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Gefühle sind instinktive Psychosen?

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16.09.06, 10:48:22

Wursthans

Neulich habe ich von einem Mädchen gelesen, das eines Tages in ihrem Elternhaus Blut die Wände herunterlaufen sah. Da die Eltern dieses nicht sahen wurde das Mädchen ärztlicherseits mit Drogen bedacht. Wenn ich überlege, daß viele Nichtautisten dazu neigen das Gefühl von Vertrauen zu einer Person zu entwickeln oder sich von einer Person in einer Weise gemocht zu fühlen, die mit dieser Person nichts zu tun hat frage ich mich, ob solche Gefühle von denen allgemein z.B. aus der Weltliteratur bekannt ist, wie schnell sie enttäuscht werden können nicht auch etwas psychotisches haben.

Nichtautisten bilden sich oft ein sie würden Verständnis für ihre Umgebung haben. Dabei zeigen sie oft die wildesten Vermutungen die wieder hauptsächlich mit ihnen selbst zu tun haben, weswegen verschiedene Menschen auch gewöhnlich verschiedenes vermuten. Ist diese Einbildung von Verständnis nicht in gewisser Weise psychotisch? Schließlich bilden sich diese Menschen etwas ein, was nicht tatsächlich nachweisbar ist.

Wenn mehr Menschen Blut von Wänden rinnen sähen würde dies vielleicht auch als normal betrachtet werden (auch wenn dies viel Zeit bindet, ähnlich wie sogenanntes Verliebtsein). Auch hier entscheidet wieder nur das Diktat der Masse über die Daseinsform die gesund und die die krank oder behindert genannt wird?

Kann ein Mensch mit solchen Gefühlspsychosen sich generell überhaupt einen freien Willen bilden, was rein juristisch dafür entscheidend ist, ob ein Vormundschaftsgericht eine Betreuung einrichten kann oder nicht? Ist ein Vormundschaftsgericht mit Personen die unter solchen Gefühlspsychosen leiden nicht zwangsläufig als befangen zu betrachten?
16.09.06, 11:04:31

Goldloeckchen

geändert von: Goldloeckchen - 16.09.06, 11:06:08

Zitat:
Wenn ich überlege, daß viele Nichtautisten dazu neigen das Gefühl von Vertrauen zu einer Person zu entwickeln oder sich von einer Person in einer Weise gemocht zu fühlen, die mit dieser Person nichts zu tun hat frage ich mich, ob solche Gefühle von denen allgemein z.B. aus der Weltliteratur bekannt ist, wie schnell sie enttäuscht werden können nicht auch etwas psychotisches haben.


Das kann auch Autisten passieren aber aus anderen Gründen. Während der Nicht-Autist sich von der äusseren Fassade einer Person blenden läßt neigen Autisten zur unsäglichen Naivität die aber den gleichen Verblendungseffekt hat. Das ist natürlich zu relativieren da es sowohl unter Nicht-Autisten wie auch unter Autisten Menschen gibt die aus den o.g. "Konstrukt" ausbrechen. Es ist übringes erwiesen, dass Verliebtheit eine kleine Psychose dar stellt aber sie hat im Gegensatz zu einer "richtigen" Psychose eine "Mission" zu erfüllen und natürlich "leiden" oder "litt" fast jeder an der Verliebtheit und das würde deine These stützen, dass etwas was kollektiv wahr genommen wird nicht mehr als Psychose definiert wird.
16.09.06, 11:16:14

bellaria

geändert von: bellaria - 16.09.06, 11:17:40

Ein mir näher bekannter Autist hat jahrelang "Liebesbeziehungen" zu ihm eigentlich unbekannten Personen in der virtuellen Welt unterhalten - wenn auch auf eher einseitige Art und Weise. Diese waren nur Projektionen seiner Wünsche und Sehnsüchte auf im Grunde fremde Personen.
Das ist ganz sicher psychotisch, steht aber nicht in Widerspruch zu Autismus.

Es erinnert mich ein wenig an Phantasiefreunde von Kindern. Ob Ihr sowas hattet und kennt, wäre wohl wieder ein neuer Thread ;)
16.09.06, 11:42:56

Wursthans

Zitat von bellaria:
Ein mir näher bekannter Autist hat jahrelang "Liebesbeziehungen" zu ihm eigentlich unbekannten Personen in der virtuellen Welt unterhalten

Ich frage mich, ob du verstanden hast was er unter einer solchen Liebesbeziehung versteht. Kannst du deine Vermutungen etwas umfassender ausführen und den von dir vermuteten Bezug zu einer Psychose herstellen?
16.09.06, 11:47:42

bellaria

geändert von: bellaria - 16.09.06, 11:51:04

Ja, ich denke schon, dass ich das verstanden habe. So gut, dass ich weiß, dass es ihm nicht recht wäre, wenn ich das im Detail öffentlich machen würde.

Der Zusammenhang zu einer Psychose - was ist daran unklar? Verliebt sein ist IMMER psychotisch - es wird davon nicht weniger psychotisch, dass man die andere Person nicht einmal persönlich kennt.
16.09.06, 12:10:37

Wursthans

Zitat von Sheila:
aber sie hat im Gegensatz zu einer "richtigen" Psychose eine "Mission" zu erfüllen

Ich sehe einen Unterschied darin, ob jemand allgemein vom Guten in seinen Mitmenschen ausgeht oder aus irgendwelchen Gründen genannte Gefühle entwickelt und in tiefer Weise als Maßgabe der Wahrnehmung erlebt wie Blut das von Wänden rinnt. Mit biologischen Notwendigkeiten kann man in manchen Fällen wie der Verliebtheit argumentieren, dies wäre somit eine "biologisch gesunde" Psychose (wieso nur eine kleine?). Dieses Prinzip kann man jedoch nicht zur Maßgabe machen wie ich finde ohne das menschliche Leben auf das Niveau biologischer Abläufe zu reduzieren, die als ökonomisch sinnvoll eingestuft werden können. Ethisch halte ich das für hochproblematisch. Zudem ist es so, daß die Maßgaben von Verliebtheitspsychosen nicht immer zum Glück der psychotischen Person führen, sondern oft in "enttäuschter Liebe" enden, was mitunter die Ursache hat, daß aufgrund solche Prozeße Partner gewählt werden, die aufgrund von Instinkten als attraktiv daherpsychotisiert werden, jedoch die menschliche Bedürfnisse einer Person enttäuschen. Somit kann in manchen Fällen davon ausgegangen werden, daß Personen durch ihre Verliebtheitspsychosen daran gehindert werden sich einen tatsächlich passenden Partner zu suchen. Somit wäre in Fällen eines solchen Verliebtheitsleidens prinzipiell eine ähnliche Indikation zur Behandlung mit Drogen gegeben wie in Fällen in denen eine Person sich stark mit Blut beschäftigt, das sie im Gegensatz zu anderen Personen von Wänden rinnen sieht.
16.09.06, 12:12:50

Wursthans

Zitat von bellaria:
Ja, ich denke schon, dass ich das verstanden habe.

Solange ich das nicht nachvollziehen kann würde ich dieses Argument von dir nicht im Sinne dieser Diskussion bewerten wollen.
16.09.06, 12:18:27

bellaria

Ohne dieses "Verliebtheitsleiden" würde sich kein Mensch einem anderen öffnen - die Angst vor Verletzung wäre zu groß. Einerseits vernebelt die Verliebtheit also den Blick auf den Partner, andererseits würde man ihn vielleicht ohne die Verliebtheit keines Blickes würdigen und ewig alleine bleiben. Was ja nicht der Sinn der Sache ist ;)

Es dürfte also biologisch sinnvoller sein, sich auch mal in ungeeignete Personen zu verlieben, als dies gar nicht zu tun.
16.09.06, 12:19:26

Lisa M.

Ich finde nicht, dass Gefühle psychotisch sind. M.E. sind sie einfach sowas wie eine innere Sinneswahrnehmung.

"Psychotisch" sind allerdings die Projektionen, die häufig solche Gefühle erst auslösen. Bei Verliebtheit projiziert man die eigenen Idealvorstellungen (oder jedenfalls Teile davon) auf die andere Person. Im Grunde sind diese Idealvorstellungen natürlich Teile von einem selbst. Es schadet aber doch erstmal nicht, so ein bisschen freundlich und glücklich verrückt zu sein, oder? :D

Der Schaden, die unangenehmen Gefühle, kommt erst durch die Erwartungen zustande, die man mit der Sache verbindet. Nun soll die Person plötzlich so sein, dass es den eigenen Projektionen entspricht, und ansonsten ist man sauer und fühlt sich getäuscht. Außerdem soll sie die Gefühle erwidern und soll einen am besten auch für das Idealbild halten, das sie immer gesucht hat. Zwangsläufig folgt auf das Verliebtsein ein Prozess der Desillusionierung, der anscheinend um so schmerzhafter ist, je fester man an seinen Illusionen und Erwartungen anhaftet. Wenn keine Beziehung zustande kommt, dann hat man den ganzen Batzen Schmerz auf einmal, kommt eine zustande, dann kriegt man ihn nach und nach. Die Summe dürfte dieselbe sein - mindestens.

Aber irgendwo in diesem traurigen Geschehen hat sich was Schönes versteckt.
16.09.06, 13:34:00

Goldloeckchen

Zitat:
Ich finde nicht, dass Gefühle psychotisch sind. M.E. sind sie einfach sowas wie eine innere Sinneswahrnehmung.

......

"Psychotisch" sind allerdings die Projektionen, die häufig solche Gefühle erst auslösen.


Genauso habe ich das doch gemeint. Verliebtheit besteht meistens aus Projektionen und genau aus diesen Gründen würde ich zunächst mal meine eigenen Emotionen in Bezug auf die Person hinter fragen bevor ich von einer "ernsthaften" Liebe ausgehe. Am einfachsten ist es die Eigenschaften der Person nach Pro und Kontra zu sortieren um neutral bewerten zu können. Hört sich steril an aber das hilft mir "Psychose" von Realität zu trennen.

Zitat:
Es schadet aber doch erstmal nicht, so ein bisschen freundlich und glücklich verrückt zu sein, oder?


Klar, an Liebe ist ja auch nichts verwerfliches solange man keinen Trugbild hinter her läuft.
16.09.06, 13:41:50

Lisa M.

Zitat:
Am einfachsten ist es die Eigenschaften der Person nach Pro und Kontra zu sortieren um neutral bewerten zu können.


Aber all das Pro und Kontra sagt dir nichts über deine Gefühle. Und eine "neutrale Bewertung" von Personen ist nicht möglich. Neutral bewerten kann man z.B. die Richtigkeit der Lösung einer Matheaufgabe, aber doch nicht andere Menschen. Und schon gar nicht ICH. Wer bin ich denn? Bin ich der liebe Gott?

Zitat:
Klar, an Liebe ist ja auch nichts verwerfliches solange man keinen Trugbild hinter her läuft.


Das ganze Leben besteht darin, Trugbildern hinterherzulaufen. Liebe ist einer der besseren Gründe dafür.
16.09.06, 13:50:24

Goldloeckchen

Zitat:
Aber all das Pro und Kontra sagt dir nichts über deine Gefühle. Und eine "neutrale Bewertung" von Personen ist nicht möglich. Neutral bewerten kann man z.B. die Richtigkeit der Lösung einer Matheaufgabe, aber doch nicht andere Menschen. Und schon gar nicht ICH. Wer bin ich denn? Bin ich der liebe Gott?


Es geht mir nicht darum einen Mann für allgemein tauglich zu befinden, bin ja nicht die Stiftung Warentest sondern einen Mann erstmal für mich selbst als geeignet zu bewerten und ob meine Gefühle für diese Person beständig bleiben könnten.
 
 
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