Community zur Selbsthilfe und Diskussionsforum für alle weiteren Fragen des Lebens. Fettnapffreie Zone mit demokratisch legitimierten Moderationsregeln.
Von Autisten lernen heisst lieben lernen. Ehrlich, nüchtern, authentisch, verrufen, fair, sachorientiert: autistisch.
- Für neue Besucher und Forennutzer gibt es [hier] eine Anleitung inkl. Forenregeln. -

Tipp: Wenn https bei der Forennutzung Probleme macht: autismus-ra.unen.de; wenn https gewünscht wird: autismus.ra.unen.de
 

Wie sag ich es meinem Kind?

original Thema anzeigen

 
05.06.09, 02:27:04

Isabella

Ich habe folgendes Problem:
Ständig kommen von anderen Kindern Fragen wie: "Mama, warum macht der Junge das?" "Warum wiederholt der jeden Satz?" "Warum dreht der sich im Kreis?" Warum antwortet der mir nicht?" Ich fühle mich dann meist in Erklärungsnot, gehe hin und sage zum Kind: "der Junge macht das anders als du." Aber schon oft habe ich mich dabei erwischt, daß ich im Beisein von Thaddäus Erwachsenen gegenüber von Autismus spreche. Ich kann das beim besten Willen nicht verhindern, weil es ja auch meinen Alltag prägt. Thaddäus hatte nie eine "Warum" Phase, so wie sie andere Kinder mit zwei, drei oder vier Jahren haben. Er hat überhaupt noch nie eine "Warum" Frage gestellt. Weshalb ich aus innerem Antrieb stets alles mögliche erkläre und erzähle, eigentlich ohne zu wissen, ob es ihn überhaupt interessiert. Bislang hat er sich auch nicht darüber beschwert. Ihm ist bewußt, daß er anders ist, das merke ich an seinen Reaktionen (zuckt zusammen, wird rot im Gesicht), wenn sich z.B. ein anderes Kind über ihn beschwert, oder mich ein Erwachsener fragt. Mit der zunehmenden Entwicklung Thaddäus´ Persönlichkeit manifestieren sich so langsam seine Eigenheiten, mit denen er in der Gesellschaft stets aneckt. Gehe ich jetzt den Schritt nach vorne und erkläre ihm alles, was mit seinem Autismus zusammen hängt? Erwachsene Autisten, die spät diagnostiziert wurden, haben sich durch die Diagnose oftmals besser gefühlt, da sie eine Erklärung hatten für das, was vorher unklar war. Kann ich das bei einem Kind voraussetzen? Thaddäus ist oft verunsichert, so daß ich ihm am liebsten alles erklären würde und er hat schon oft zugehört, wenn von Autismus die Rede war. Sollte ich Klartext reden und lasse ihn damit aufwachsen oder sollte ich mich zurück halten und abwarten, bis er selber danach fragt?
05.06.09, 07:19:33

drvaust

Vermutlich ist es zu früh, ihm einen detailierten Vortrag über Autismus zu halten. ;)

Daß er anders ist, daß es dadurch Probleme gibt, wird ihm sehr bewußt sein. Er reagiert ja entsprechend. Also braucht er auch eine Erklärung.

Für wichtig halte ich das Selbstbewußtsein und das Selbstvertrauen. Vielleicht erklärst Du ihm, daß es verschiedene Menschen gibt, mit verschiedener Hautfarbe, verschiedenen Größen usw., und daß das trotzdem alles gute Menschen sind. Jeder Mensch hat irgendwelche Probleme, der eine kann schlechter Sprechen, ein anderer schlechter laufen, oder nicht so gut malen usw. (er wird wohl schon Beispiele kennen). Er hat nun auch bestimmte Besonderheiten, das ist auch in Ordnung. Er ist kein schlechter Mensch, sondern ein besonderer Mensch mit Stärken und Schwächen.

Für mich als Kind war es kein Problem, daß ich etwas anders war. Im Gegenteil, ich fühlte mich besonders. Aber ich hatte Angst, schlechter als Andere zu sein, blöd zu sein, den Anforderungen nicht zu genügen, ausgestoßen zu werden. Da wäre es gut gewesen, wenn ich einen Grund gekannt hätte.
05.06.09, 15:09:51

Bluna

Meine Tochter beispielsweise ist damit sehr zufrieden ,dass es ein Wort für ihr "Anderssein"gibt.
Dass sie anders ist, als die Gewöhnlichen,dass wusste sie ja schon lange und das war ihr auch sehr recht so.
Ich denke auch,das ist eine Sache des Selbstbewusstseins,was man da für ein Gefühl dabei hat.Das hat mit dem Wort an sich nichts zu tun.
Für das Selbstbewusstsein von Thaddäus kannst du als seine Mutter sowieso viel beitragen.
Ich glaube ,daß er das in seinem Alter ganz unbedarft aufnehmen wird,wenn du ihm das sagen würdest.
Das viel grössere Problem sehe ich auf ihn zurollen,wenn er das Wort gegenüber Anderen verwenden wird ,um sich zu erklären.
Dem was dann auf ihn zukommt,wird er wahrscheinlich noch nicht gewachsen sein.
05.06.09, 17:30:35

Hans

Du könntest ihm das vielleicht als "unser Geheimnis" erklären,
dann geht er nicht gleich damit hausieren und hat keine so argen Konfrontationen.
05.06.09, 20:33:39

Isabella

Zitat von drvaust:
Aber ich hatte Angst, schlechter als Andere zu sein, blöd zu sein, den Anforderungen nicht zu genügen, ausgestoßen zu werden. Da wäre es gut gewesen, wenn ich einen Grund gekannt hätte.

Hätte Dir damals als Begründung genügt, wenn Deine Eltern gesagt hätten, daß jeder Stärken und Schwächen hat und Du ein besonderes Kind mit besonderen Stärken und Schwächen bist? Viel ihnen Dein Autismus überhaupt auf? Kannst Du Dich an die allererste Begebenheit erinnern, wo Du definitiv wußtest, daß Du Dich von Deinen Mitmenschen in wesentlichen Punkten unterscheidest? Oder hast Du das schon immer registriert, seit Du denken kannst?
05.06.09, 20:51:37

Bluna

Auf was würdest du denn Wert legen,wenn du ihm das erklärst?
Also ich meine,wie würdest du vorgehen dabei?
Hast du da schon Überlegungen dazu angestellt ?
05.06.09, 20:52:03

Isabella

geändert von: [55555] - 06.06.09, 18:22:23

[Kettenbeiträge zusammengefasst. Siehe auch hier, mfg [55555]]

Zitat von Bluna:

Ich denke auch,das ist eine Sache des Selbstbewusstseins,was man da für ein Gefühl dabei hat.Das hat mit dem Wort an sich nichts zu tun.

Das sehe ich eigentlich auch so. Hoffentlich gelingt mir das mit dem Selbstbewusstsein. Wenn meins im Keller ist, habe ich Bedenken, ob sich meine Unsicherheit auf´s Kind überträgt.
Wie alt war Deine Tochter, als Du mit ihr über die Diagnose gesprochen hast? Wie hat sich ihr Selbstbewußtsein so gut aufbauen können? Bist Du klassisch vorgegangen, indem Du ihre Stärken besonders betont und gefördert hast? Ist sie in der Schule sehr gut? Wurde sie besonders durch Anerkennung bestärkt?
Zitat von Bluna:
Das viel grössere Problem sehe ich auf ihn zurollen,wenn er das Wort gegenüber Anderen verwenden wird ,um sich zu erklären.Dem was dann auf ihn zukommt,wird er wahrscheinlich noch nicht gewachsen sein.

Stimmt. Daran habe ich noch garnicht gedacht.


Zitat von Hans:
Du könntest ihm das vielleicht als "unser Geheimnis" erklären,
dann geht er nicht gleich damit hausieren und hat keine so argen Konfrontationen.


Hans, das ist eine großartige Idee! Wenn es soweit ist, daß ein Gespräch unumgänglich wird, dann haben wir unser kleines Geheimnis und er braucht sich vor anderen nicht zu rechtfertigen, obwohl er mehr weiß als sie.


Zitat von Bluna:
Auf was würdest du denn Wert legen,wenn du ihm das erklärst?
Also ich meine,wie würdest du vorgehen dabei?
Hast du da schon Überlegungen dazu angestellt ?

Im Grunde ist es so, daß er die Wörter Autist/ Autismus schon zu oft in seinem Beisein und mit ihm in Zusammenhang gebracht, vernommen hat. Bei den ganzen Ärzten und wenn wir Freunde/ Bekannte treffen, fragen alle erstmal lauthals nach Thaddäus und seinem Autismus. Einmal, das war im vergangenen Jahr, als unser Elterncouch bei uns war, ist Thaddäus auf die Couch gesprungen und hat unablässig echolaliert: "Ich bin Autist, ich bin Autist, ... ." Zum einen möchte ich verhindern, daß er darin irgendetwas negatives oder abwertendes sieht. Er soll niemals denken, daß er dadurch minderwertiger ist als andere. Deshalb denke ich, es ist an der Zeit, daß seine Mami mit ihm darüber spricht, und nicht seine Mami mit anderen über ihn. Er soll nicht denken, daß ich ein Geheimnis habe. Deshalb finde ich die Idee von Hans ganz toll - ein gemeinsames Geheimnis daraus machen. Ja wie ich es angehe, darüber habe ich mir schon den Kopf zerbrochen. Vielleicht sollte ich warten, bis er verinnerlicht hat, was überhaupt ein Geheimnis ist; bis er zur Schule geht, vielleicht. Ich muß, glaube ich, erstmal besser erkunden, wie er sich selbst in der Gesellschaft sieht. Viele Autisten berichten ja, daß sie ihre Kindheit als schön empfunden haben, ohne Beeinträchtigung.
Also ich habe mir das in etwa so vorgestellt: Thaddäus kann Dinge, die kaum ein anderes Kind seines Alters kann und er kann bestimmte Dinge nicht, die Gleichaltrige schon längst beherrschen. Darüber ärgert er sich auch und übt sehr ergeizig, wird wütend, wenn er es nicht hinbekommt und versteht das einfach nicht. Das, was er besser als andere kann, wird eher von aussen stehenden wahrgenommen, von ihm selbst scheinbar nicht. Die Schrittfolge wäre dann - erst das Geheimnis; du bist ein besonderer Junge, hast eine Besonderheit, den Autismus - A und B kannst du wie kein anderes Kind, weil du Autist bist - C und D gelingen dir nicht so gut; das geht vielen Autisten so, aber auch NA´s - E und F verstehen andere Menschen nicht, weil sie nicht so denken können wie du - das bleibt unser Geheimnis. In etwa so könnte ich es mir vorstellen. Oder was meinst Du?


Ihr Lieben,
Herzlichen Dank bis dato für Eure hilfreichen Beiträge. Ich bin bis Dienstag mal wieder ausser Haus und freue mich ab Dienstag schon auf den nächsten Austausch.
05.06.09, 21:52:19

Bluna

Hops.Jetzt haben wir anscheinend ziemlich gleichzeitig gepostet.
Also,ich erzähl jetzt erst mal aus meiner Sicht und dann als Mutter.
An ein Gefühl der "Eigenheit"(komisches Wort,aber das trifft es am besten)kann ich mich erinnern,da war ich noch ein Kleinkind.Ich kann mich auch gut erinnern,dass ich oft eine "Randfigur" war,aber ich war gerne so.
Ich weiß zwar ,dass es in meiner Kindheit noch andere Kinder gegeben haben muß(Schule und so),aber ich kann mich beim besten Willen an niemand erinnern.Es ist im Nachhinein betrachtet so,als ob keine dagewesen wären.Anscheinend habe ich die anderen Kinder einfach ausgeblendet(ich schreib dir das,weil du dir vielleicht Gedanken machst,wegen Ausgrenzung und so und dein Sohn das vielleicht gar nicht so empfindet)
Ich kann mich erinnern,da war ich schon an der weiterführenden Schule,da hatte ich eine Banknachbarin,die hatte immer einen Apfel zur Pause dabei(Granny Smith).Mich hat immer nur der Apfel interessiert(Geruch,Farbe usw,)Ständig habe ich über den Apfel nachgedacht.Das Mädchen hat mich überhaupt nicht interessiert.

Mein Vater hat mir viel an Selbstbewußtsein gegeben.Er hat Stärken betont und mir vermittelt,dass man an Schwächen arbeiten muß.
Er war streng,gerechtund hat in mir das Gefühl von Sicherheit erzeugt.
Zu meiner Zeit gab es das mit den Diagnosen noch nicht so,wie heute
Ich hab nicht das Gefühl,dass irgendetwas anders gewesen wäre,hätte ich es als Kind gewusst.

Meine Kinder sind ,als sie noch klein waren, mit der Diagnose"Entwicklungsstörung" versehen worden.
Die Kinder wussten das zwar,weil das Wort ja auch hier und da bei Arztbesuchen auftaucht,aber das ist bei uns nicht thematisiert worden.
Über Stärken und Schwächen ist bei uns genauso geredet worden,als ob es diese Diagnose nicht gegeben hätte.Ganz normal halt.
Die Autismusdiagnose haben sie noch nicht so lange.
Ich glaube jetzt ist es für die Kinder schon wichtig,dass sie wissen:es gibt noch mehr Menschen,die so sind wie sie.
Hat dein Sohn denn in seinem Umfeld Kontakt zu anderen Autisten,oder stünde er dann "allein" da,damit?
Zur Stärkung des Selbstbewusstseins:Stück für Stück durch jede Schwierigkeit durchknorzen,ein offenes ,"aktives Ohr" haben.
Alternativen aufzeigen.Den Tag leben.
Das ist so meine Methode.


06.06.09, 14:24:15

55555

Vielleicht einfach warten bis das Kind bezüglich entdeckten Unterschieden fragt, wenn es denn mal fragt? Und dann erklären, daß es eben unterschiedliche Haarfarben gibt, Linkshänder und Rechtshänder und eben auch Personengruppen, die die Welt verschieden wahrnehmen. Für andere Leute scheint es mir meist sinnvoller zu sein die jeweils relevanten Unterschiede zu beschreiben ohne dieses Wort "Autismus" zu benutzen, unter welchem so viele Leute völlig falsche Vorstellungen bereithalten. Durch dieses Wort scheint mir auch das sachliche Verständnis nicht selten eher abzunehmen, weil falsche Vorstellungen angenommen werden.
08.06.09, 01:45:54

drvaust

Zitat von Isabella:
Hätte Dir damals als Begründung genügt, wenn Deine Eltern gesagt hätten, daß jeder Stärken und Schwächen hat und Du ein besonderes Kind mit besonderen Stärken und Schwächen bist?
Im Prinzip ja. So sah ich das auch.
Später wollte ich das genauer wissen, aber das konnte mir niemand genauer sagen. AS war damals kaum bekannt, der Begriff AS existierte noch nicht.
Zitat von Isabella:
Viel ihnen Dein Autismus überhaupt auf?
Ich war anders. Aber was es war, war nicht klar.
Zitat von Isabella:
Kannst Du Dich an die allererste Begebenheit erinnern, wo Du definitiv wußtest, daß Du Dich von Deinen Mitmenschen in wesentlichen Punkten unterscheidest? Oder hast Du das schon immer registriert, seit Du denken kannst?
Ich war schon immer etwas anders. Aber mir fiel das erst auf, als mir richtig klar wurde, daß die Anderen auch Menschen wie ich sind. Bis dahin hielt ich die Anderen für Andere, ich war ich. Eigentlich erst im Kindergarten wurde mir die menschliche Gemeinschaft bewußt.

Den Begriff Autismus würde ich auch in der Öffentlichkeit vermeiden (bei einem Kind), da gibt es ein Klischee. Ein Kind kann schlechter gegen dieses Klischee argumentieren.
Meine Mitschüler hatten sich dafür interessiert, was mit mir los ist, machten sich Gedanken, hatten mehrfach gefragt. Da gab es auch eine Vermutung, weil ich mit 11 Jahren einen schweren Unfall hatte. Aber sie erinnerten sich, daß ich schon vorher so war.
11.06.09, 02:03:29

Isabella

geändert von: [55555] - 11.06.09, 09:16:38

[Kettenbeiträge zusammengefasst, siehe späteren Kommentar im Threadverlauf, mfg [55555]]

Liebe Bluna:
Ich danke Dir für die Eingebung, das Leben mit Autismus so unkompliziert wie ohne anzugehen. Es ist doch oft so, daß ich mal geschüttelt werden muß, um nicht das Leben in Definitionen zu manifestieren, sondern als Geschenk zu verstehen.
Thaddäus hat einen Freund, der ist 46 Jahre alt, Asperger. Dann haben wir mal den kleinen Robert kennengelernt (Kanner), spricht nicht, aber Thaddäus hat sich sehr für ihn interessiert. Ich habe Probleme, Kontakte auszubauen und zu halten. Ich bin darauf angewiesen, daß dies die andere Seite tut, dann mache ich auch mit. Aber bislang hatten wir auch so gut wie keinen Kontakt zu anderen Autisten, so daß sich mal etwas aus Sympathie ergeben hätte. Die Eltern im ATZ finde ich ziemlich schrecklich; schade, weil deren Kinder sind bestimmt gut drauf.


Hallo drvaust,

ja, was Du berichtest, ist mir nicht fremd. Ich fühlte mich als Kind (und heute noch) sowas von anders, daß ich mich sogar einer anderen Gattung Mensch zugehörig fühlte (nach der ich stets auf der Suche bin). Neulich beim Klassentreffen gab es dann wieder Kommentare wie."Die Isa war schon immer ganz besonders." Ich hab das gewöhnlich mit dem Klassenbesten- und "Streberstatus" abgetan, und damit, daß ich nie mit zur Dorfdisco gegangen bin, aber es hat mich auch nie gestört oder berührt. Kontakte (v.a. zu Männern) hätte ich genug haben können, aber es ging nicht, ich bin immer nur geflüchtet oder habe mich sinnlos besoffen, um schneller gehen und einschlafen zu können. Ich habe auch so mein Stigma weg. Heute hat sich das alles nur verlagert. Nicht ich, sondern Thaddäus steht im Mittelpunkt meines Daseins. Wir sind uns sehr nah und sehr ähnlich. Dennoch fällt er viel viel mehr auf, als ich als Kind, oder vielleicht auch wie Du als Kind. Heute gibt es eben eine "Erklärung", die es zu Deiner Zeit in dieser Form noch nicht gab, und schnell ist man dabei, in einer unangenehmen Situation die Diagnose preiszugeben, um ein verständnisvolles "Ah" zu erhaschen, der Ruhe willen. In diesem Sinne habe ich gedanklich wohl einen falschen Weg eingeschlagen, denn der über das Indirekte ist sicherlich der richtige. All das, was absolut sein soll, wird stets in Frage gestellt, angezweifelt, muß erklärt werden ... sonst gäbe es ja nicht die dicken Bücher darüber.
11.06.09, 08:37:16

zoccoly

Ich bin froh, dass ich für meinen Sohn nie eine Diagnose hatte, so kam ich nie in Zweifel.
Es ist schon hart genug, wenn man von Außenstehenden Bemerkungen über das eigene Kind erhält.
Für mich war und ist mein Sohn etwas Besonderes und so habe ich ihn immer gesehen. Wenn man mir sagte, dass er ja nicht ganz normal ist, verletzte mich das, auf der anderen Seite freute ich mich stets über sein Denken, über das Wissen und da ich nicht wußte, dass es dafür einen Begriff gibt, war er für mich "normal".
Ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, mich gegen jede Empfehlung, was seine schulische Laufbahn betraf, durchzusetzen, wenn ich eine Diagnose gehabt hätte. Vielleicht hätte ich Angst gehabt, dass ich ihn überforder.
Wenn du schreibst, dass du gedanklich einen falschen Weg eingeschlagen bist, dann ist das nur verständlich, da man meist mit der eigenen Einschätzung allein dasteht.
Kurz noch zum Nennen der Diagnose: Als ich vor zwei Jahren den Verdacht bei mir hatte und ca. vor einem Jahr mir sicher war und das meinen Kindern mitteilte, lehnten sie diese Information ab.( Sie waren schon Erwachsen) Meine Tochter sagte sogar, sie spricht nicht mit mir über dieses Thema, so lange ich nicht die Diagnose habe. Wir hatten noch nie über Autismus gesprochen, aber irgendwie muss diese Diagnose im Kopf meiner Kinder eine Horrorbotschaft gewesen sein.Mein Sohn hat sich dann selbst über das Thema informiert und konnte es zunehmend annehmen.
Nach meiner Diagnose war es auch kein Thema mehr für meine Tochter.
Ich denke, dass man sehr selbstbewusst sein muss, um Autismus als eine Form, als Besonderheit mit außerordentlichen Stärken zu sehen. Ich weiß nicht, ob ein kleines Kind schon dazu in der Lage ist.
 
 
Powered by: phpMyForum 4.1.55 © Christoph Roeder