeweiliges Verhalten reagieren und muss sich ausprobieren", sagt Kinderpsychiaterin Rohde.
Essensverweigerung gehört zur Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes, heißt es in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie. Oft geht es bei Nahrungsverweigerung um kindliche Autonomie. Das Kind will seine Selbständigkeit behaupten. Das Schlachtfeld für die Machtkämpfe ist der Esstisch.
Klaras Mutter musste sich in der Klinik beim Essen mit der Tochter filmen lassen, so können Ärzte sehen, was sich am Tisch abspielt. Anschließend wurde das Video gemeinsam analysiert. Ein schmerzhafter Moment. "Ich habe alles falsch gemacht, es war beschämend für mich als Mutter."
Ein Gefühl, das Eltern der Psychologin Rohde oft schildern. Die Aufzeichnung sei wichtig, damit sich die Erwachsenen aus der Distanz sehen. "Essstörungen haben viel mit Interaktion zu tun", so Rohde. Eine Mutter habe beispielsweise ständig auf ihren Sohn eingeredet beim Essen, so dass der nur zuhörte anstatt zu essen. Manche Eltern versuchen, das Kind mit Spielzeug zum Essen zu bringen. Ebenfalls ein fataler Fehler, sagt Rohde. "Es ist schwer, so etwas wieder abzuerziehen."
Klaras Mutter, so dokumentiert es der Film auf erschütternde Weise, flehte regelrecht. Doch Klaras Wille, sie zu besiegen, schien größer als der Trieb zum Überleben. Keinen einzigen Bissen schluckte die Dreijährige während der Videoaufnahme.
Die Kamera zeigt: Klaras Mutter wird von ihrer Angst gelenkt. Man sieht sie angespannt, die Haltung regelrecht verkrampft, die Stirn von Sorgenfalten durchzogen, den Mund verkniffen, die Stimme überdreht. "Hätten Sie bei so einem Anblick Appetit?", fragt die 44-Jährige selbstkritisch.
Quelle
03.12.11, 22:26:17
PvdL
Ich kann dazu nur sagen, daß ich immer gerne neue Speisen probiert habe. Ich wurde allerdings auch nie von meiner Mutter zu irgend etwas genötigt. Mein Bruder war immer sehr zurückhaltend, bekam dieses aber nie vorgeworfen. Außerdem scheint es mir ein zu Klärendes, ob bestimmte Zusatzstoffe bei der Verweigerung eine Rolle spielen. Sind es vielleicht Speisen mit bestimmten Zuckerstoffen oder Geschmacksverstärkern? Gibt es dazu Untersuchungen? Wie reagieren die Eltern? "Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!" oder "Mein Kind darf essen was es will."? Ich vertraue jedenfalls eher einem Kinde als einem Kinderpsychologen, wenn es darum geht bestimmte Verhaltensweisen zu verstehen. Und auch in diesem Falle bin ich überzeugt, daß ein Kind ganz ohne Grund bestimmt nicht irgend etwas verweigert. Es gilt, gewissenhaft die Gesamtsituation zu erforschen.
16.12.11, 22:06:11
Gast
Viele Kinder mögen Spinat nicht. Sie verweigern das Essen. Der Grund dafür ist nicht Trotz oder irgendeine Essstörung. Der Grund dafür ist, dass im Spinat Bitterstoffe enthalten sind, die Kinder schmecken können. Spinat schmeckt für sie bitter. Sie schmecken anders als Erwachsene. Sie schmecken besser. Es hat also einen klaren Grund, warum Kinder nicht immer alles essen wollen. Sie schmecken es, dass es ihnen nicht schmeckt.
16.12.11, 23:57:44
PvdL
Es ist ein sehr zweckmäßiges, instinktives Verhalten, bitter schmeckende Speisen zu verweigern, weil viele in der Natur vorkommende Giftpflanzen bitter schmecken. Gleichwohl habe ich schon als Kind Spinat immer ganz gerne gegessen. Vielleicht ist es aber auch der Blub frischer Sahne, der den Unterschied macht. ;-D
17.12.11, 03:54:52
Hans
Ich mochte auch keinen Salat, das lag aber daran,
daß er bei uns mit Essig und Öl angemischt wurde.
Ich hatte, nach dem ich den Salat gegessen hatte, immer Bauchweh.
Meine Mutter war seit Kriegsende sparsam und verwendete Essigessenz mit Wasser.
Als ich einmal wo anders Salat mit Barbeque-Soße bekam, war ich entzückt.
Kein Bauchweh, Salat macht Spaß !
Ich habe meine Schwester dort hin mit genommen um ihr das zu zeigen.
Sie war gar nicht so überrascht, sie kannte so was schon.
Wie ich aber mit ihr mit meiner Mutter sprach,
um so vielleicht eine Änderung der Zubereitung zu erreichen,
war es meine Mutter, die wie in einer Trotzreaktion den nächsten Salat
mit Rahm und Zitronensaft zubereitete.
Das gab Bauchweh ...
Ihr Kommentar war: "Das ist jetzt klassisch !"
Der zweite Kommentar, etwas leiser: "So amerikanische Bräuche führen wir in meiner Küche nicht ein !"
So kann es sein, daß wegen einer "politischen" Einstellung
ein "armes" Autistenkind weiterhin leiden muß.
Später lernte ich bei meiner Freundin auch noch Balsamico kennen,
toll, auch kein Bauchweh,
was es alles gibt !
17.12.11, 18:58:21
wolfskind
ich habe mein ganzes essen zermatscht mit der gabel.
und dann in bestimmten anordnungen auf dem teller zurecht geschoben,
wenn man mich dabei störte, aß ich gar nicht.
18.12.11, 03:06:49
PvdL
Die Geschichte mit dem Salat habe ich in abgemilderter Form auch so gehabt. Außer meinem Vater mochten wir alle lieber eine Salatsoße auf Joghurt-Basis (französisches Dressing?), die aber nur gemacht werden durfte, wenn mein Vater nicht an der entsprechenden Mahlzeit teilnehmen konnte, weil er dieses Dressing nicht mochte. Er mochte nur meiner Mutter Variante des italienischen Dressings (d.h. "Essig und Öl") und das hatten alle hin zu nehmen. Gleichzeitig wurde es aber kritisch kommentiert, wenn mein Bruder oder ich nur einen Pflichtteil des Salates verzehrten. Mein Bruder paßte sich geschmacklich irgendwann an. Ich bin zum Joghurt-Dressing zurück gekehrt, sobald ich es konnte.
18.12.11, 09:15:31
drvaust
Ich esse vieles nicht, z.B. Fisch, Fleisch (aber Salami und einige Wurstsorten) und alles Saure. Aber ich bin auch für Neues aufgeschlossen, jedoch manchmal nur einmal kosten.
Essig kommt mir nicht ins Essen. Salat mit Essig niemals, höchstens etwas Zitrone, wenn viel Zucker dran ist. Eigentlich esse ich nur selten Salat, nur bittere Arten, mit Zucker und Salz.
Mein Essen habe ich immer sortiert, ein Essengemisch wird erst sortiert.
Pommes Frites mit Currywurst (mit richtiger Currysoße, kein Ketchup) esse ich gerne, aber Pommes und Wurst getrennt, verschiedene Schalen, Pommes ohne alles.
Bei Kartoffelsuppe mit Wurst (ganze Wurst) hole ich die Wurst heraus, putze sie mit der Papierserviette und nehme sie extra.
Eintopf esse ich nur dann gerne, wenn ich ihn selber gemacht habe.
Ich war schon als Kind beim Essen sehr wählerisch. Ich habe mir nichts aufzwingen lassen. Da hatte ich den Trick gelernt, das Essen durchkauen und dann neben den Teller spucken, da vergeht denen die Lust, mir etwas aufzuzwingen. Ich habe manchmal lieber gehungert, bin aber nicht verhungert.
Jetzt macht mir höchstens der Arzt Essen-Vorschriften.
Zitat:
Klaras Mutter musste sich in der Klinik beim Essen mit der Tochter filmen lassen, so können Ärzte sehen, was sich am Tisch abspielt. Anschließend wurde das Video gemeinsam analysiert. Ein schmerzhafter Moment. ...
Das scheint häufig so zu sein, betriebsblind und Routine. Man sollte sich immer wieder hinterfragen und auch die Meinung von Außenstehenden beachten.
21.12.11, 14:33:50
starke Dame
Das mit dem Essensverzicht ist ja nur wenn andere dazu übergehen eine Anpassung zu erzwingen.
Wenn ich einen Eintopf mache gibt es dazu Brötchen, mein Sohn muss also den Eintopf nicht essen, sondern kann sogar auf sein Brötchen Butter und Marmelade schmieren und verspeisen.
Das gleiche geht zum Salat, einfach Brötchen dazu reichen.
Es gibt so viele Dinge, die er ißt, dass sind zwar streng genommen wenige Nahrungsmittel, doch etwas objektiv betrachtet doch mit einer Vielzahl von Nahrungsmittel kombinierbar.
Er ißt gerne Chips und Nachos, na - dazu kann ich doch Dips machen, fällt er am Tisch nicht weiter auf.
Er ißt gerne Pommes, es ist egal welches Gemüse und Fleisch ich dazu gebe, er kann, muss ja nicht das andere essen.
Er ißt gerne Calamaris, na egal, dann ißt er sie halt und lässt die Beialgen weg.
Ob jetzt Nudeln mit oder ohne Sauce gegessen werden, ist doch eigentlich egal.
Und wenn man den Tisch so deckt, mit vielen Schüsseln und jeder darf sich gemäß seines "gusto" bedienen, ist es ein familiäres Wirrwarr von hin- und herschiebenden Schüsseln, Tellerklappern und Essen.
Wen interessiert es da, das ein autistisches Kind am Tisch sitzt und glücklich seinen Teller anschaut und die selbstaufgefüllten Dinge verspeist?
Ich denke, man sollte immer, wenn man das Essen für die Familie zubereitet, jeden berücksichtigen. Wenn ich Besuch hab und die von sich geben, es wird gegessen was auf den Tisch kommt, das gäb es bei mir nicht, schiebe ich Weinbergschnecken und Baguettes in den Ofen. Die liebt meine Tochter und mein Sohn ißt Baguettes sehr gerne mit Knoblauchbutter. Der Besucher muss sich dann wohl beherrschen, doch dann könnte ich ja sagen, es wird gegessen was auf dem Tisch kommt.
Komisch, dass dann keiner auf die Idee kommt, dass Weinbergschnecken, Muscheln oder Calamares auch zu den Nahrungsmitteln gehören könnten.
Bei uns dürfen die Kinder auch aufstehen und müssen nicht warten bis alle fertig sind, genauso ist es ok, wenn mein Sohn lieber einen großen Spiegel aufstellt und sich selber beim essen zusieht als uns dabei zu beobachten.
Und ich muss sagen, ich thematisiere das Essen schon lange nicht mehr. Wenn er keinen Hunger hat, ist es egal. Wir bereiten 3 Haupmahlzeiten und 2 Snacks am Tag zu. Meistens klappt auf jeden Fall Frühstück, Snacks und Abendbrot. Mittag gibt es im KiGa und da kann es schon einmal passieren, dass er lieber hungert und zu Hause was ißt. Doch da steht ja dann schon ein Snack bereit und wenn er mir das Waffeleisen gibt, weiß ich, die hatten Suppe und back ihm direkt Waffeln für den großen Hunger.
21.12.11, 20:43:43
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Er ißt gerne Calamaris, na egal, dann ißt er sie halt und lässt die Beialgen weg.
Dabei sind die Beialgen doch das Beste. ;)
21.12.11, 22:41:19
Leyla
Also ich verschmähe auch kein Essen. Bin Nummer 4 von 6 Kindern. Mittlerweile alle flügge. Aber bei uns gab es nie feste Zeiten um Essen. Meine Mutter hat einmal am Tag irgendwas gemacht und davon haben dann alle was genommen wenn Sie Hunger hatten. Nur im Winter wenn wir alle Zuhause hockten haben wir auch öfters mal zusammen gegessen.
Das war aber nicht schlimm. Im Gegenteil, wir waren alle ziemlich essens verwöhnt. Meine Mutter konnte toll Kochen. Und es war immer reichlich für alle da. Und wenn mal jemand lieber ne Wurst gegessen hat, hat auch kein Hahn danach gekräht. Wir haben uns aus "Essen" nie etwas rituelles gemacht. Ja es war schon so nebensächlich, das es uns Spass machte uns mal zusammenzutun um gemeinsam den Gefrierschrank voll zu machen ( Tortellini, Lahmacun, Gefüllte Getreidebälle etc. eben Essen das aufwendig herustellen ist ). Wir haben auch unser Fleisch selbst geschlachtet. Alle paar Monate gingen wir zum Bauern am Deich und holten uns ein Lamm. Ich habe schon als Kind alles mitgemacht. Vom Gang zum Bauern bis hin zum "in der Küche alles in geeignete Portionen verpacken und einfrieren". Ich habe auch schon Gehirn gegessen und mitgeholfen die Gedärme zu reinigen. Sie haben uns schon immer reinen Wein eingeschänkt, wir wussten immer, Fleisch ist totes Tier, aber es war ok, das ist Natur, wir sind Natur.
Ich kann mich an eine Nachbarin von uns erinnern die Ihre Tochter immer zu uns geschickt hat, weil diese Zuhause nix essen wollte. Sobald sie dann mal bei uns war hatte sich das immer Schlagartig gewandelt. Sie sagte zu mir "Leyla, wenn ich Dir beim Essen zusehe kann ich nicht anders, dann muss ich essen, ich kriege richtig Lust dazu".
Heute: ich und mein Sohn mögen das gleiche, und wenn wir uns mal ´ne Pizza bestellen, will er immer ( ohne das ihm irgendwer was reinredet ) von sich aus eine mit Brokkoli, Spinat und Sucuk.
Ich denke, das Geheimnis ist einfach, das Essen nicht wichtig zu machen. Das ist doch eh was natürliches, Du machst es doch sowieso.