Forum für

Autisten und interessierte Zeitgenossen

Auszug "Aachener Nachrichten" (Eckhard Hoog)16.09.2011 zum Start des Aachener Stadttheaters in die neue Spielzeit...

"Woyzeck" Regisseurin Bernadette Sonnenbichler:
"Mich interessiert vor allem die Frage, was das Stück mit uns heute zu tun hat", sagt sie und sieht in der Figur nicht den Schwachen oder gar Autisten, sondern einen durchaus starken Menschen, der gleichwohl ständig ins Bodenlose fällt. Getrieben in einer gnadenlosen Welt und doch stark:...

"woyzeck" ist der typische unverstandene held der modernen zeit..
er fügt sich der unterordnung und der sozialen ausgrenzung von oben..
weil er nicht anders kann.. denn nur so ist er paradoxerweise doch irgendwie noch in eine abartige gesellschaft als einfacher gefreiter integriert.. und kann darin überleben..
unverkennbar ist aber auch seine verantwortung für marie.. er sieht sich in seiner sozialen stellung nicht in der lage für marie und sein kind zu sorgen.. möchte es aber gerne.. nur reichen die finanziellen mittel nicht aus..
..dafür unterzieht er sich einer fragwürdigen studie.. bei seinem arzt.. er opfert sich.. blind und unwissentlich der folgen..
..die erbsentherapie jedoch beraubt ihm letztendes seines verstandes.. und das entgeld dafür reicht keines wegs für ein sorgenfreies leben seiner frau und seines kindes..
..zudem belastet ihn die gesellschaft damit, dass uneheliche kinder verächtet werden..
als er das in seinem verwirrtem geiste erkannte.. ist er sich seiner verantwortung zu marie weiter hin bewusst.. und entschließt sich dazu sie zu ermorden.. um ihr das zukünftige leid zu ersparen?


..es ist ein stärke die eigene lage zu erkennen.. im guten sinne für andere zu handeln.. und die verantwortung für die eigene familie zu tragen..
das gilt auch heute noch..
es ist eine stärke sich dem gegebenen zu fügen..
es ist ehrenwert eigenes leid auf sich zu nehmen um für andere sorgen zu können...
das trifft auch auf heute zu..

.. es ist auch heute noch da.. dass arme und sozial nieder-gestellte menschen zum wohle anderer ausgenutzt werden.. soweit dass diese so sehr darunter leiden.. um letztendlich auch zum morden bereit zu sein.. ?

"woyzeck" ist heutzutage genau so real wie zu damaliger zeit.. nur in einem anderem blickwinkel als da zu mal..

Ein grundlegende Unterscheidung ethischer Konzepte teilt diese in deontologische und teleologische ein. Während deontologische Ethiken vom Handlungsmotiv her die Handlung bewerten, geht man bei teleologischen Ethiken davon aus, was die Handlung tatsächlich bewirkt hat. Wenn man sich ernsthaft mit der Frage befassen will, was wahre Stärke sei, muß man sich m.E. früher oder später auch für ein Ethikkonzept entscheiden, daß entweder deontologisch oder eben teleologisch ist.

Interessant scheint mir in diesem Zusammenhang auch zu diskutieren, wie solche Fälle zu bewerten sind, bei denen die Handlung aus einer Unterlassung besteht.