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Perspektive eines Langzeitherapeuten

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16.09.06, 13:54:19

Wursthans

geändert von: Wursthans - 16.09.06, 13:54:56

Dieser Text fungiert als Beispiel und Diskussiongrundlage und wird von mir zitiert um zu vermeiden, daß der Link irgendwann offline geht:
Zitat:
Im Falle dieser jungen Frau begann meine Arbeit für einige Besuche in der geschlossenen Station des Landeskrankenhauses. Der Umgang mit dieser Frau wurde von mir, den Eltern sowie Mitarbeitern der Station aus der direkten Tagessituation entwickelt. Auf Grund der hohen Dosen von Psychopharmaka war ein Umgang mit ihr nur an 2-3 Stunden innerhalb des Tages möglich. Nach mehreren Besuchen auf der Station wurde mir deutlich, daß eine Entlassung notwendig wurde.

Mir war klar, daß eine erfolgreiche Arbeit nur mit den Eltern zusammen gelingen würde. Glücklicherweise waren die Eltern in der Lage uns in ihrem eigenen Haus eine kleine abgeschlossene Wohnung zur Verfügung zu stellen.

In einer Initiationsphase von 6 Wochen lebte ich in einer Art Klausur mit der jungen Frau im Hause der Eltern und lernte im täglichen Umgang selbst und mit Hilfe der Eltern immer mehr Verhaltensweisen zu verstehen.

In dieser Zeit in der es darum ging, eine erste Beziehung mit der jungen Frau aufzubauen, gab es zahlreiche Situationen, in denen ich der an Schnelligkeit und Kraft sehr starken Frau so begegnete, daß ich sie mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft festhielt und sie so immer wieder blitzschnell und gezielt daran hinderte sich selbst und andere anzugreifen oder Gegenstände zu zerstören.

Solche Situationen waren auf das Äußerste für alle Beteiligten belastend und konnten sowohl tagsüber als auch in der Nacht auftreten. Nach sehr heftigen aggressiven und autoaggressiven Stadien fand die junge Frau nach und nach für sich eine Möglichkeit mit mir zu leben, mich zu akzeptieren und in mir eine Person zu sehen, die ihre Lebensbedrohungen erkannt hat und für sie bewältigen kann. Auf dieser Grundlage und vor dem Hintergrund von unserer tragenden und sicheren Beziehung, die das bedrohte Selbst vor seiner befürchteten Vernichtung schützen konnte, wurde dann von mir die Integration in unsere Einrichtung vorgenommen . Medikamente haben wir dann in Absprache mit einem Arzt reduziert. Weitere Entwicklungsschritte wie Integration in unsere Gruppe konnten nun möglich gemacht werden. Seit diesem Zeitpunkt befindet diese junge Frau in der Therapie- und Lebensgemeinschaft, wurde nicht mehr in die Psychiatrie entlassen, lebt ohne Medikamente und Fremdaggressionen mit der Gruppe zusammen. Diese junge Frau unternimmt regelmäßig Fahrten mit dem Auto, besucht mit Begleitung aus unserem Hause ihre Eltern für 2-3 Tage. Spaziergänge in der Natur und in der Stadt, sowie Besuche von öffentlichen Veranstaltungen sind möglich und finden statt.

Die junge Frau nimmt heute von sich aus verbalen, taktilen und visuellen Kontakt zu Betreuern und Gruppenmitgliedern auf. Sie äußert ihre Bedürfnisse, wenn sie für sich wichtige Wünsche erfüllt haben möchte.

Sie hilft nach Aufforderung regelmäßig bei kleineren hauswirtschaftlichen Tätigkeiten mit, wie Tisch abräumen, Tisch abputzen oder Wäsche in den Waschraum bringen und unter Anleitung in die Waschmaschine einräumen.

Innerhalb der Gruppe beschäftigt sich die juge Frau aufgrund ihrer „autistischen Verhaltensweisen“ am liebsten mit sich selbst. Kurze einfache Legespiele kann sie unter direkter Betreuung durchführen.

Sie hört heute gerne Musik und schaukelt dazu. Bei Besuchen im Schwimmbad verhält sich die junge Frau sehr ängstlich und ist kaum dazu zu bewegen sich ins Wasser zu begeben.

Quelle

Einerseits ist es wenig, andererseits sagt es schon einiges über die Perspektive auf Autisten aus.

Interessant finde ich die Passage wo die vom Therapeuten so erlebte Gewalt der Autistin gegen sich selbst von diesem in psychologisch eingeordnet wird.
17.09.06, 14:21:03

DrChaoZ

das ist in der tat sehr dürftig. es liest sich als würde der betreuer über ein computerprogramm schreiben welches er in irgend ein bestehendes system integriert. er schreibt nichts über den gemütszustand und scheint sich keine gedanken über innere beweggründe der betreuten person zu machen. bei ihm scheint lediglich die aussenwirkung der besagten jungen frau im vordergrund zu stehen. er degradiert sie entweder zu einem objekt oder er nimmt nicht wahr oder schreibt dies nicht, dass es sich bei ihr um ein lebendiges wesen handelt. bedenkenswert finde ich dass nichts über die probleme und rückschläge geschrieben wird, die der betreuer mit sicherheit erlebt hat.
17.09.06, 14:53:41

Wursthans

Wobei ich auch sagen möchte, daß sich der Ansatz dieser Wohngruppe und der Person, die sie offenbar leitet vergleichsweise gut finde, indem hier wenigstens die Person als solche in gewisser Weise ernst genommen wird. Das allerdings liegt vor allem an den Vergeichsmöglichkeiten.
 
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