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Augenkontakt

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17.06.09, 07:40:21

Mücki

Ich lese immer wieder die Frage mit dem Augenkontakt. Mir ist aber aufgefallen, dass selbst Nicht-Autisten beim Erzählen oft woanders hinschauen. Wahrscheinlich aus demselben Grund, wie wir Autisten.
17.06.09, 09:20:07

quamquam

Ja, das ist offenbar so. Meine Biologielehrerin hatte mir letzte Woche gesagt, dass sie das von vielen Menschen kenne und deswegen auch bei mir nicht als böse aufgefasst hat. Da war ich erleichtert.
14.07.09, 19:45:20

Lena K.

Blickkontakt ist bei mir so eine Sache. in bestimmten Situationen mit mir gut bekannten Menschen kann ich problemlos einen "normalen" Blickkontakt halten. kenne ich die Person nicht oder die Situation ist für mich schwierig kommt es durchaus mal vor das ich auch bei längeren Gesprächen meinem Gesprächspartner selten oder garnicht in die Augen gucke.
Ein Tipp für alle die versuchen sich den Blickkontakt anzutrainieren: Versucht nicht euerm Gegenüber die ganze zeit in die Augen zu schauen das kann noch unangenehmer werden wie wenn man jemandem garnicht in die Augen schaut. Guck lieber kürzer aber dafür öfter. Das ist dann auch für euch einfacher.
14.07.09, 22:46:15

fklama

Also bei mir ist es so das ich nur sehr wenigen Menschen tatsächlich in die Augen sehen kann. Ein grosser Faktor ist in wie weit ich die Person kenne und ihr vertraue.
Meiner Freundin kann ich lange in die Augen sehen, bei meiner Familie ist es mir nur nach einiger Zeit etwas unangenehm. Bei Fremden jedoch, oder Menschen mit denen ich zwar oft zu tun habe die ich aber nicht 'kenne', tut Augenkontakt richtig 'weh'.

Wenn ich den Menschen ins Gesicht sehe, gucke ich auch meist auf den Mund, weil dieser (für mich) den meisten Informationsgehalt hat. Ich kann so z.B., auch wenn ich akustisch Probleme habe die Stimme aus den Umgebungsgeräuschen zu seperieren, genug sekundäre Informationen sammeln um denjenigen zu verstehen. Ich kann nicht direkt von den Lippen lesen, kann aber die Lippenbewegung nutzen um aus recht 'verrauschten' akustischen Daten die Wahrscheinlichkeitsfunktionen der möglichen Worte so weit einzugrenzen das ich die Person meist verstehe.

Ich habe mir angewöhnt das ich mit dem Blick einmal über die Augenpartie meines Gegenüber 'fliege', wenn ich ihm eine Frage stelle, und da kann ich dann auch tatsächlich halbwegs erkennen ob derjenige meine Fragestellung verstanden hat. Aber richtig in die Augen sehe ich dabei auch nicht. Ich sehe durch diese Bewegung eher das komplette Gesicht (jedoch detailarm) aus dem periferen Sichtfeld. Bei selber sprechen sehe ich meist irgendwo anders hin, aber nicht ins Gesicht, denn wenn ich ins Gesicht sehe, lenkt mich das von dem was ich sagen will zu sehr ab. Meist sehe ich irgenwo am Gesicht vorbei oder auf eine Kette, Brosche, einen Ohrring oder einfach auf die Wand hinter der Person.

Bei meiner Freundin jedoch (sie ist überigens auch Asperger-Autist), oder auch anderen Autisten, kann ich deutlich mehr Informationen aus dem Gesicht 'lesen' als bei NTs. Vermutlich weil das Gesicht und die Augen weniger 'bedrohlich' sind, da auch das Gegenüber keinen 'Augenkontakt' sucht und auch sohnst weniger starke Mimik hat. Ich vermute dadurch lenkt es mich nicht so sehr ab und ich kann eher mal hinsehen. Komischerweise kann ich dann auch meist wesentlich mehr (und auch passender) Dinge erkennen. Jedoch ist der Informationsgehalt den ich daraus ziehe eher gering. Ich scheine auch jeweils die individuelle Mimik einer Person erst lernen zu müssen bevor ich überhaupt etwas zuordnen kann. Dadurch kann ich bei Menschen die ich länger kenne wesentlich mehr erkennen.

Interessant finde ich auch das ich Mimik von Tieren meist gut und ohne grosse Probleme lesen kann. Weil die meisten Tiere eben eine simple und wenig komplizierte Mimik haben und einem nur selten in die Augen sehen. Katzen z.B. blinzeln wenn sie einem mal in die Augen sehen, komischerweise hat das auch auf mich den gewollten Effekt das ich einen solchen Blick nicht als 'bedrohlich' empfinde. Nur leider blinzeln Menschen bei Augenkontakt nicht...
14.07.09, 23:44:10

Coyote

geändert von: Coyote - 14.07.09, 23:46:11

Mir hat man es damals heftig eingetrichtert und nach fünfzig Jahren mache ich es immer noch.
Natürlich schaue ich auch hin und wieder zur Seite, aber das machen ja alle anderen auch.

Ich sah zwar heute kein Problem mehr darin - bis - tja- bis mein Augenlied sich einmal stark entzündet hatte und ich zum Augenarzt ging.
Dort musste ich mein Kinn auf so ein "Dingda" legen und dann schob mir der Herr Doktor ein Apparat mit zwei Röhren ganz dicht an meine Augen.
Ich dachte, ich müsse jetzt wohl an der Wand Zahlen/Buchstaben lesen, und ahnte nichts Böses.
Doch dann sah ich am anderen Ende riesige Horroraugen! Nur die Augen des Arztes! - ein Schrei von mir und dann bin ich im selben Moment aufgesprungen. Panik!

Anschließend waren wir beide der Meinung, dass eine Creme wohl am ehesten helfen würde.

Ach und Tiere - ja, wenn ich meinen Hund anschaue, schaut er nach kurzer Zeit zuerst weg.
Wenn er es nicht macht, wird es auch brenzlig ....

18.07.09, 12:38:26

fklama

Zitat:
Ach und Tiere - ja, wenn ich meinen Hund anschaue, schaut er nach kurzer Zeit zuerst weg. Wenn er es nicht macht, wird es auch brenzlig ....


Ich kann (wenn ich mich vollkommen darauf konzentriere) anderen (ob Hund, Mensch oder Katze ist egal) sehr gut längerfristig in die Augen starren. Jedoch erfordert dies Konzentration. Für das Gegenüber wirke ich dann anseinend gefärlich. Es ist für mich dann zwar auch sehr 'unangenehm', aber das kann ich wenn ich mich drauf konzentriere sehr gut unterdrücken. Ich muss aber vorher eine Art Barriere aufbauen, und Kommunikation ist dann erst recht nicht möglich. Ist aber ein sehr wirkungsvolles Mittel gegen kleine dreiste Hunde, bei grösseren habe ich es (mangels Notwendigkeit) noch nicht ausprobiert, da diese meist deutlich besser erzogen werden.

Also dein Erlebniß beim Augenarzt hätte mich an deiner Stelle auch sehr erschrocken. Wenn mich der Arzt vorwarnt und ich mich drauf vorbereiten kann, dann klappt das vermutlich, aber völlig unvorbereitet hätte ich wohl auch ähnlich reagiert.
18.07.09, 13:17:29

quamquam

Bei der Arzt Geschichte ist mir jetzt gerade auch ganz flau im Magen geworden.

fklama,
danke für Deine Beschreibung, da finde ich mich sehr gut drin wieder.
18.07.09, 14:36:14

blue_eye

Bei NAs ist es prinzipiell doch auch nicht anders.
Ich kenne keine der Augenfarbe meiner Freunde, obwohl ich sie bei Unterhaltungen immer ansehe. Muss ich die denn kennen?
Gerade mal die meiner Eltern und Kinder kenne ich. Aber das ist ja auch kein Problem. (s.Nickname ;) )

Das mit dem 'In-die-Augen-sehen' wird hier eigentlich nicht anders dargestellt, wie es bei uns NAs auch ist.
Zu lange Fixierung wirkt aufdringlich und unangenehm.
Man nimmt dann an, der andere macht es mit Absicht weil man nur mit Konzentration ununterbrochen in Augen sehen kann.
Ich denke, das ist ein normales Überbleibsel aus Urzeiten. Drohgebärden, Komunikation ohne Worte u.s.w.

Beim Reden oder Zuhören findet der zusätzliche und allgemein 'erwünschte' Kontakt durch Blicke ins Gesicht und ab und zu kurz in die Augen statt. In Gesichtern gibt es für mich einiges zu betrachten. Allerdings dann gleichzeitig. Zuhören/Sprechen und Betrachten läuft parallel.
Das eine behindert das andere nur, wenn ich an etwas speziellem in diesem Gesicht (vielleicht eine große Narbe oder ein seltsamer Fleck) hängenbleibe und anfange darüber intensiver nachdenke.
Es gibt sicher auch NAs, die damit verschiedene Probleme haben.
18.07.09, 14:47:21

quamquam

Komisch und warum wird uns dann mangelnder Augenkontakt vorgeworfen? Warum wurde mir so oft gesagt, dass ich unhöflich bin, wenn ich nicht in die Augen schaue? Das ist dann doch ein Widerspruch.
18.07.09, 15:09:47

55555

Vielleicht auch, weil es mehr auffällt wegen abweichender Mimik? Oder, weil diese Blicksprache nicht instinktiv geteilt wird? Nur Gedanken dazu.
18.07.09, 16:04:17

blue_eye

@55555
Das könnte der Grund sein.
Ich weiss instinktiv wie lange und wie intensiv ich jemandem in/auf die Augen sehe, um mein Interesse an dem, was er sagt, zu signalisieren bzw. die Wichtigkeit meines Gesagten zu unterstreichen. Das läuft automatisch ab durch lebenslange Praxis.
Ich merke auch, wenn der andere diese Zusatzsignale nicht empfängt bzw. ignoriert, also Mimik, Blicke und Sprache nicht übereinstimmen.
Das kann dann auch seltsam oder komisch wirken.

Finde es gut, wenn, wie oben schonmal erwähnt, mitgeteilt wird, dass man zu Augenkontakt nicht in der Lage ist, wenn man zuhören möchte. Mutig! Aber damit kann man dann sicher besser umgehen.
18.07.09, 17:52:10

caozz

Das ist gut, einem Hund in die Augen schauen *grins*
Das bedeutet bei Hunden das man sie herausfordert.
Mach das mal bei Katzen, die springen gleich ins Gesicht :-)

Ich habe aber eine gute Idee wie man sowas üben kann (seit dem kann ichs auch), wenn man einen Partner hat kann man das üben. Es gibt so ein Spiel das wer zuerst lacht der hat verloren... Irgendwann mal will man auch gewinnen. Und so habe ich gelrnt durch Leute "durch" zu schauen.
Die denken zwar ich schaue die an weil ich in die Richtung der Augen schaue, aber eigentlich stelle ich mir die Wand oder was auch immer dahinter vor (wie könnte das aussehen wenn der Kopf durch den ich schaue weg wäre...).
Selbstverständlich sollte man auch mal wegschauen, sonst wird der Gegenüber nervös wenn man den ununterbrochen anstarrt... Kommt schon mal vor das dann einer fragt: "Habe ich was im Gesicht..."
 
 
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