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Badeanleitung

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03.10.08, 04:53:36

Hans

Wie ich ganz klein war hatte ich scheinbar kein Problem,
dann sind wir um gezogen und da war kein Holzfeuer mehr
in der Badestube...
Wenn man so eine moderne Acryl-Badewanne hat,
ist das schon mal prima ,
auch wenn es so eine alte Eisen-Guß-Wanne hat,
gibt es einen Weg.
Ich will hier nicht vollkommene Badefreuden versprechen,
nur Dramatik und Geschrei verhindern helfen.

Wir wohnten damals in Miete und hatten das Bad außerhalb der Wohnung im Keller.
Der Raum mußte extra vorgeheizt werden, d. h. von ca.13 grad
auf ca 20 grad.
Da war einmal in der Woche Badetag.
Und natürlich auch einmal aus der Reihe wenn ich mich eingesaut habe, oder am nächsten Tag zum Doktor mußte.
Wie hab´ ich´s g`macht, da war ich acht:
Bevor ich mich ausgezogen habe,
spülte ich die Eisenwanne mit nur heißem Wasser über die Brause schön außen herum geführt,
damit sie staubfrei und vorgewärmt ist.
Dabei wird die luft auch wärmer und so ist das Ausziehen leichter gefallen.
Erst nachdem die Wassertemperatur über die Brause an der
Handgelenkinnenseite eingestellt war stieg ich rein.
Wenn man die Temperatur über den Wannendirekteinlauf
eingestellt hatte und dann auf Brause umgeschalten,
war sie durch den veränderten Rückstau(Schlauch,Brausenkopf)

schon wieder so anders, daß es unangenehm war.

Bevor der Stopsel reinkam habe ich noch ganz unten die Füße abgebraust,
damit die Fussel, die an den Sohlen hingen noch weggespült werden.
Wenn dann der Stopsel drin war habe ich mich aufrecht hingesetzt,
den Brausenschlauch gegen den Boden der Wanne gehalten,
damit es nicht so kitzelt und
so ganz langsam die wohlige Wärme von unten heraufkommen lassen.
Jetzt kühlt sich ein Teil des Wassers in der Wanne ab,
was möglicherweise ein geringfügiges Korrigieren der Einlauftemperatur nötig macht.
Während der Zeit da das Wasser steigt ist der Oberkörper
in der kalten Luft und ich konnte es dann kaum erwarten bis der Füllstand erreicht war,
ich den Zulauf abstellte und mich zurücklegen konnte.
Doch halt nicht so schnell,
erst mal läuft das Wasser noch ein.
Was jetzt ganz unangenehm sein kann ist wenn man mir den Fuß-Sohlen die Stirnwand der Wanne berührt,
weil die bei Gußwannen dickwandiger ist
und länger braucht bis sie auch so warm ist.
Ein großer Moment der Entspannung ist,
wenn der Wasserstand hoch genug ist,
daß man die Brause nicht mehr so grauslig zischen hört.
Jetzt kann man erst den Badezusatz(Fichtennadelschaumbad) reingeben,
weil wenn die Brause unter Wasser ist,
bildet sich nicht so viel Schaum.
Das Zerplatzen der kleinen Bläßchen ist ein Chaotisches,
schrilles Geräuschgemisch, das in der Nähe der Ohren unerträglich laut ist.
Auch mit dem Wannendirekteinlauf gibt es zu viel Schaum.
Etwa zwei Zentimeter unterhalb des Bauchnabels ist dann
absoluter Füllstand erreicht, da muß ich abstellen.
Wenn ich höher einlaufen lasse bekomme ich noch heute,
da ich 43 bin,
Panikattaken mit Hyperventilieren und Herzrasen,
ähnlich dem Ertrinken.

Mag sein, daß ich da ein besonders schwerer Fall bin,
weil ich halt schon ein paar mal fast ertrunken bin.
Ich kann bis heute nicht Schwimmen.

Also der Wasserstand stimmt, es geht weiter.
Das Zurücklegen mache ich dann ganz langsam damit
mein Rücken nicht erschreckt.
Da könnte man auch sagen:"So ein Genießer"
Langsam rutsche ich in der Wanne runter,
bis nur noch die Knie der Bauch und ds Gesicht raus schaut.
Wenn jetzt noch die Wassertemperatur stimmt,
könnte ich stundenlang so verweilen.
Da bin ich später so ab fünfzehn gerne eingeschlafen.
So vorgeweicht braucht man auch ganz wenig Shampoo.
Das wird mit zurücklegen ausgespült,
ein wenig nachgeweicht/nachgewärmt,
weil man ja beim Haare schampunieren aufgesitzt,
wieder am Oberkörper gefroren hat.
Dann wird langsam aufgestanden und dabei
sorgfältigst von oben nach unten abgebraust,
damit die Seifenreste wirklich abgespült werden.
Das kann man deutlich fühlen,
wenn es sich da wo man braust,
nicht mehr das kleinste Bischen glitschig anfühlt.
Dann juckt es hernach ganz wenig!
Während des Abspülens wird der Stopsel gezogen.
Das Ausspülen der Ohren ist zweifacher Stress,
den reduziere ich indem ich das auszuspülende Ohr
so nach unten halte, daß das Wasser sofort wieder herausläuft
und auch damit, daß ich einen Teil des Strahls mit der Hand abdecke,
daß nur so viel wie für das Ohr notwendig herumspritzt.
das vorgewärmte Handtuch ist natürlich immer noch das
wichtigste Utensil für einen Vollendeten Badetag.
Ich hoffe ich habe mich noch kurz genug gefasst,
daß hier noch jemand liest.
Je nach Badezimmer gab es da noch Variationen
ich habe auch einmal 1990 in einem Plattenbau in Leipzig
gebadet und auch dort "mich zurecht gefunden".
Das wäre aber wieder eine eigene Geschichte.
 
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