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Festhaltetherapie, Erfahrungen und Meinungen (Facharbeit)

original Thema anzeigen

 
13.05.10, 01:45:51

zoccoly

Mir geht es so wie drvaust, ich kann dadurch sehr schnell in Panik geraten.
Ich sehe die Festhaltetherapie als psychische Folter an.
Die Vorstellung daran ist für mich unfassbar und ich denke auch, dass Menschen dadurch gebrochen werden und irreparable Schäden erleiden.
Wenn ich an meine Tochter denke, die sich als Säugling weder von mir, noch von einem anderen in den Arm nehmen ließ, sich wehrte, schrie, immer ihren Freiraum benötigte, sie von Natur aus jeden engeren körperlichen Kontakt ablehnte, da sie ihn scheinbar nicht ertrug, dann kann ich nur erahnen, was für eine Tortour, die an eine Unerträglichkeit heran reichen muss, es für die Kinder sein muss, die sie erleiden müssen und die oftmals erst dann beendet wird, wenn sich das Kind nicht mehr wehrt und gewünschte Reaktionen ( z.B. Aufnahme des Blickkontaktes) zeigt. Abgesehen davon das zahlreiche Paragraphen dieser Handlung widersprechen frage ich mich, mit welchem Recht Eigenständigkeit gebrochen wird, um Nebensächlichkeiten zu erreichen.
Deine zweite Frage möchte ich so beantworten, natürlich besitzen A das Bedürfnis nach Geborgenheit, das muss nicht mit einem Körperkontakt einhergehen, wenn ja ist es aus meiner Erfahrung so, dass er dann vom A ausgehen muss.
13.05.10, 10:01:22

Bijoux

geändert von: Bijoux - 13.05.10, 10:04:06

Eure Ausführungen klingen schrecklich, aber im Grunde war es das was ich erwartet hatte (leider).
@horrorvren: Ist dies (die Erfahrung, die du schilderst) wärend einer Therapie gewesen? Erinnerst du dich, ob es die Festhaltetherapie war oder "nur" etwas vergleichbares?
@zoccoly: Ja, so habe ich es mir mit der Geborgenheit beim Autismus auch vorgestellt. Das Problem ist nur, dass z.B. Prekops Bücher von Fehlinterpretationen nur so überflutet werden.

-die "Kühlschrankmutter" ist Schuld am Verhalten ihrer Kinder
-ein Zwang ist eine Ersatzbefriedigung und zeigt eigentlich nur, dass das Kind gehalten werden möchte. Bis alle Zwänge abgelegt sind, fehlt dem Kind immernoch ein Stück Liebe.
-nach dem Festhalten lernt das Kind sozial zu agieren und Liebe und Zuneigung zuzulassen.

Mal eine neue Frage, um die Diskussion anzuregen (auf frühere Fragen kann auch gerne geantwortet werden): Wie ist es für einen Autisten wenn diese "Zwänge" und "Stereotypen" weggenommen werden? Was bedeuten sie für euch?
Ich habe oft von anderen Autisten gehört, dass sie Sicherheit bedeuten, und das Ausbleiben dieser in den Verlust der "Basis" (z.B. eines Tages) ausartet.

Ich bin mir übrigens bewusst, dass ich viele private Fragen stelle. Ich möchte dadurch nicht erreichen irgendwelche Vorurteile gegenüber Autisten zu bestätigen oder nachher eine solche schwarz-weiß-Meinung überall zu vertreten. Ich würde nur gerne besser verstehen können, zumindest ansatzweise, wie es ist, Autist zu sein.

Liebe Grüße
13.05.10, 11:08:46

Hans

Ich habe im Youtube Filme gesehen, wo amerikanische "Fachleute" etwas von einer "Wut" sprechen,
die gebrochen werden muß.
Als ich den Film sah bekam ich eine.
Hier ein Link:

http://www.youtube.com/watch?v=UKonPEeHZ-E&feature=related

dazu

http://www.youtube.com/watch?v=f6nhr6d9p0w

Da gibt es noch viele mehr:
(Wenn Du starke Nerven hast)

http://www.youtube.com/watch?v=FdDri7Bb8zE&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=FZg1IYoxvNo&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=D2d39D5-0a8&feature=related

Mich hat ein mal ein körperlich überlegenes Mädchen ausgiebig gekitzelt,
ich war 12 sie 15 es war im Jugendzeltlager, sie hat mich festgehalten,
bis ich in meiner Angst/Panik so umgehaut habe,
daß sie mit Schädelbasisbruch ins Krankenhaus gebracht wurde.
Ich habe in Notwehr gehandelt!

Hier noch ein netter Film von einer sehr begabten Autistin

http://www.youtube.com/watch?v=x3R8dTZDTYg&feature=related

Der erklärt woher Autismus kommt, aus dem All ;)
13.05.10, 12:48:23

haggard

Zitat von Bijoux:
Wie ist es für einen Autisten wenn diese "Zwänge" und "Stereotypen" weggenommen werden? Was bedeuten sie für euch?

der verlust von identität.
zu lernen, wenn man das ausübt, erfolgen übergriffe, die man nicht haben will. auch wenn diese dinge das natürlichste sind, kann enorme verunsicherung bestehen, wenn irgendwer einen plötzlich auffordert, genau das zu demonstrieren. was passiert dann? erfolgen wieder übergriffe? darf man sich selbst so bloßstellen, nachdem man gelernt hat, was andere menschen mit diesem beobachteten verhalten assoziieren?

im übrigen ist mir nicht klar, wie du eine neutrale facharbeit schreiben willst, wenn du hier bereits teilweise nicht neutral schreibst.
13.05.10, 15:38:40

Bijoux

@Hans: Ich bin geschockt über diese Videos. Habe mich auch sofort näher über Candace Newmaker informiert.

@azrael: Ich habe mich unverständlich ausgedrückt. Es ist eine Kritik, also folglich unmöglich vollkommen neutral. "sachlich" wäre der richtige Begriff gewesen.
13.05.10, 19:48:00

horrorvren

Zitat von Bijoux:
@horrorvren: Ist dies (die Erfahrung, die du schilderst) wärend einer Therapie gewesen? Erinnerst du dich, ob es die Festhaltetherapie war oder "nur" etwas vergleichbares?


Es war auf jeden Fall im Rahmen einer Therapie, allerdings wohl keine "richtige" Festhaltetherapie. Ich musste/sollte bei der Therapeutin auch andere Dinge machen, also irgendwelche "Spiele" oder Sachen malen usw. Die Therapeutin hat aber auch anscheinend von meinen Eltern verlangt dieses "Festhalten" bei mir zu machen, was sie dann auch getan haben. (Das haben mir jedenfalls meine Eltern erzählt. Ich selber kann mich nicht erinnern, ob es während der Therapiestunden stattgefunden hat.)

In Bezug auf die "Zwänge" und "Stereotypien" schließe ich mich azrael an. Im Übrigen finde ich an diesen sogenannten "Zwängen" nichts zwanghaftes, für mich sind sie es einfach natürlich. Zwang würde doch bedeuten, dass sie denjenigen irgendwie einschränken, oder liege ich da falsch?
13.05.10, 20:13:29

55555

geändert von: 55555 - 13.05.10, 20:13:49

NAch meinem Verständnis ist ein Zwang etwas, das eine Person eigentlich nicht tun will, sich aber emotional dazu genötigt sieht. Die übliche Definition geht zudem wohl auch von nicht unbedingt objektiven Annahmen dessen aus, was Sinn macht und was nicht. Ganz heikel wird es, wenn das Umfeld soetwas für eine Person beurteilt und dabei diese Person zu großen Teilen gar nicht versteht. So ein Unverständnis vorausgesetzt und die Gewohnheit außen vorgelassen könnte man so wohl allen Menschen Zwänge andichten.
13.05.10, 22:37:19

Fundevogel

Ich möchte in direktem Zusammenhang daran erinnern, dass früher Babys zu sogenannten "Puppen"! gewickelt wurden (Pucken, Fatschen). Bei mir wurde das auch noch gemacht. Der Körper war vollkommen unbeweglich. Wenn man Babys auf dem Wickeltisch anschaut und ihre lebhaften Körperbewegungen zu den Versuchen, sich über die Stimme zu äußern, kann man das Stillstellen eines Körpers nur als Folter betrachten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Pucken
http://www.kostuem.waszmann.de/deutsch/html/fatschen_pucken.htm

Die Befürworter sprechen von seligem Lächeln und der Gewichtszunahme der Babys.
Man muss bedenken, dass entsetzliches Leid bei vielen Menschen eine Art Dauergrinsen ins Gesicht gräbt, ein Schutz vor Wahnsinn.
Gewichtszunahme durch Enge ist aus der Schweinezucht bekannt.
13.05.10, 23:15:07

Hans

Ich habe das in einem Fernsehbeitrag über sowjetische Säuglingsstationen zum ersten mal gesehen und war entsetzt.
Die haben das hauptsächlich deswegen gemacht, damit es ruhig ist.
Es war auch irgendwie gespenstisch ruhig auf dieser Säuglingsstation.
Kein Schreien und kein lachen.
Kinder, die so fest eingewickelt sind, (fatschen kommt vom Lateinischen Bündeln)
können kaum schreien oder werden durch das Schreien schnell müde
und die Erwachsenen haben Ruhe.
Das war ganz einfach Zwangsruhigstellung.

Ich halte es für unmenschlich.
14.05.10, 19:23:24

Bijoux

Ich finde ja persönlich das eher, ähnlich wie 55555 es andeutet, das Umfeld es zu Zwängen macht. Indem Menschen das möglicherweise "ungewöhnliche" Verhalten einiger Autisten verurteilen und in ihnen Zwänge sehen, haben sie auch eine Begründung diese "Zwänge" zu therapieren.

Ich habe diese Frage gestellt, weil die Festhaltetherapie ja auch dafür sein soll Autisten von ihren "Zwängen zu befreien". Und ich kenne zwar keinen Autisten persönlich (immer nur über das Internet) aber bin der Meinung, dass, wenn es den Menschen doch gut tut und sie zufrieden dabei sind, es keinen Grund gibt, ihnen diese Sachen zu verbieten. Daher die Frage, ob ihr diese Zwänge überhaupt als negativ wahrnehmt (bzw. was sie für euch bedeuten). Und die Antwort darauf scheint ja ganz klar "nein" zu sein.
14.05.10, 20:49:49

55555

Ich halte den Begriff "Zwang" für diskriminierend. So wie auch andere Doppelbegrifflichkeiten für an sich gleiche Dinge.

Z.B. ein Türke steht in einer Straße herum und schaut: "er lungert herum"
ein Deutscher tut dasselbe: wird nicht besonders beachtet (mir fiel gerade nichts Besseres ein, ich denke es ist klar was ich meine. Ein Tier "frißt", ein Mensch "ißt".)
15.05.10, 21:30:35

Bijoux

Eine weitere Frage meinerseits:
Wenn im Laufe einer Festhaltetherapie nach Provokation und gezwungem Halten der Trost der Eltern eintritt, sobald sich das Kind beruhigt hat, könnte dieser von euch als solcher wahrgenommen werden? (für mich als NA wäre es unmöglich)

z.B. wird man irgendwann ruhig, aufgrund der Erschöpfung. Nun folgen Aussagen wie "Ich liebe dich" "Ich will nur dein Bestes" "Von nun an wird alles gut"

Würde das für euch als Trost wahrgenommen werden oder als zynisch?
Wie reagiert ein Autist im Allgemeinen auf trösten, so wie es die NAs praktizieren (gut zureden, in den Arm nehmen, streicheln, etc.)?
 
 
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