Humor und Kritik: Austeilen und Einstecken-Können
23.09.06, 13:46:33
bellaria
geändert von: bellaria - 23.09.06, 13:48:46
Aus gegebenem Anlass wage ich es, die Frage zu stellen:
Können Autisten besser austeilen als einstecken?
Ich habe ursprünglich im Titel (den man nachträglich leider nicht selbst ändern kann, oder ich bin zu blöd dafür) diese Frage auf Humor bezogen, man kann sie aber auch auf Kritik ausweiten.
23.09.06, 14:01:56
Wursthans
Also ich glaube ich kann gut einstecken was Kritik und Humor angeht. Von daher würde ich es nicht so sehen, daß ich Aussagen mache, die ich selbst andersrum in vergleichbarer Weise nicht vertragen würde.
23.09.06, 14:11:20
qBert
Also bei mir ist es so, dass man mich fast garnicht wütend oder beleidigt machen kann.
Das bezieht sich aber nicht nur auf Beleidigen oder Humor auf meine Kosten.
Mich hat z.B. einer aus meiner Klasse ziemlich übel in die Wade getreten, als er beim Fußballspielen ausgerastet ist. Ich hatte nen Muskelriss und musste 4 Wochen auf Krücken gehen und konnte 3 Monate kein Sport machen. Ich hab mitlerweile auch 1000€ Schmerzensgeld bekommen, die Sache ist also geklärt...
Aber alle anderen haben mir imemr gesagt, ich soll den Typen zusammenschlagen und verklagen, aber ich hab kein bisschen dieses Rachebedürfnis. Ich bin nicht sauer auf ihn oder fühle mcih beleidigt.
23.09.06, 14:19:45
bellaria
Wenn man von einem Fehlen einer Theorie of Mind ausgeht, dann könnte das schon so nach dem Schema ablaufen:
Scherz oder Kritik am AS tut dem AS weh. Das erlebt er unmittelbar und direkt selbst, kann aber daraus nicht schließen, dass es anderen genauso geht.
Erst durch eine kognitive Zwischenleistung zwischen Impuls und Handlung (da war doch was - ach ja, anderen tut das ja auch weh, hat mir mal XY erklärt) wird das mögliche Gekränktsein eines Gegenübers antizipiert und damit vermeidbar. Vorausgesetzt, dieser Zwischenschritt findet verlässlich statt ;-)
Und dann gilt er wahrscheinlich auch nur für Dinge, die man selbst als schmerzhaft empfindet. Was jemand anderen tatsächlich kränken oder ärgern könnte, ist damit noch lange nicht vorhersehbar.
Womit wir wieder im Beleidigungs-Thread angelangt wären ;-)
23.09.06, 14:19:58
Goldloeckchen
Doch, bei mir ist es durchaus so, dass ich schlechter einstecken als austeilen kann. Einfach weil für mich meine eigenen Argumente als die logischeren zählen ohne jetzt überheblich zu werden. :D
Früher hätte ich auf Gegenargumente wohl mit Rückzug reagiert, tue ich zum Teil heute noch aber nicht weil ich beleidigt bin sondern um Kraft für die nächste Kontraversrunde auftanken zu können. Eigentlich weiß ich nicht ob ich wegen eines Gegenarguments schmolle, zum Teil vllt. Irgendwann finde ich um die Achse rotierende Konversationen ohnehin alles andere als spannend, siehe aktuellen Anlass. ;)
23.09.06, 15:03:59
arlette
ich weiss auch, dass ich besser austeilen als einstecken kann. gerade, wenn für mich was wirklich absolut logisch ist bzw ich ein gutes konstrukt dafür habe, ist es ziemlich schwer, mich zu überzeugen. auch wenn eine meiner - öhem, wohlüberlegten - wahrnehmung/überlegung zu einer person sich nicht mit der persönlichen meinung der person selber dazu deckt, muss ich deren rückmeldung zwar akzeptieren, kann es aber immer noch nicht glauben. vielleicht, weil ich mich nicht in die person reinversetzen kann? aber, was bitte, wäre dann dieses 'reinversetzten'? eine magische eigenschaft? ich hoffe, ich oute mich jetzt nicht als trottel; aber alle erklärungen und konstrukte zu 'reinversetzen', denke ich, kann man mit logik kompensieren. geht es da neben den logischen schlüssen, die ich aufgrund von sehen, hören (ggf genaues nachfragen), dies abstrahieren und zusammenbingen in ein logisches konstrukt noch 'etwas'? mir ist klar, dass jede person anhand ihrer eigenen empirischen daten ausgeht. und beleideigt sind gemäss meiner erfahrung solche leute schneller, die sich nicht genau übererlegen, wieso sie das sind.
23.09.06, 16:17:30
uppsdaneben
Können Autisten besser austeilen als einstecken?
Wann teile ich denn aus?
„Bist du dicker geworden?“ Wie sieht ein Aspie das und wie ein NT (besonders NT-Frau)? Für den Einen ist es eine Informationsbeschaffung, für den Anderen ein Angriff.
Und beim Einstecken sieht es ähnlich aus. Scherze über unsere Person können wir regelmäßig nicht ab, während der Scherzende es häufig nur als Neckerei unter Kumpels sieht.
Die Sachen, die ich austeile, kann ich auch locker einstecken, und was ich nicht einstecken kann, teile ich auch nicht aus. Doch sind die Grenzen fein und schon eine leichte Verschiebung verzerrt die Wahrnehmung.
Da Vieles von der Bewertung abhängt, halte ich die Frage für unbeantwortbar.
23.09.06, 20:46:54
Lisa M.
Ich meine auch, dass ich besser austeilen als einstecken kann. Eben aus den genannten Gründen: Was ich sage oder schreibe, erscheint mir einfach nur als logisch oder wahr und dergleichen, und wenn andere was Kritisches äußern, dann muss ich das erstmal nachvollziehbar finden, um es nicht einfach nur als Genörgel und Gepampe wahrzunehmen. In der Schriftform sind aber die Aussichten ganz gut, dass ich erstmal drüber nachdenke, bevor ich darauf reagiere. Und Rache oder langes Beleidigtsein liegen mir auch fern. Aber spontane Empörung ist bei mir leicht auszulösen und äußert sich auch heftiger als bei anderen Leuten.
Zitat:
Erst durch eine kognitive Zwischenleistung zwischen Impuls und Handlung (da war doch was - ach ja, anderen tut das ja auch weh, hat mir mal XY erklärt) wird das mögliche Gekränktsein eines Gegenübers antizipiert und damit vermeidbar. Vorausgesetzt, dieser Zwischenschritt findet verlässlich statt ;-)
Deshalb halte ich es für sinnvoll, sich immer mal wieder eine Extrarunde Nachdenken über diesen Zwischenschritt zu gönnen. Meist ist man ja eher damit beschäftigt, darüber nachzudenken, warum man im Recht ist... Aber es lässt sich schon machen, wenn man nicht aus dem Impuls heraus handeln muss, sondern Zeit zum Nachdenken hat, gezielt darüber nachzudenken, wie etwas wohl aus der Perspektive des anderen sein mag. Man kann natürlich nicht seine subjektiv empfundene Situation nachvollziehen (dazu müsste man den Kopf tauschen können), aber schon so grundlegendere Dinge wie "Wie ist es, wenn man sich ungerecht beschuldigt fühlt?" oder dergleichen. Oder sich überlegen, was der andere wissen kann und was nicht.
Solche Dinge zu antizipieren, bzw. vorherzusehen, finde ich trotzdem recht mühsam. Ich hab schon gelegentlich an einer Mail gesessen und versucht, mich zu fragen, wie sich das, was ich da schreibe, aus Sicht des Empfängers wohl anhören mag, und war nicht in der Lage, mir das vorzustellen.
Zitat:
Und dann gilt er wahrscheinlich auch nur für Dinge, die man selbst als schmerzhaft empfindet. Was jemand anderen tatsächlich kränken oder ärgern könnte, ist damit noch lange nicht vorhersehbar.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ganz normale NT's sowas können. Das würde die Verbindung von Telepathie und Präkognition voraussetzen! Aber man kann schon durch allgemeines Wissen über die Unterschiedlichkeit der Menschen logisch schlussfolgern, dass andere sich möglicherweise durch was anderes gekränkt fühlen als man selbst.
Ich hab eigentlich auch erst in den letzten Jahren angefangen, über solche Art Dinge ernsthaft nachzudenken. Der Auslöser war zum einen, dass gleich mehrere Leute kurz hintereinander behaupteten, ich hätte sie oder andere absichtlich fertigmachen wollen, wo ich gar nichts dergleichen im Sinn gehabt hatte. Erstmal war ich dann sauer, dass die Leute die Wahrheit so schlecht vertragen. Dann hab ich mal eine Freundin gefragt, ob ich wirklich "taktlos" sei, und die meinte, ja, aber man würde merken, dass ich es nicht böse meine. So eine richtige "Erleuchtung", worum es bei der ganzen Sache überhaupt geht, kam aber erst, als ich mich mal selbst vor Unbehagen geradezu wand, als meine Fehler angesprochen wurden, und ich dann gefragt wurde, ob es mir unangenehm sei, wenn man meine Fehler anspricht. Oh. Ja. Kurzer Blick auf mich selbst - so ist das also. So fühlt sich das an. Ach, das ist ja wirklich schlimm! Seitdem versuche ich, nicht mehr ganz so unbedacht durch die Gegend zu trampeln... Aber aus dem spontanen Impuls raus zu reagieren und gleichzeitig an sowas zu denken geht nicht so recht.
In Bezug auf Beleidigungen finde ich es deshalb ganz gut, sich mal klarzumachen, was diese drei Formen der Beleidigung sind, wie sowas aussieht. Es wird ja normalerweise erwartet, dass man das ohne konkrete Information einfach zu wissen hat.
23.09.06, 21:03:25
Zapfsäule
Genau, manchmal fühlt man sich richtig ertappt und reagiert dann doppelt empfindlich. Ich kenne das.
Als Du die Welt in Gut oder Böse eingeteilt hast, hat man Dir da etwas über Borderline erzählt?
Ein Borderliner kennt ja nur eine Welt der strikten Gut-Böse-Trennung, alles andere ist für ihn ein Nichts, das Angst macht. Was sich nach außen hin an als Haß oder Abwehr zeigt, sind psychischen Erhaltungsmechanismen, die nur schwer abzugewöhnen sind. Unter Verschwörungstheoretikern scheinen sich einige Borderliner zu tummeln.
:p
23.09.06, 21:46:57
FrauFachmann
Würde sagen, kommt immer drauf an von wem und so.
23.09.06, 23:33:16
bellaria
Als Du die Welt in Gut oder Böse eingeteilt hast, hat man Dir da etwas über Borderline erzählt?
Vielleicht werde ich ja langsam paranoid hier, aber ich hab das Gefühl, dass das schon wieder so eine untergriffige Diagnosezuschreibung ist, die eigentlich nicht stattfinden sollte... oder aber ich werde langsam paranoid hier ;)
23.09.06, 23:35:57
FrauFachmann
Nein, finde ich nicht. Es ist eine einfache Frage. Da steht nicht: Du hattest wohl Borderliner.