14.11.08, 18:18:37
reipina
Ich finde es traurig, dass man sich nicht so geben kann wie man ist im Alltag. Aber es ist einfach so. Auch NA sind Schauspieler, denn niemand darf zeigen, wie er wirklich ist. Meine innersten Gefühlen werden oft verpönt, wie manche von euch wissen. Also werd ich zum Schauspieler. Bei euch ist das dann noch extremer. Aber was kann man dagegen machen? Ich kann mir als NA ja auch schon nicht helfen, obwohl ich einiges versucht hab...
Das Flugblatt find ich toll, danke!!
17.12.08, 08:27:26
haggard
Ich finde es traurig, dass man sich nicht so geben kann wie man ist im Alltag. Aber es ist einfach so.
warum ist das so?
und warum erhält man als autist allgemein keine antworten mehr, sobald das bekannt ist?
irgendwie ist es ein dilemma - nicht sprechende autisten werden häufig nicht besonders ernst genommen und sprechende autisten, die sich irgendwann diesbezüglich offenbaren, gelten teilweise nicht mehr als echt.
einerseits wird erwartet, dass sich autisten verbal verständlich äußern können (sollen) und andererseits scheint genau das dann wieder in zweifel gezogen zu werden.
18.12.08, 00:58:24
Isabella
irgendwie ist es ein dilemma - nicht sprechende autisten werden häufig nicht besonders ernst genommen und sprechende autisten, die sich irgendwann diesbezüglich offenbaren, gelten teilweise nicht mehr als echt.
Ach nee, da beißt sich doch die Katze wieder in den Schwanz. Ich finde schon, daß sich Autisten öffentlich viel ehrlicher geben, also so verhalten wie sie sind. Im Gegensatz zu den NA´s. Angefangen bei Attributen wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeitssinn, aber auch mal was beleidigendes zu sagen, ohne vorher abzuwägen, ob man sich selbst damit schadet. Auch Verhaltensweisen wie unkommentierte Verweigerungen oder einfach weg gehen sind für NA´s eher untypisch.
Bei Autisten, die nicht sprechen, gehe ich am ehesten davon aus, daß der Kopf will, aber der Mund nicht kann. Alle NA´s, die sich einbilden, daß sie sich ihrer Umgebung so leidvoll unterordnen müßten, sollten sich das mal "vor Augen führen".
12.06.15, 01:03:16
drvaust
Zitat:
... wirkt dies auf Maori eher herausfordernd bis aggressiv. ...
Das kenne ich von Papua. Da gilt das direkte Ansehen von Fremden als Drohung, Angriffsvorbereitung.
Interessant wäre, wie das bei den benachbarten Aborigines ist.
Scheinbar hat sich in dieser Beziehung dort eine andere Kultur entwickelt.
27.07.15, 03:14:46
Gast
Ich habe mich auch mal so gefühlt.
Aber mittlerweile habe ich mich mit dem Zustand, wie er nun mal ist, abgefunden.
Ich konsumiere möglichst große Mengen an Koffein, um auf Schlaf (so weit wie möglich) zu verzichten.
Nur so bekomme ich die für mich notwendige Zeit (von der ich sehr viel mehr benötige als NAs, da ich an großer Langsamkeit leide), um alle die im Eröffnungsbeitrag beschriebenen Dinge zu erlernen.
Während der Vorlesungszeit so etwas zu erlernen, ist natürlich nicht möglich. Da konsumiere ich den Koffein dann, um möglichst gut und lange lernen zu können (was Wirkung zeigt, denn ich habe immer die meisten meiner Kurse bestanden und muss nur wenig wiederholen).
Die Bewältigung des Alltags (z. B. zu frühstücken oder Kaffee zu trinken, danach noch die Zähne zu putzen, eventuell zu duschen und trotzdem rechtzeitig an der Uni zu sein) ist für mich eine große Herausforderung.
Der Zahnarzt (bzw. die Arzthelferin) (vor)letzte Woche sagte auch nur, dass man "zweimal täglich" putzen soll, aber leider kein Wort dazu, wie man das erreichen kann. Somit muss ich mir dann selbst Strategien überlegen, die zum Ziel führen könnten (was wiederum viel Zeit kostet) ...
Blickkontakt ist wirklich eine Wissenschaft für sich.
Schaute ich jemanden direkt an, so wie ich es eben erlernt habe, dann durfte ich mir vorwerfen lassen, dass ich die Person anstarren würde.
Also denke ich, dass es doch falsch gewesen sein musste, und schaue seither zur Sicherheit immer im Raum herum, aber nie oder nur ganz kurz schaue ich die Person, mit der ich rede, an. Aber auch auf das Herumschauen muss ich mich konzentrieren, damit ich meinen Kopf trotzdem nicht wegdrehe (z. B. um nach hinten zu schauen). Ich überlege dann, während ich rede, wie sehr und wie häufig ich die anvisierten Gegenstände ändern muss usw. Meistens schaue ich die Decke an oder zum Fenster raus.
So kann ich natürlich die Mimik und Gestik des Gegenübers nicht mitbekommen, aber vielleicht würde ich sie sowieso nicht verstehen ...
Es gibt vieles, was ich gerne tun würde (z. B. ein Buch, das mir eine Kommilitonin (vor)letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat, lesen - es ist von einem der großen spanischen Autoren, Gabriel García Márquez, und hätte somit entfernt mit meinem Studium zu tun - aber es gehört nun mal nicht zur Pflichtlektüre; oder ein anderes Buch lesen; oder mein Fahrrad reparieren; oder ein bisschen aufräumen).
Aber meistens fehlt die Zeit dafür, weil ich neurotypisches Verhalten zu erlernen habe.
Auch würde ich gerne eine Frau kennen lernen, mit der eine dauerhafte Beziehung möglich wäre (und vielleicht auch Heiraten und Kinder).
Meine jetzige Freundin ist nämlich leider schon verheiratet, nur leider nicht mit mir, und sie hat nicht vor sich zu trennen. (Sie ist ja die beste Frau auf der ganzen Welt, aber diese Situation ist nun mal problematisch für die Planung einer gemeinsamen Zukunft.)
Das erwünschte Flirtverhalten orientiert sich stark am Neurotypischen (NT), nur wird dort eigentlich die Absurdität des sogenannten Normalverhaltens am allerdeutlichsten, wenn nicht sogar überdeutlich.
Viel Zeit in Foren, in denen es um ebenjenes ging, ein erstes Date über S******VZ und so zwischen drei- und vierhundert Flirt-Versuche im realen Leben, die je nachdem zwar mehr oder minder, meistens aber minder erfolgreich waren, brauchte es, und ein paar spendierte Getränke, um zu einem ersten Treffen mit dieser Frau zu kommen, außerdem aufdringliches Anrufen, um genug Interesse bei ihr geweckt zu haben.
Wer also das hier jetzt gelesen hat und einfach nur dachte, oh ein Autist mit Freundin, es geht also doch, der halte sich vor und dem sei gesagt: Ja, es geht tatsächlich! Aber von nichts kommt nichts, und es brauchte zumindest bei mir viel Vorbereitung. Denn das eben beschriebene, inklusive der Anzahl der Versuche (im RL), ist keineswegs, auch wenn es sich vielleicht für manchen doch so lesen mag, Satire, sondern wahr und Wirklichkeit.
Natürlich hat nicht jeder Autist dieselben Probleme.
Dennoch denke ich, reicht es nicht, zu schreiben, "es ist schwierig". Denn es ist mehr als schwierig.
Ich habe mal geschrieben, dass ich etwas länger brauche. Das schien zunächst zwar akzeptiert zu werden. Als sich aber herausstellte, dass für mich "etwas länger" heißt, dass ich etwa fünf Stunden für etwas benötige, das NTs in fünf bis zehn Minuten erledigt haben, meinten die Leser, dass ich mein Problem nicht geschildert hätte (OBWOHL ich erwähnt hatte, dass ich meistens länger brauche als es für "normal" gehalten wird).
Darum möchte ich anhand der aufgeführten Beispiele zeigen, welche Schwierigkeiten es gibt und wie sie sich auswirken.
Es ist eben nicht nur eine Sache, nicht "nur" "der Autismus", sondern dieser wirkt sich auf alle Bereiche des eigenen Lebens aus - angefangen beim Alltag (ich bin bald im siebten Semester und weiß trotzdem noch nicht, wie man es schafft, rechtzeitig den Saal der Universität zu betreten) bis hin zur gesamten Lebensplanung (Frau und Kinder, Beruf). Hätte ich es nur stichwortartig hingeklatscht, so wie es zu häufig bei Themen der Universität verlangt wird, wäre das, was ich hier mitteilen möchte, nicht deutlich genug geworden. Darum ist dieser ausführliche Beitrag notwendig.