Welche beruflichen Möglichkeiten gibt es für Autisten?
25.02.10, 14:01:23
Skugga
Zitat:
andere sind es und geben das am arbeitsplatz nicht an. also wäre eine aussage diesbezüglich im grunde nutzlos.
Ich dachte das ist Pflicht?
Ich als Noch-Schüler habe vom Direktor erfahren, das auf mein Abschlusszeugnis ein Vermerk stehen wird, dass ich Autist bin, und deshalb von einigen Pflichten befreit worden bin.
25.02.10, 17:06:56
55555
geändert von: 55555 - 25.02.10, 17:12:55
Unter einem Handicap verstehe ich nicht Diskriminierungen. Haben Türken ein Handicap, weil sie wegen ihre Namens viel seltener eingestellt werden (gab neulich eine Studie, bei der man willkürlich deutsche und fremländische Namen verteilt hatte). Allgemein ist formal Recht haben und Recht bekommen zweierlei. Vieles läuft bei den NA informell und nicht nach Kriterien von Gerechtigkeit. Zivilisiertes Verhalten entsprecht wohl niocht so ihrer Veranlagung mal davon abgesehen, daß es oft eklatente Allgemeinbildungsdefizite gibt, die zur Folge haben, daß gar nicht erkannt wird wie verwerflich bestimmte Diskriminierungen oder Korruption/Mauscheleien durch sie sind.
Ich dachte das ist Pflicht?
Nein und es gibt an sich sogar das Recht bei solchen Fragen in Einstellungsgesprächen zu lügen (analog wie bei Fragen zu Schwangerschaft, da diese Fragen nicht rechtmäßig sind in dem Zusammenhang). Ausnahme: Es handelt sich um eine Beschäftigung bei der es aufgrund der Eigenschaften besondere Gefahren geben kann, was in den meisten Fällen so nicht sein dürfte bei Autisten. Das hängt auch davon ab, was so genau im Einzelfall diagnostiziert wurde.
Wegen dem Ausfall der ESH-Site gestern ist die Seite dazu im Ratgeber leider derzeit nicht abrufbar. Hoffe das ist schnell wieder behoben.
Zitat:
Ich als Noch-Schüler habe vom Direktor erfahren, das auf mein Abschlusszeugnis ein Vermerk stehen wird, dass ich Autist bin, und deshalb von einigen Pflichten befreit worden bin.
Welches Bundesland (ggf. per Mail mitteilen)? Je nach Landesrecht ist das gesetzeswidrig.
25.02.10, 18:34:55
lea7891
Davon, dass Handicap mit Diskriminierung gleichzusetzen ist, war nie die Rede. Du willst über AN's "aufklären" und ich selber weiß auch, dass diese ihre eigene Definition von Gerechtigkeit haben, doch in der Realität interessiert das keinen. Man kann hier seine Erkenntnisse über AN's posten, doch hilft das im Alltagsleben leider wenig weiter. Ich finde es natürlich gut, dass hier mehrere Leute auf meinen Thread geantwortet haben, doch habe ich das Gefühl, dass es mehr und mehr vom eigentlichen Thema abdriftet. Grundsatzdiskussionen wer von beiden Seiten sich "richtig" oder eben nicht verhält, was es für Vor- und Nachteile hat, sich zu "outen" (auch wenn ich diesen Begriff völlig unpassend finde) hatte ich bereits genug. Ich wollte einfach wissen, wo andere Betroffene arbeiten und wie sie es schaffen, dort zurechtzukommen oder ob ich wohl einfach Glück mit der Arbeitsstelle haben muss. Denn Stellen speziell für Autisten gibt es leider nicht. Ich finde das eine sehr verzwickte Lage, denn ich brauche so schleunigst wie möglich eine neue Arbeitsstelle, habe aber keine Lust, mich zu quälen indem ich mich verstelle. Es werden einfach bestimmte (vor allem soziale) Eigenschaften erwartet, die ich als Betroffene aber gar nicht haben kann. Darum finde ich es - wenn auch nicht eine rechtliche - sozusagen eine moralische Pflicht, den anderen mitzuteilen, dass bei mir Autismus diagnostiziert wurde und was das bedeutet. Und auch, dass sie sich auf meine persönlichen Aussagen dazu verlassen sollen und nicht einzig und allein auf das was von den Medien verbreitet wird.
Wie es in einer von Autisten dominierten Gesellschaft wäre, ist spekulativ und hier und jetzt eben nicht der Fall. Darum muss man sehen, wie man in der Welt der AN's zurechtkommt, doch genau das will mir nicht gelingen.
25.02.10, 19:00:21
zoccoly
Ich wollte einfach wissen, wo andere Betroffene arbeiten und wie sie es schaffen, dort zurechtzukommen
Ich arbeite als Lehrerin und wenn die Klassenraumtür zu ist, kann ich mein eigenes Konzept verfolgen, meine eigenen Unterrichtsmethoden anwenden. Auch habe ich das Glück gehabt, einen eigenen Fachbereich nach meinem Konzept aufbauen zu können. Da ich noch in anderen Fächern unterrichte, fällt es mir schwer, andere Strukturen zu akzeptieren. Generell denke ich, dass man auch als A äußerst leistungsfähig ist, wenn man sich seinen eigenen, separaten Bereich geschaffen hat und dort nach eigenem Konzept arbeiten kann.
Mit Sicherheit ist es in der freien Wirtschaft schwer solch eine Stelle, die diesen Anforderungen entspricht, zu finden. Ich denke aber, wenn ein Chef von der Leistung seines Mitarbeiters überzeugt ist, lassen sich diese Rahmenbedingungen realisieren, da er davon profitiert.
Diese Erfahrung machte auch mein Sohn. (Arbeitsgebiet:Programmierung)
Ich denke es ist nicht davon abhängig was man gelernt hat, sondern davon, ob man seine Nische findet, in der man alleine arbeiten kann.
25.02.10, 21:30:19
horizont
Du kannst aber auch erst ein mal gegen das Zeugnis vorgehen und von deinem ehemaligen Arbeitgeber eine Korrektur verlangen.
"Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Zeugnisses nicht einverstanden ist ?
Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall gegenüber seinem Arbeitgeber einen Zeugnisberichtigungsanspruch inne haben, welcher er vor den Arbeitsgerichten gerichtlich durchsetzen kann. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses mit einem bestimmten von ihm gewünschten Wortlaut hat. Dem Arbeitgeber steht hinsichtlich der Formulierung ein Beurteilungsspielraum zu, welchen er nach pflichtgemäßen Ermessen auszufüllen hat.
Die Erfolgsaussichten der Klage hängen in besonderem Maße davon ab, inwieweit die Parteien der ihnen obliegenden Darlegungs- und Beweislast genügen können. Ganz allgemein kann ausgeführt werden, dass im Leistungsbereich bei einer unterdurchschnittlichen Beurteilung (Note 4 oder 5) der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig dahingehend ist, dass die von ihm vorgenommene Beurteilung des Arbeitnehmers den Tatsachen entspricht. Beansprucht der Arbeitnehmer hingegen die Verbesserung eines durchschnittlichen Zeugnisses (Note 1 oder 2), so hat er die diesem Anspruch zugrundeliegenden Tatsachen schlüssig darzulegen, welche sodann von dem Arbeitgeber durch entsprechende Darlegung und Beweisführung erschüttert werden können. Der Anspruch auf Erteilung einer "Bestleistung" führt zu der vollen Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers. Vor Einreichung der Klage ist daher eine differenzierte Prüfung der Sach- und Rechtslage im Einzelfall erforderlich, um die Gefahr einer Klageabweisung auszuräumen."
Ich würde erst einmal direkt mit dem Arbeitgeber sprechen bzw. ein Schreiben an ihn senden und mich auf den § 109 GewO beziehen.
"Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben mir am DATUM ein Zeugnis zugesandt. Dieses Zeugnis entspricht nicht den gesetzlichen Ansprüchen eines ordnungsgemäßen, wohlwollenden Zeugnisses gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO).
Nach dieser Vorschrift kann ich verlangen, dass mir ein auf Leistung und Verhalten erstrecktes Zeugnis erteilt wird. Das Zeugnis muss dabei genaue und zuverlässige Angaben über die tatsächlich verrichtete Tätigkeit enthalten und die Leistungen durch eine wahrheitsgemäße, nach sachlichen Maßstäben ausgerichtete und nachprüfbare Gesamtbewertung beschreiben. Es darf nichts Falsches enthalten und nichts auslassen. Das Zeugnis muss zudem in sich schlüssig sein. Die einzelnen Abschnitte müssen aufeinander abgestimmt sein und dürfen keine Widersprüche enthalten.
Dies ist bei dem Zeugnis vom DATUM nicht der Fall, wie eine Überprüfung anhand der umfangreichen Literatur und Rechtsprechung zum Zeugnisrecht ergeben hat.
Ich habe Sie daher aufzufordern, mir bis spätestens zum DATUM ein Zeugnis zu erteilen, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Eine überarbeitete Zeugnisfassung füge ich ebenfalls als Anlage bei.
Sollte die Frist fruchtlos verstreichen, sehe ich keine andere Möglichkeit, als meinen berechtigten Anspruch gerichtlich durchzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen UNTERSCHRIFT"
Desweiteren steht die Frage der Diskriminierung und des besonderen Kündigungsschutzes. Hast du eine Diagnose und bist du im Besitz des Schwerbindertenausweises.?
Denn dann gelten die § 68 bis 92 und fortfolgend SGB IX.
26.02.10, 01:24:39
Fundevogel
Nach meiner Erfahrung sind den Arbeitsagenturen im ländlichen Bereich die Betriebs- und Verwaltungsverhältnisse vor Ort gut bekannt. Es gibt Unternehmen, in denen aus religiöser, weltanschaulicher oder persönlich betreffender Sicht gezielt Menschen mit anderen Schwerpunkten eingestellt werden.
Du kannst auch bei großen Unternehmen nachfragen, ob sie über Heimarbeitsplätze verfügen (Post...)
Nach deinen Schilderungen könnte ich mir vorstellen, dass Arbeit in Stadt- oder Behördenarchiven interessant wäre.
Du solltest dir klar darüber sein, ob es dir Freude bereiten würde, in deinem Beruf weiter zu arbeiten oder du lieber umschulen würdest.
Forthebeautyoftheearth
26.02.10, 13:21:38
55555
Mir ist klar, daß du dich beruflich wohl in einer Situation befindest, die dich stark beschäftigt, weswegen du darauf fixiert bist. Ich antworte dennoch auf diesen Aspekt, um den es dir hier nicht direkt ging, weil ich ihn sehr wichtig finde, wichtiger als Geldfragen und Beruf.
Ich meine damit nicht, dass ich schlechter oder gar falsch bin, sondern tatsächlich bestimmte Schwierigkeiten habe.
Ich auch.
Zitat:
Ist es Diskriminierung, wenn ein Rollstuhlfahrer nicht bei einem Marathon mitlaufen kann und seine Lähmung entsprechend als Handicap bezeichnet?
Hierbei handelt es sich um eine in den meisten Fällen als Freizeitbeschäftigung oder Unterhaltung angesehene Sportveranstaltung. Sie hat allgemeingesellschaftlich so wie ich es einschätze keinen besonderen Stellenwert, jedoch bei einzelnen Subgruppen. Völlig unwichtig ist sie für Massenmedien auch nicht.
Sportwettbewerbe sind ganz allgemein und fix zu einem großen Teil eine archaische Begebenheit, die oft als zivile Form des Krieges betrachtet wird und offenbar diesbezüglich ein Grundbedürfnis vieler Menschen nach derartigen Themen stillt.
Insofern ist jeder Sportwettbewerb sowieso zu großen Teilen diskriminierend. Diskriminierend deswegen, weil strukturell manche Menschen zufällig oder sonstwie selektiv im Sinne des Systems bevorzugt werden (da könnte man jetzt halt streiten zu welchem Teil ein Sportler durch eigene Leistung die entsprechenden Ergebnisse herbeiführt).
Gesellschaftliche Formen werden gestaltet und sind nicht zwangsläufig so, wie sie sind. Stellen wir uns vor wir würden in einer autistisch dominierten Gesellschaft leben und in deiner Bibliothek würden fast nur solche tätig sein. Vielleicht würde es in den Büros extrem leise sein? NA ertragen extrem leise Räume nicht, manche flüchten schon nach kurzer Zeit panisch aus ihnen. Haben sie dann deswegen ein Handicap oder würden sie dort diskriminiert? Oder ist jede menschliche Eigenschaft sowieso automatisch ein Handicap?
26.02.10, 13:55:10
lea7891
NA ertragen extrem leise Räume nicht, manche flüchten schon nach kurzer Zeit panisch aus ihnen. Haben sie dann deswegen ein Handicap oder würden sie dort diskriminiert? Oder ist jede menschliche Eigenschaft sowieso automatisch ein Handicap?
Normalerweise würde ich sagen: Ja, in diesem Fall hätten sie tatsächlich ein Handicap, zumindest eine Eigenschaft, die ihnen in der Situation und Umgebung nicht dienlich ist, nämlich, dass sie es nicht in stillen Räumen aushalten. Unabhängig davon, ob jede menschliche Eigenschaft ein Handicap ist, kommt es auf die Umgebung an, in der man lebt, ob sie einem zum Handicap werden oder nicht.
Aber andererseits verstehe ich was du sagen willst und darum würde ich das mal so stehen lassen. Meine Sorge ist eben einfach, dass ich alles was du (durchaus korrekt) schreibst und wir als A wissen, im Berufsleben den NA's nicht so leicht klar zu machen ist, dies aber notwendig wäre.
26.02.10, 15:53:57
Coyote
geändert von: Coyote - 26.02.10, 15:56:54
Ich habe Fotolaborantin gelernt und fühlte mich in dem Beruf sehr wohl.
Viele Jahre habe ich in der Dunkelkammer verbracht. Es war immer sehr still und dunkel (nur ein kleines Rotlicht)und ich bin dort ganz allein meiner Arbeit nachgegangen. Oft war ich so vertieft, dass ich Raum und Zeit verlor. Es existierte nur meine Arbeit. Pausen, Uhrzeit oder "fremde Gedanken" (die nicht zur Arbeit gehörten) existierten nicht. Oft war sogar Feierabend ein Problem. Ich fühlte mich sauwohl.
Leider gibt es diesen Beruf nicht mehr. Dies hat aber nichts mit mir zu tun. ;)
Die Kunden, mit denen ich hin und wieder in Kontakt kam, hatten das Handycap, dass sie meine Arbeit "in Ordnung" fanden, obwohl ich noch Farbstiche erkannte.
Die Motive nahm ich kaum wahr, sondern Farbstiche oder kleine Punkte, Flecken, Fussel auf den Fotos, die die anderen Leute nicht sahen.
Hatte ich Zeit, korrigierte ich dies, filterte es raus. Hatte ich keine Zeit mehr, freute man sich trotzdem über die Bilder, was ich nicht verstehen konnte. (Mit "man" meine ich auch den Chef).
Die Handycaps der NA machten es mir nicht immer leicht.
26.02.10, 17:18:05
55555
Hier ist nun eine eventuell relevante Seite wieder von reinen Text her wieder verfügbar, wenn auch noch nicht fertig layoutet. Das gilt, wenn du beruflich auf der Behindertenschiene agieren willst. Es gibt da keine Patentlösungen, keine Wege die sicher zu universellem Erfolg führen. Zumindest kenne ich keine.
26.02.10, 20:38:19
lea7891
geändert von: [modmod] - 27.02.10, 06:02:51
Forencode korrigiert [drvaust]
Die Kunden, mit denen ich hin und wieder in Kontakt kam, hatten das Handycap, dass sie meine Arbeit "in Ordnung" fanden, obwohl ich noch Farbstiche erkannte.
Die Motive nahm ich kaum wahr, sondern Farbstiche oder kleine Punkte, Flecken, Fussel auf den Fotos, die die anderen Leute nicht sahen.
Hatte ich Zeit, korrigierte ich dies, filterte es raus. Hatte ich keine Zeit mehr, freute man sich trotzdem über die Bilder, was ich nicht verstehen konnte. (Mit "man" meine ich auch den Chef).
Die Handycaps der NA machten es mir nicht immer leicht.
Wenn der letzte Satz sarkastisch gemeint sein sollte, finde ich das unpassend. Aber so kann man es sich natürlich drehen.
26.02.10, 20:40:13
lea7891
Hier ist nun eine eventuell relevante Seite wieder von reinen Text her wieder verfügbar, wenn auch noch nicht fertig layoutet.
Danke, die ist mit Sicherheit relevant.