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neu und interessiert

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09.08.09, 21:54:59

Justme

Hallo und Guten Abend.

Ich bin neu hier und hab mir zu allerst das Lexikon durchgelesen für Na. Allerdings konnt ich mir nicht alles auf einmal merken, sollt ich also hier etwas falsch schreiben, was nicht den Regeln entspricht, dann bitte ich mich einfach drauf hinzuweisen.

Ich bin grad etwas unsicher, ich will nichts falsches schreiben. Also zu mir, ich arbeite in einer geschützten Werkstätte mit Menschen die geistige und körperliche Behinderungen haben was sich bei jedem anders darstellt natürlichweise und ich bin kein Fan vom Wort Behinderung weiß aber nicht wie ich es anders beschreiben soll.
Durch die Arbeit komme ich in Berührungen mit (blinden) Autisten. Überwiegend Kanner Syndrom wo aber zusätzlich eine geistige Behinderung vorliegt.

Jeder fängt mal an und dementsprechend, habe ich versucht mich viel einzulesen, aber Theorie und Praxis, ist auch wieder ganz was anderes und vorallem wenn jemand Tipps für qualifizierte Bücher hatte bitte schreiben !.
Nun finde ich es persönlich schade, wenn ich einen Klienten sehe der immer nur dasselbe macht, tag ein tag aus, woche für woche.. Ich bin mehr der Mensch der dann überlegt auch andere Dinge auszuprobieren. Natürlich nicht so, dass die struktur verloren geht.
Ich habe mit einem Klienten was natürlich vorab abgesprochen wird, der zum teil schon reagiert aber ganz ganz wenig, ein spiel ausprobiert. Wo man Kreise und Dreiecke, Vierecke einsetzen muss. Ich hab nur Kreise verwendet und wir haben die form nachgefahren und dann die figur und eingesetzt, das scheint ihm gefallen zu haben, er hat es absolut verstanden und hat auch mit ja geantwortet. Ich dachte mir dann einige Tage später, ob wir nicht gemeinsam etwas mit Ton machen, ich bin aber dann drauf gekommen, das ihm das nicht gefällt. Dadurch dass er sich in dem Sinne nicht bemerkbar machen kann, hab ich es nicht gleich bemerkt. Von der Gestik wurde er dann sehr nervös und unruhig worauf hin ich mir gedacht habe, ihn ganz in ruhe zu lassen dann war alles ok. Ich denke mir halt, dass es ein Anzeichen der Überforderung zum einen Teil war und ganz einfach das jeder Mensch vorlieben hat und dinge die er eben nicht mag.
Es ist aber so schwierig das zu deuten vielleicht lieg ich ja ganz falsch...

In wie weit, sollte man Abwechslung in den Alltag bringen oder alles ganz struktuiert immer dasselbe weiter verfahren ?

ich weiß dass man eine darauf bezogene antwort wenn man mich und auch die Personen nicht kennt, nicht stellen kann.

Aber ich mein es allgemein, was ist zu beachten ? was ist wichtig ?

Vielen herzliche Dank,

justme
10.08.09, 03:52:14

Gast

Hallo

Ich lese eigentlich nur beiträge in foren aber zu diesem beitrag muss ich dann doch antworten weil ich mit speziell diesem thema gut auskenne.

Ich bin selbst betroffener (asperger) und habe kürzlich meinen zivildient in einer behindertenwerkstatt abgeschlossen. Dort hatte ich auch recht viel mit autistischen Menschen zu tun (kanner + asperger) bei denen auch eine geistige Behinderung vorlag

Hier meine Tips wobei GANZ WICHTIG ist das es sich nie in erster linie um "autisten" sondern um menschen handelt das heißt jeder ist anders und desshalb kann ich auch nur sagen wie ich mich bei speziell diesen verhalten habe.




10.08.09, 04:08:19

Gast

1: Oft hilft es wenn man das/die spezille(n) interesse(n) des/der jeweiligen trifft (zb Musik, Fremdsprachen usw...), so habe ich mit einem fast nur englisch gesprochen und gelernt wohingegen ich mit dem anderen über musik unterhalten habe(soweit "unterhalten" hald möglich ist)

2: Man muss sich nicht immer neue sachen einfallen lassen, es reicht wenn man fast jeden tag das gleiche tut das gefällt ihnen meißtens

3: Wenn sie nichts mit einem tun wollen in ruhe lassen und nicht festhalten

Oft traten auch probleme beim essen auf da hilft oft ablenken durch das jeweilige spezialinteresse

könnte noch viel mehr schrieben also wenn konkrete fragen gibt antowrte ich gerne

10.08.09, 23:51:13

Coyote

Ich mag es nicht, wenn mir jemand etwas zeigen oder erklären will und dabei nah an mich herankommt. Dann mache ich oft einen Schritt zur Seite und mir wird es unangenehm.

Zu zweit gemeinsam auf einen Stadtplan schauen finde ich ganz schlimm. Da klinke ich mich aus und lasse die andere Person alleine machen … das wirkt dann so, als ob ich zu blöd bin, um da auf so einen Plan durchzusteigen. Ich mag es nicht, wenn jemand so dicht neben mir steht. Manchmal noch nicht mal bei vertrauten Personen.

Ich finde, nach Möglichkeit sollte niemand monoton arbeiten. Jedoch bin ich auch oft so, dass ich mich weigere, etwas Neues anzunehmen. Obwohl es mich interessiert und evtl. eine Verbesserung bringen würde.
Als wir damals in meiner Firma neue Geräte bekamen, habe ich mich lange Zeit geweigert, es zu bedienen, bin immer wieder zum "Alten Kasten" gelaufen, bis dieser weg war.
Hätte nicht viel gefehlt und ich hätte vor lauter Verzweiflung fast gekündigt …

Zum Töpfern hätte ich Lust, aber nur, wenn ich mein eigenes Dingsda habe und ich rüber schauen kann, wie es die anderen machen. Wenn dann einer kommen würde, um bei mir etwas zu zeigen, würde ich zurückweichen und wohl ein komischisches Gesicht ziehen. Das wirkt dann auf andere, als ob ich kein Interesse habe.
13.08.09, 19:31:03

Hans

Beim "stadtplanschauen" bin ich auch immer mehr auf lange Arme
mit der Karte und auch die anderen Punkte des Vorbeitrags erlebe ich ähnlich.
Ich hätte nur etwas emotionales hinzu zu fügen, wenn´s recht ist:

Ich krieg jetzt so ein Bisserl Gänsehaut,
wenn ich mir das detailiert vor zu stellen versuche,
von so Menschen "betreut" zu werden, die keine Ahnung haben.
Was die so alles "gut meinen" und einen damit nur "wirr" machen.
Da braucht es solche Leute, die mal nachfragen!
Deshalb mach weiter, Du machst das gut!
17.08.09, 17:29:03

Justme

Hallo.

Vielen Dank für eure Antworten. ja nachfragen ist mir sehr wichtig, aber ich bin in der hinsicht auch anders gestrickt. Nach meiner großen aber mittlerweile gut bewältigten Lebenskrise merke ich schon oft, das ich mich in manche Menschen mehr einfühlen kann, mehr verständnis und geduld habe, als ein mensch der nur aus büchern gelernt hat und ziemlichs schnell an seine Grenzen stößt.

wie es ist von einer gesellschaft stigmatisiert zu werden, davon kann ich bände sprechen..

Wie kann ich einem Menschen mit autistischer Wahrnehmung zeigen, das ich ihm auf gut deutsch nichts böses will ? Ich rede nie in lautem ton, wenn dann flüstere ich und wenn eine erblindung dazu kommt sage ich immer wer ich bin und rede leise um die Person nicht zu erschrecken. Gut wenn jemand nicht will das ich in seiner Nähe stehe, kann ich das absolut aktzeptieren nur ist das in manchen Hinsichten sehr schwierig grad wenn man den Menschen wegen seiner Blindheit führen muss. Wie kann ich da versuchen eine vertrauensbasis aufzubauen ?`Ich find das unheimlich schwierig und will auf keinen fall irgendwelche grenzen überschreiten.

Was würdet ihr euch denn wünschen ?

vielen dank - justme



17.08.09, 19:38:43

55555

Entscheidend ist aus meiner Sicht einen Autisten zu verstehen. Daß es alle möglichen Leute irgendwie gut meinen dürften nehme ich schon an, nur daß das für mich ziemlich wenig Bedeutung hat, wenn die erzeugte Wirkung schädlich ist und ich zudem dieser Person gegenüber wichtige Dinge nicht verständlich machen kann, z.B. weil diese kaum autistische Empathie besitzt. Ganz wichtig finde ich, daß ein waches uneitles Verstehenwollen zu erkennen ist. Unter eitel verstehe ich z.B. wenn eine mir doch eher unreif erscheinende Person sich selbst schonmal unheimlich dafür bewundert sich überhaupt mit diesen Behinderten abzugeben, etc.
17.08.09, 20:13:21

Justme

Zitat von 55555:
Unter eitel verstehe ich z.B. wenn eine mir doch eher unreif erscheinende Person sich selbst schonmal unheimlich dafür bewundert sich überhaupt mit diesen Behinderten abzugeben, etc.


ist das jetzt auf mich bezogen ?
17.08.09, 20:36:03

zoccoly

Zitat von “Justme“:
Was würdet ihr euch denn wünschen?


, dass man mich gleichberechtigt behandelt, nicht über mich bestimmt, mir alles erklärt, mir zwar verschiedene Angebote unterbreitet, aber ich bestimme und das wird akzeptiert, dass man mich selbst ausprobieren lässt und mir keine Lösungswege vorschreibt, dass man mit mir klar und deutlich spricht, dass man mich nicht einfach anfasst und wenn nötig (blind), mich wenigstens im Vorfeld informiert und meine Zustimmung abwartet, lieber wäre mir jedoch ein Blindenstock und ich probiere es selbst, um nur einige Aspekte zu nennen.
17.08.09, 21:01:51

feder

geändert von: feder - 17.08.09, 21:19:46

@justme: In der Schule hatten wir mal im Rahmen einer Projektwoche ein Spiel gespielt (es ging da irgendwie darum, sich gegenseitig vertrauen lernen oder so). Wir waren in Paaren, einem wurden die Augen zugebunden und einer war der Leiter, der denjenigen mit den zugebundenen Augen durch die Gegend führte. Unterschiedliche Situationen wurden da durchgeprobt (alles kommentieren was passiert (3 Stufen nach Oben, die Stufen haben ca eine Höhe von x cm), nur das gröbste kommentieren, gar nichts kommentieren). Die Variante, bei der alles kommentiert wurde, was für die geführte Person irgendwie wichtig ist, fand ich am erträglichsten. Angenehm war es nicht. Ich hätte mir damals gewünscht, dass angekündigt worden wäre, wie und wo mich der Leiter anzufassen gedenkt und er nicht einfach mal zugepackt hätte. Inwiefern sich das 1:1 auf einen Blinden übertragen lässt, weiss ich nicht.
Ansonsten schliesse ich mich zoccolys Aussage an. Blindenstock wäre mir vermutlich am Liebsten.
17.08.09, 21:22:19

Justme

das mit dem blindenstock befürworte ich absolut aber leider gibt es manche menschen die sich quer stellen. nicht zu vergessen das ich bis jetzt ausschließlich mit menschen zu tun hatte die so unereichbar sind, dass sie sich nicht mitteilen können.

aber ich bin froh, das von euch lesen zu können, das hilft mir allgemein ein ganzes stück weiter.

vielen dank.


17.08.09, 21:36:06

zoccoly

Zitat von Justme:

Ich habe mit einem Klienten was natürlich vorab abgesprochen wird, der zum teil schon reagiert aber ganz ganz wenig, ein spiel ausprobiert. Wo man Kreise und Dreiecke, Vierecke einsetzen muss. Ich hab nur Kreise verwendet und wir haben die form nachgefahren und dann die figur und eingesetzt, das scheint ihm gefallen zu haben, er hat es absolut verstanden und hat auch mit ja geantwortet.
justme


An diesem Beispiel zeigst du aber, dass eine Veständigung möglich ist, auch wenn das "ja" nicht käme.
Mit Ton wollte er am nächsten Tag oder später nicht arbeiten, vielleicht hat ihn etwas an der Kreisform fasziniert, was wir so nicht nachvollziehen können, vielleicht wollte er diese bis ins letzte Detail erfassen?

Was meinst du mit querstellen?
 
 
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