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Bleibt es bei Netzneutralität?

original Thema anzeigen

19.08.06, 17:02:43

55555

Es gibt Bestrebungen von Internetprovidern Daten von Kunden die besser bezahlen vorrangig zu befördern. Damit wäre die Netzneutralität des Internets gefährdet. Folge wäre eine Stabilisierung der großen Medienkonzerne und eine deutliche Kommerzialisierung des gesamten Internets. So könnte es bei der Aufgabe dieses Prinzips wie es bisher herrscht dazu kommen, daß man ein Flirtforum auf einem Großkonzernserver schnell herunterladen kann, dieses Forum jedoch langsamer wird. Das zahlt letztlich der Internetnutzer, entweder durch mehr Anzeigen oder insgesamt höhere Nutzungsentgelte.

Dieser Thread soll dazu dienen dieses Thema nicht im Versteckten zu belassen, wo es für viele Internetnutzer vermutlich ist.
20.08.06, 17:27:22

DrChaoZ

geändert von: DrChaoZ - 20.08.06, 17:28:59

das ist in der tat eine bedrückende entwicklung. vor allem wird dadurch der freie geist des internets zerstört, welches seine stärke ist. diese bevorzugung ist darüber hinaus eine stellschraube um 'nicht gewollte' inhalte der partei A durch die übergeordnete partei B aus dem netz zu verdrängen.

nachtrag:
zur beruhigung kann ich aus meiner sicht allerdings sagen, dass in meiner alltagspraxiserfahrung solche bestrebungen bisher nicht unternommen werden. dies sind aber sehr kleine unternehmen die kaum einen grossen einfluss ausüben. ich kann nur hoffen dass solche bestrebungen am wiederstand vieler kleiner 'mitspieler' scheitern.
20.08.06, 20:11:42

christian_k

geändert von: christian_k - 20.08.06, 20:15:03

Hallo alle,

ich sehe im Moment keine ernsthafte Gefahr.

Zum Hintergrund kann ich sagen, den Anstoss zu dieser Diskussion geben im wesentlichen die Pläne der Telekom, über ihr geplantes VDSL Netz (50 MBit/s Zugänge) eben auch Fernsehn ( zum Teil sogar HDTV ) anzubieten.

Damit man TV über das Internet anbieten könnte, braucht man einige Voraussetzungen, die das normale Internet bis heute nicht bietet. Schnell genug wäre ein DSL Zugang heute, aber das reicht nicht. Jeder kennt es, dass auch ein schneller DSL Anschluss mal "lahmt", beim Fernsehn würde das bedeuten, dass das Bild eine Weile anhält, damit wäre kein Fernsehzuschauer zufrieden. Folglich muss man für jedes einzelne Byte eine maximale Laufzeit durch das Netz _garantieren_ können.
Ausserdem ist es bis heute so, dass man die Daten an jeden Nutzer einzeln senden muss. Würden also 10 Mio Leute gleichzeitig ein WM Endspiel schauen, müsste man den kompletten Datenstrom 10 Mio mal senden, was auch die schnellsten Glasfaseranschlüsse und die besten Server bei weitem überfordert. Der Ausweg heisst "Multicast", dabei können die gleichen Daten (obwohl nur einmal gesendet) an viele Nutzer gleichzeitig gehen, ähnlich wie im klassischen Rundfunk. Erst dadurch wird Internet TV im grossen Stil machbar.
Sowohl garantierte Laufzeiten als auch Multicast funktionieren heute nur in lokalen Netzwerken, aber nicht im Internet. Wenn die Telekom sowas anbieten will, kann sie also ihr eigenes Zugangsnetz entsprechend aufrüsten, dann funktioniert Multicast eben nur dann, wenn der "Sender" und der Zuschauer im gleichen Netz sind. Ausserdem gibt es rechtliche Einschränkungen, der Vertrag, den die Telekom mit den TV Sendern macht, wird wohl eine weltweite "Sendung" sowiso nicht erlauben.

Vorstellen kann ich mir solche Angebote aber nur im Bereich TV und Download von extrem grossen Dateien (legale Film Downloads?). Das Netz wird mit Sicherheit genug Kapazität haben, dass normaler Internetverkehr genauso schnell (oder noch schneller) ist, wie heute. Ansonsten dürfte das Produkt nicht zu verkaufen sein, so viel "Premium Content" kann man gar nicht bereit stellen.
Letztlich fasst man ja "nur" Internet und Kabel-TV zu einem Dienst zusammen und beim Kabel-TV hat es Netzneutralität nie gegeben.

Die Idee, Inhalte direkt an einen Zugangsbetreiber zu binden (und möglichst auch abzurechnen) ist nicht neu. Wer Anfang oder Mitte der 90er Online war, kennt es noch. Damals bestanden z.B. AOL, Compuserve und BTX (heute T-Online) zum grossteil aus eingenen, von aussen nicht sichtbaren und meist kostenpflichtigen Angeboten. All dies ist weitestgehend verschwunden. Auch die Mobilnetzbetreiber haben ähnliche Erfahrungen machen müssen; auch sie wollten ihr UMTS Netz mit teurem "Premium Content" füllen, inzwischen gibt es aber reine UMTS Internet Flatrates, denn ein "neutraler" Internetzugang ist das einzige, was sich wirklich verkauft. Diese Erfahrung mussten sie sehr teuer bezahlen und sollte die Telekom versuchen, ihr Netz zu weit abzuschotten, wird auch sie viel Geld in den Wind schiessen.

Dennoch sollte man immer wieder darauf hinweisen, damit ein (öffentliches) Bewustsein fuer die Problematik entsteht.

Gruss
Christian
24.08.06, 18:53:44

Lisa M.

geändert von: Lisa M. - 24.08.06, 18:54:26

Zitat:
Zum Hintergrund kann ich sagen, den Anstoss zu dieser Diskussion geben im wesentlichen die Pläne der Telekom, über ihr geplantes VDSL Netz (50 MBit/s Zugänge) eben auch Fernsehn ( zum Teil sogar HDTV ) anzubieten.


Ah ja. Aber ab Januar 2007 soll man, so weit ich weiß, GEZ-Gebühr für jeden internetfähigen Rechner zahlen müssen - mit der Begründung, dass man über Internet auch irgendwelche Radio- oder Fernsehsender kriegen kann. Ich verstehe mal wieder nicht, was das soll, könnte mir aber vorstellen, ein hübsches Gedicht ins Internet zu stellen und der GEZ eine Rechnung dafür zu schicken, dass sie sich das ansehen können, wenn sie möchten. Wenn sie nicht möchten, ist mir das auch egal - zahlen müssen sie trotzdem. Anderen Internet-Teilnehmern würde ich eine solche Rechnung natürlich nicht schicken, denn die benehmen sich ja mir gegenüber auch nicht so.

Ansonsten hätte ich für die GEZ noch den Vorschlag, in Zukunft auch zwangsweise einen kleinen Radioempfänger in Toaster einzubauen. Wenn man dann Brot toasten möchte, muss man GEZ-Gebühr dafür zahlen, dass das Gerät ein Radioprogramm empfangen kann.

Ich denke, das ist es, worum es bei diesem Versuch geht, Fernsehen über Internet zu senden: Damit wird Internet dann auch Fernsehgebühren-pflichtig. Mir hat übrigens mal jemand einen Vortrag gehalten, dass der olle Fernseher, der bei mir noch in der "Rumpelkammer" steht, gebührenpflichtig sei, obwohl ich gar keinen Fernsehanschluss habe und ihn deshalb nicht mal nutzen könnte, wenn ich wollte. *tock, tock, tock* Die spinnen, die Römer!
27.08.06, 00:42:03

christian_k

Hallo Lisa,

dieses GEZ System halte ich für bescheuert. Das kann man jedoch nicht der Telekom oder anderen Netzbetreibern vorwerfen.

Die GEZ ist ein System, was Sinn machte in der Zeit des "Dampfradios". Es sichert den öffentlich- Rechtlichen Sendern eben ein Privileg zu, was sie eben so lange es irgend geht, verteidigen wollen.
Noch einen drauf setzt ja die Musikindustrie mit der GEMA. Viele verkaufte CDs haben heute einen Kopierschutz, diesen zu umgehen ist eine Straftat. Dennoch werden auf CD- Rohlinge, Brenner und z.T. gar PCs(!) pauschale Vergütungen für die GEMA zugeschlagen - das ist, als würde das Verkehrsministerium das Autofahren strafbar machen, aber dennoch KFZ Steuer kassieren. Genauso hätte ich für meinen alten 7 cm schwarz/weiss TV zahle müssen - obwohl man damit längst (seit der Digitalisierung) kein Programm mehr empfangen kann.

Im Prinzip könnte IP-TV (wie auch digitales TV allgemein) ein Fortschritt sein, denn man kann damit rein technisch problemlos genau bestimmen, wer was sehen kann und was nicht und man könnte die Dienstleistung Fernsehn genau abrechnen. Man könnte den Kunden Flatrates, Tarife mit Bezahlung pro Kanal oder gar pro Sendung anbieten, damit gäbe es keinen Grund mehr für einen Apparat wie die GEZ.
Leider versuchen ARD und ZDF daran festzuhalten, ihr Programm wie mit einer Gießkanne über allen auszuschütten, um dann von jedem abkassieren zu können. Dies kann man aber eben nicht denen vorwerfen, die eigentlich eine modernere Technik aufbauen wollen.

Tatsächlich bringt das, was die Telekom jetzt macht, deinen PC gar nicht näher ans Fernsehn. Das IP Fernsehn kann man mit einem PC nicht gucken. Davor haben die Programmanbieter Angst, denn du könntest das Programm dann ja mit dem PC speichern, weitergeben usw. Deshalb geht es gar nicht per PC, sondern nur mit einer speziellen Box, die man zwischen VDSL und Fernseher schaltet.
Wenn die GEZ behauptet, durch VDSL werde dein PC zum Fernseher, so ist das Unsinn....

Gruss
Christian
27.08.06, 11:44:14

Wursthans

Die GEZ ist kein traditionelles Pay-TV, sondern ein politisches Instrument um durch das öffentlich-rechtliche Sendersystem ein gewisses Niveau der Berichterstattung im Land zu sichern. Dafür werden alle Nutzer des Mediums herangezogen egal ob sie diese Sender sehen oder nicht.
27.08.06, 12:25:03

bellaria

Das Verwirrende an der GEZ ist, dass sie sich als Gebühr bezeichnet (für die man eine Leistung erwartet) und in Wirklichkeit nichts anderes als eine Geräte-Besitz-Steuer ist. Jetzt wird diese Steuer also von TV- und Radiogeräten auf PCs ausgeweitet.
Das Argument mit dem "öffentlich-rechtlichen Auftrag von staatlichem Fernsehen" zieht im Zeitalter von Medienvielfalt ohne politische Einflussnahme durch Regierungspartein nicht mehr. Jeder kann sich überall umfassend informieren und die politische Ausgewogenheit ist schon allein durch die Vielfalt gegeben. Da brauchts kein subventioniertes Staatsfernsehen mehr, das uns zeigt, was wir zu denken haben!
Im ORF hat es gerade eine kleine Revolution gegeben: die Regierungspartei-nahe Chefin (Generalintendantin) wurde abgewählt, eine "Jamaica"-Koalition hat's möglich gemacht, dass ein Nicht-Regierungspartei-Typ neuer Chef wird. Wie toll und demokratisch! Was dabei übersehen wurde: Jemand ohne Parteibuch (egal welcher Farbe) kriegt erst mal gar keinen Job beim ORF (nicht mal als Kabelträger). Wie demokratisch und bildungsauftrags-bewusst!
Aber bei uns weiß man wenigstens, was drin ist, wo Staatsfernsehen drauf steht ;-)
27.08.06, 12:36:01

Wursthans

Meine Bedenken gegen eine rein anzeigenfinanzierte Medienlandschaft sind grundsätzlich. Darf eine Gesellschaft die öffentliche Meinung derart von der Industrie abhängig machen? Es wird oft gesagt, daß die Unabhängigkeit trotzdem gesichert sei, ich halte das für falsch. Die GEZ sollte man trotzdem reformieren.
28.08.06, 04:56:18

drvaust

geändert von: drvaust - 28.08.06, 05:00:05

Zitat von _OO_:
Die GEZ ist kein traditionelles Pay-TV, sondern ein politisches Instrument um durch das öffentlich-rechtliche Sendersystem ein gewisses Niveau der Berichterstattung im Land zu sichern.
Die GEZ ist eine private Firma, die als Dienstleister für den 'Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk' Gebühren einzieht. Der 'Öffentlich-Rechtliche Rundfunk' ist angeblich unabhängig vom Staat, aber die Gebühren werden vom Staat (Minister) festgelegt.
Tatsächlich ist der 'Öffentlich-Rechtliche Rundfunk', zumindest teilweise, ein politisches Instrument. Politische Instrumente sind mir verdächtig, ich traue dem Staat und den Politikern nicht richtig. Ein neutraler, sachlich-objektiver, Rundfunk wäre gut, aber das ist kaum möglich.

Zitat von _OO_:
Dafür werden alle Nutzer des Mediums herangezogen egal ob sie diese Sender sehen oder nicht.
Das halte ich für ungerecht. Warum soll ich für meinen PC mit Internetanschluß Fernsehgebühren bezahlen, obwohl ich nicht fernsehe und keinen Fernseher habe? Zumindest in nächster Zeit ist ein Fernsehempfang über das Internet und PC, in vergleichbarer Qualität, nicht möglich.

Zitat von _OO_:
Meine Bedenken gegen eine rein anzeigenfinanzierte Medienlandschaft sind grundsätzlich. Darf eine Gesellschaft die öffentliche Meinung derart von der Industrie abhängig machen? Es wird oft gesagt, daß die Unabhängigkeit trotzdem gesichert sei, ich halte das für falsch. ...
Ich halte den privaten Rundfunk nicht für unabhängig, genauso wie den 'Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk'. Unabhängigkeit ist nicht möglich, immer spielen Geld, Macht und private Interessen eine Rolle.

Soll doch ein offen staatlich finanziertes Staats-Rundfunk-Programm geschaffen werden, mit entsprechendem Spezialangebot. Alles Andere über Anzeigen, Sponsoren oder Nutzungsgebühren finanziert.
Mich interessiert das Fernsehen kaum, ich nutze das nicht, also will ich nicht dafür bezahlen.
28.08.06, 06:18:27

Silvana

Ich kucke gerne TV vor allem Dokumentationen.
Ich hätte mit der GEZ ja keine Probleme was die Gebühren angeht. Wenn die öffentlich rechtlichen wenigstens gutes Programm machen würden.
Aber zur Zeit eifern sie in vielen Punkten den Privaten nach.
Siehe Harald Schmidt (gut in diesem Fall nicht so schlimm)
Und in den dritten Programmen wird jede Sendung nur durchgereicht, sie sind teilweise überflüssig.
Rundfunkgebühren fürs Internet halte ich für abzocke. Was soll den eine Firma an Gebühren aufbringen, die 50 PC´s mit Internetanschluss hat.
Außerdem ist die Art und Weise wie die GEZ Gebühren berechnet eine Unverschämtheit. Da soll eine Uni so und so viel 1000 EU nachzahlen, weil sie einen Fernseher zur Video wieder gabe nutz. Der Raum in dem das Ding steht hat gar keinen TV-Anschluss.
Für mich gehört die GEZ genauso entrümpelt wie die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten.
Weil eigentlich sollte es ihre Aufgabe sein auch die Dinge zu zeigen, die sagen wir mal zu speziell für das breite Publikum sind (zu interlektuel zum Beispiel) und das auch zur einer Uhrzeit, wo sich die arbeitend Bevölkerung es auch ansehen kann (z.B. Guildo und seine Freunde: Talkshow mit Geistigbehinderten, kam erst um 22.30 Uhr, da schlaf ich ja schon).
Also wenn se auch nichts anderes bringen als SAT und RTL, warum dann Rundfunkgebühren???
Silvana

 
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