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:mad: Gehirnforschung als schlußendlicher Beweis

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28.07.06, 12:34:17

Katz007

Hallo,

ein anderer Thread hier im Forum ("autistische Machos") wirft bei mir folgende Frage auf. Zählt Gehirnforschung für euch als schlussendlicher Beweis für Dinge die sich der Mensch nicht erklären kann. Ist Biologie, Neurologie nur eine neue Form des Glaubens?

Liegt nicht der Fehler allein schon in den "Beweismitteln" des Versuchsaufbaues?

Bin weiterhin der Meinung das selbst Gehirnforschung die Dinge niemals vollständig erklären kann weil das menschliche Gehirn viel zu komplex ist und Versuche nur das Erklären können nach dem geziehlt gesucht wurde. Eine weitere Fehlerquelle...

Gruß

Ralf
28.07.06, 13:12:03

christian_k

Ja und nein.

Diese Forschung gibt uns Hinweise, deren Interpretation ist aber mit Vorsicht zu geniessen, denn sie kratzt nur sehr an der Oberfläche.

Ein gängiges Verfahren ist die Protonen Emissions Tomografie, dabei bekommt ein Proband einen schwach radioaktiv markierten Traubenzucker gespritzt. Dieser wird von aktiven Gehirnregionen als Energie verwertet und ist von aussen lokalisierbar. Damit kann man (fast in Echtzeit) erfassen, welche Gehirnareale bei bestimmten Aufgaben aktiv sind.

Ich finde das in etwa so, als ob du lernen wolltest, wie ein Computer funktioniert, und um dieses Wissen zu bekommen, schraubst du den Kasten auf, lässt verschiedene Programme laufen, und fühlst dabei an allen Bauteilen, wo es warm wird (Energieverbrauch).
Auf diese Art würdest du sicher leicht den Hauptprozessor finden, und ein anderes Teil, von dem du dir denken kannst, dass es für komplexe Grafikdarstellungen gebraucht wird.

Dennoch, ein ernsthaftes Verständnis für die Vorgänge wirst du auf diese Weise wohl kaum erlangen. Und ein Computer ist primitiv im Vergleich zum Gehirn....

Die Forschung zeigt uns, dass es z.B. einen nachweissbaren Unterschied zwischen Autisten und NTs gibt, es also nicht nur "Einbildung" ist. Mit weiterer Interpretation wäre ich vorsichtig.

Gruss
Christian
28.07.06, 13:37:52

Katz007

Der Vergleich mit dem Rechner gefällt mir :)
28.07.06, 18:15:07

Silvana

also ich hätte mir bei den Versuch einen Passenden Vergleich zu finden einen abgebrochen, aber das mit dem Computer ist genial.

Ein Computer ist halt auch mehr als die Summe seiner Hardware.

Mein Gehirn und mein Verstand ist auch mehr als die reinen Einzelfunktionen des organischen Computers, es ist deren Zusammenspiel als Einheit und die Software mit der er gefüttert wurde.

Oder anders gesagt das Gehirn ist ein riesiges Puzzel und die Gehirforcher sind gerade dabei die Puzzelteile mit dem graden Rand aus zu sortieren. Pech ist nur das ihnen scheinbar die Bildvorlage des Puzzels abhanden gekommen ist. :p oder hatten die wo möglich nie eine? :rolleyes:

Aber sowas scheint in der Medizin ja öfter vorzukommen :D
Es werden nur Deteis betrachtet und das Gesammtbild vergessen.
Wo bei sich die Frage aufdrängt ist die Schul Medizin eine "autistische" Wissenschaft? Man behaupte ja auch, das Autisten dazu neigen sich in Detei zu verlieben :confused:

Silvana
30.07.06, 22:36:40

Lisa M.

Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Computer und Gehirn: Das Gehirn ist ein selbstorganisiertes neuronales Netz, während der Computer nur vorgegebene Aufgaben erledigen kann - er tut das, wofür er programmiert wurde. Selbstorganisation ist das eigentliche Merkmal des Lebendigen!
30.07.06, 22:54:10

Katz007

Es ging ja nun um die Meßung von von Gehirnaktivitäten die mit einem Wärmesensor im PC verglichen wurden.

Der Vergleich eines Gehirns mit einem Computer ist schon ein bisschen paradox, obwohl wohl vieleicht PC Programme ähnlich strukturiert sind. Wurden Sie ja auch von menschlichen Gehirnen so programmiert.

"Starke künstliche Intelligenz" gibt es ja zum Glück noch nicht.
31.07.06, 10:54:10

christian_k

geändert von: christian_k - 31.07.06, 10:57:04

Hallo Lisa,

ich habe nicht Gehirn und Computer verglichen, sondern nur die Untersuchungsmethoden und deren Aussicht, damit fundierte Erkenntnisse zu erlangen.

Gruss
Christian


Zitat von Lisa M.:
Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Computer und Gehirn: Das Gehirn ist ein selbstorganisiertes neuronales Netz, während der Computer nur vorgegebene Aufgaben erledigen kann - er tut das, wofür er programmiert wurde. Selbstorganisation ist das eigentliche Merkmal des Lebendigen!
31.07.06, 11:18:41

Lisa M.

Ich hab da ja auch nur vorsichtshalber drauf hingewiesen, weil der Vergleich von Computer und Gehirn ja öfter mal auch allgemeiner vorkommt. Überhaupt ist die mechanististische Weltsicht, nach der Lebewesen im Wesentlichen wie Maschinen funktionieren, noch nicht so ganz ausgestorben. Dabei ist eigentlich der Witz an der Sache, dass ausgerechnet so ein mechanistisches Weltbild im Grunde nicht ohne einen Gott funktionieren kann, der die Maschinen gebaut und die Computer programmiert hat! Maschinen entstehen nicht von selbst, auch wenn man noch so lange wartet. Wenn die Glühbirne im Badezimmer durchbrennt, wird sie sich auch in Millionen von Jahren weder selbsttätig ausgewechselt haben, noch wird der Glühdraht nachwachsen. Die Welt des Mechanischen gehorcht den Gesetzen der Entropie.

Im Gegensatz dazu sind Lebewesen in der Lage, ihre innere Ordnung zu bewahren und sogar auszubauen. Die Anfänge einer solchen Selbstorganisation wurden tatsächlich in der Chemie entdeckt - in "pulsierenden" chemischen Reaktionen, die sich selbst erhalten. Nötig ist dazu ein Zustand fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht, d.h. ein "Durchfluss" von Energie, und das Vorhandensein von Katalysatoren, die selbst nicht verändert werden, aber den Prozess am Laufen halten.

Gerade über die Gehirnentwicklung wurde in den letzten 10 Jahren entdeckt, dass sich das Gehirn v.a. in den ersten Lebensjahren durch seine eigene Tätigkeit quasi selbst erst richtig erschafft, indem durch das Feuern der Neuronen die Verbindungen erschaffen werden. Dass dieser Prozess überhaupt abläuft, ist natürlich genetisch verankert, aber das "wie" ist weitgehend von der Tätigkeit bestimmt. Bestimmte Fernverbindungen sind bereits bei der Geburt da, aber die "Feinvernetzung" passiert zu mehr als 80% in den ersten Lebensjahren. Das spielt für diese ganzen Debatten hier, was Autismus eigentlich ist, eine große Rolle. Da stand ja in mehreren Quellen, dass da u.a. was mit der Vernetzung nicht stimmen würde - die "Fernverdrahtung" sei nicht so in Ordnung, die Feinvernetzung dagegen zum Teil geradezu übermäßig gewuchert. Wenn das so richtig ist (und ich schätze, es stimmt), dann wäre das "Wuchern" der Feinverbindungen wohl eine Folge der mangelhaften Fernverbindungen, denn wenn die Neuronen feuern, dann "muss das ja irgendwo hin".
 
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