ABA und Essigspray
23.05.08, 14:35:10
schrödingerscat
Hallo 55555 und andere interessierte Mitleser,
ja, letztendlich ist es Lernpsychologie und alles was dazu gehört.
Die Wurzeln von ABA/VB haben ja nichts mit Autismus zu tun. Skinner & Co ging es darum zu entschlüsseln, wei menschliches Verhalten funktioniert und fanden heraus, das wenn jemand handelt, eine Aktion ausübt und direkt danach etwas für ihn Verstärkendes passiert, sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass er diese Handlung öfter vornehmen wird. Andersherum, dass wenn jemand handlet, und direkt danach nichts oder etwas Bestrafendes passiert, die Wahrscheinlichkeit abnimmt.
Da gibt es ganz banale Beispiele zu: Warum heben wir den Hörer von unserem Telefon nur ab, wenn es klingelt? WEil wir gelernt haben, dass ein vorher neutraler Reiz (klingeln des Telefons) mit der Verstärkung gekoppelt wurde, dass jemand zu uns spricht. (Für denjenigen, den ein Gespräch nicht verstärkend ist, läuft es natürlich andersherum...). So haben wir -meist schon als kleine Kinder- gelernt: Telfon klingelt (= konditionierter Reiz) => Hörer abnehmen (= Handlung) => Freundin will mit einem sprechen (positive Verstärkung).
(Jetzt mal ganz verkürzt dargstellt. Die Theorie dazu füllt in ganzer Ausführlichkeit ganze Bücher...)
Was ich damit sagen will: Die Grundlagen dieser Verhaltenswissenschaft finden in unserem Leben tagtäglich selbst bei den scheinbar belanglosesten Begebenheiten statt.
Der PUnkt ist doch, was für den einen ein Verstärker ist, kann für den anderen genau das Gegenteil sein. Und hier kommen wir auch wieder zum Thema Autismus. Ohne hier zu sehr in Verallgemeinerungen zu enden, ist es sicher doch nicht ganz unwahr, dass für viele Autisten andere Dinge verstärkend sind, als für NAs (mit der ganzen individuellen Bandbreite natürlich). Mein Sohn fand es früher verstärkend, ein Blatt weißes Papier vor seinen Augen zu wedeln. Dem könnte ich nichts abgewinnen. Aber mit dem Wissen, dass es für ihn verstärkend ist, kann ich es nutzen, wenn ich ihm etwas beibringen möchte. Vorher hätte er 10 MInuten mit dem Blatt gewedelt und sonst nichts gelernt, jetzt macht er zwei Minuten etwas, was für diesen Planeten wichtig ist (wie z.B. Jacke schließen) und dann darf er 10 Minuten mit dem Papier wedeln.
Wie geschrieben nutze ich diese ERkenntnisse, um ihm Sprache und Alltagsfähigkeiten bei zu bringen. Die braucht er hier, egal ob NA oder Autist (oder nicht noch umsomehr als Autist, damit er sich äußern kann, wenn etwas läuft, was ihm eine Qual wäre, aber für andere gar nicht so erkenntlich?!)
ABA/VB hat die ganz klare Vorgabe über den WEg der Verstärkung zu gehen und nciht über den der Bestrafung (wie früher auch Lovaaas....).
Das ich diese Verhaltenserkenntnisse auch für unmenschliche Zwecke missbrauchen kann, steht außer Frage. Jedes Werkzeug ist nur so gut und brauchbar, wie derjenige, der es andwendet (und in der Vergangenheit ja leider auch oft gengug der Fall...).
Was wären denn Lernziele, die aus "autistischer Sichtweise" korrekt wären? (Ich hoffe ich habe das jetzt nicht doof formuliert)
DAnke für die Antwort im Voraus!
Sandra
23.05.08, 15:30:27
55555
Hier habe ich einen Thread eröffnet der die Grundsatzfragen auffangen will, die über ABA hinausgehen.
Die Grundlagen dieser Verhaltenswissenschaft finden in unserem Leben tagtäglich selbst bei den scheinbar belanglosesten Begebenheiten statt.
Das ist die Frage, denn bei solcher gezielten Anwendung versucht man ja Menschen gewissermaßen zu programmieren. Das versucht Schule auch. Entscheidend ist jedoch neben barbarischen Methoden bei denen autistische Kinder früher stundenlang schrieen, wähnrend ihr Wille gebrochen werden sollte, welche Inhalte durch diese Methoden vermittelt werden. Wir sind uns einig, daß der Mensch ein Wesen mit einem eigenen Willen ist, eigenen Neigungen, auch schon als Kind?
Zitat:
Mein Sohn fand es früher verstärkend, ein Blatt weißes Papier vor seinen Augen zu wedeln. Dem könnte ich nichts abgewinnen. Aber mit dem Wissen, dass es für ihn verstärkend ist, kann ich es nutzen, wenn ich ihm etwas beibringen möchte. Vorher hätte er 10 MInuten mit dem Blatt gewedelt und sonst nichts gelernt, jetzt macht er zwei Minuten etwas, was für diesen Planeten wichtig ist (wie z.B. Jacke schließen) und dann darf er 10 Minuten mit dem Papier wedeln.
Und sonst darf er nicht mit dem Blatt wedeln?
Zitat:
Wie geschrieben nutze ich diese ERkenntnisse, um ihm Sprache und Alltagsfähigkeiten bei zu bringen. Die braucht er hier, egal ob NA oder Autist (oder nicht noch umsomehr als Autist, damit er sich äußern kann, wenn etwas läuft, was ihm eine Qual wäre, aber für andere gar nicht so erkenntlich?!)
Die Jacke schließen zu können ist sicherlich eine Fähigkeit, die hier kaum jemand als unwichtig einstufen würde. Die Frage, die ich mir stelle ist aber, ob diese Dinge nicht selbst gelernt würden und dann in einer ganz anderen Qualität oder ob diese Fähigkeiten zu einem Preis erkauft werden, der eigentlich nicht vertretbar wäre. Diese Fragen sind unbequem, besonders wenn jemand gerne Aktionismus betreibt. Mein Standpunkt ist nach wir vor, daß es am erfolgversprechendsten ist unter Berücksichtigung der autistischen Eigenschaften ein möglichst optimales Lebensumfeld zu schaffen. Aus diesem Freiraum heraus kann dann ebenso optimales Lernen erfolgen. Gleichzeitig würde sich einiges am "Maßnahmen" erübrigen, die künstlich Dinge zu erzeugen versuchen, die von selbst vielleicht unter guten Rahmenbedingungen viel besser anlaufen würden. Diese optimalen Bedingungen zu schaffen soll auch nicht auf Kosten der NA-Mitmenschen gehen, denn die sind nicht weniger oder mehr wert als ein Autist. Hier bedarf es wohl manchmal vor allem einer Entflechtung der Weltbilder. Ich habe den Eindruck, daß viele die Konfrontation mit der Andersartigkeit dazu "nutzen" alles unheimlich kompliziert zu machen.
Zitat:
ABA/VB hat die ganz klare Vorgabe über den WEg der Verstärkung zu gehen und nciht über den der Bestrafung (wie früher auch Lovaaas....).
Darauf komme ich vielleicht später nochmal zurück.
23.05.08, 16:38:37
schrödingerscat
Hallo 55555,
Du schreibst: "Mein Standpunkt ist nach wir vor, daß es am erfolgversprechendsten ist unter Berücksichtigung der autistischen Eigenschaften ein möglichst optimales Lebensumfeld zu schaffen."
=> klingt gut. Zur Umsetzung bräuchte ich aber eine genaue Erklärung
- wie berücksichtigt man die autistischen Eigenschaften am besten?
- wie sieht aus Deiner Sicht ein optimales Lebensumfeld aus?
Viele Grüße,
Sandra
23.05.08, 18:21:01
55555
Ich habe noch keine Möglichkeit gefunden das knapp zu erklären, daher bietet sich ersatzweise der Weg an möglichst ohne eigene Interpretation zu schildern, wie die einzelne Person auf ihr Umfeld im Detail reagiert.
23.05.08, 22:17:31
bianka018
wenn jemand handelt, eine Aktion ausübt und direkt danach etwas für ihn Verstärkendes passiert, sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass er diese Handlung öfter vornehmen wird. Andersherum, dass wenn jemand handlet, und direkt danach nichts oder etwas Bestrafendes passiert, die Wahrscheinlichkeit abnimmt.
Für mich hört sich das nach normalem Umgang mit einem autistischem Kind an, wenn man ihm etwas beibringen möchte. Ähnlich wie bei einem nichtautistischem Kind, nur dass man dem autistischen Kind die nötige Klarheit verschafft die es benötigt. Ich weis jetz aber immer noch nicht weshalb dafür Therapeuten oder Studenten benötigt werden. Damit aus dem Kind ein Roboter gemacht wird? Damit er besser in die Gesellschaft passt? Was ist später, wenn er unter dem enormen Druck unseres Umfeldes einfach nicht mehr kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses antrainierte Verhalten nicht DER AUTIST SELBST ist. Oder glaubt ihr dass Autisten nicht über die Gesellschaft nachdenken und auch anfangen sich eine eigene Weltanschauung zu verschaffen? Was ist dann? Wenn sie mit dem scheinheiligen Umfeld nicht mehr klar kommen und nichtmehr so funktionieren wie ihr es ihm beigebracht habt. Meiner Meinung nach werden solche Dressuren nur für das Wohl der Eltern durchgeführt, damit der Autismus des Kindes bloß nicht nach Außen auffällt. Schade.
Zitat:
Was ich damit sagen will: Die Grundlagen dieser Verhaltenswissenschaft finden in unserem Leben tagtäglich selbst bei den scheinbar belanglosesten Begebenheiten statt.
Na also, warum kann man denn als Erwachsener nicht dementsprechend mit dem autistischen Kind umgehen?
Zitat:
Mein Sohn fand es früher verstärkend, ein Blatt weißes Papier vor seinen Augen zu wedeln. Dem könnte ich nichts abgewinnen. Aber mit dem Wissen, dass es für ihn verstärkend ist, kann ich es nutzen, wenn ich ihm etwas beibringen möchte.
Hast du dich vorher nie bei einer Logopädin, im SPZ oder im Internet erkundigt, wenn du nicht wußtest wie du an die Sache herangehen sollst? Mir hat die Logopädin diesen Tip schon vor drei Jahren gegeben, jedoch ist Manuel erst jetzt soweit (6 Jahre) dass ich ihm auch aus solchen Situationen herausholen darf. Wenn auch nicht immer. Bei uns läuft absolut garnichts unter Druck ab. Alles zu seiner Zeit, das ist das A und O für uns.
Zitat:
Vorher hätte er 10 MInuten mit dem Blatt gewedelt und sonst nichts gelernt,
Weil du ihm nichts zum lernen angeboten hast?
Zitat:
jetzt macht er zwei Minuten etwas, was für diesen Planeten wichtig ist (wie z.B. Jacke schließen) und dann darf er 10 Minuten mit dem Papier wedeln.
Und du glaubst nicht das wäre nicht auch ohne ABA passiert?
Zitat:
Wie geschrieben nutze ich diese ERkenntnisse, um ihm Sprache und Alltagsfähigkeiten bei zu bringen.
Das ist ja auch ok. Ich habe mir Anregungen immer bei manuels Logopädin oder hier im Forum geholt. Wer kann einem eine bessere Erklärung liefern als ein Autist selbst? ...Und diese Erklärungen bekomme ich kostenlos und aus erster Hand :)
23.05.08, 23:15:36
drvaust
Ich sehe ein Problem darin, daß alle Kinder mehr oder weniger nach den Vorstellungen der Erzieher dressiert werden. NA-Kinder werden auch erzogen, etwas zu tun, was sie nicht wollen, aber sollen. Kinder können vieles noch nicht verstehen, das müssen die Erzieher steuern und evtl. durchsetzen. Wenn das Kind z.B. sein Lieblingshemd nach einer Woche in die Wäsche geben soll, nur weil es paar Flecke hat und etwas riecht, versteht es das vielleicht nicht, aber das ist besser so. In einer Gesellschaft geht es nicht ohne Regeln und Anpassung, ohne eine Gesellschaft können wir kaum leben.
Wichtig ist dann, daß die Erziehung möglichst verträglich erfolgt. Da ist ABA eine gute Erziehungsform.
Die Erzieher sind dafür verantwortlich, daß die Kinder richtig erzogen werden. Gute sinnvolle Ziele müssen erreicht werden, ohne das Kind unnötig zu dressieren, unnötig anzupassen und es muß die Individualität des Kindes berücksichtigt werden. Auch unter den besten Rahmenbedingungen wird ein Kind oft nicht rechtzeitig das Nötige lernen.
24.05.08, 09:45:54
schrödingerscat
Damit aus dem Kind ein Roboter gemacht wird? Damit er besser in die Gesellschaft passt? Was ist später, wenn er unter dem enormen Druck unseres Umfeldes einfach nicht mehr kann. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieses antrainierte Verhalten nicht DER AUTIST SELBST ist. Oder glaubt ihr dass Autisten nicht über die Gesellschaft nachdenken und auch anfangen sich eine eigene Weltanschauung zu verschaffen? Was ist dann? Wenn sie mit dem scheinheiligen Umfeld nicht mehr klar kommen und nichtmehr so funktionieren wie ihr es ihm beigebracht habt. Meiner Meinung nach werden solche Dressuren nur für das Wohl der Eltern durchgeführt, damit der Autismus des Kindes bloß nicht nach Außen auffällt. Schade.
Hallo Bianka,
ich stellte mich extra dieser Diskussion, um gemeinsam zu schauen, was ist an den (Vor-)urteilen über ABA dran. Allerdings finde ich den Einsatz von Worten wie "Roboter", "Dressur" und auch Deine sonstigen Ausführungen lassen darauf schließen, dass ALLE Eltern ABA gleich durchführen und ALLE mit dem GLEICHEN Ziel. DAs ist einfach eine ungerechtfertigte Verallgemeinerung, die für die Diskussion wenig zielführend ist (und ich ehrlich gesagt auch unfair finde, da Du weder mich noch mein Kind noch unser tägliches Miteinander kennst. Du könntest es als Vermutung vormulieren, aber nicht als Aussagesatz!).
Wenn die von Dir beschriebene Postion die eine Extremposition ist kann man dann hier nicht wenigstens mal in der Theorie den (Gegen-)Gedanken wagen:
"Verantwortungsvoll angewendet mit Zielen, die dem Kind Grundtechniken auf diesem Planeten vermitteln (dadurch, dass ich meinem Kind Kommunikation beibringe ist es ja in seinem Verhalten und Empfinden nicht weniger autistisch, also auch nicht unfauffälliger?!!) wäre eine für alle(!) Seiten lohnenswerte Herangehensweise?
Wie auch schon in anderen Mails angeklungen: Jegliche Erziehung, egal ob für autistische Kinder oder NA-Kinder ist immer irgendwie eine Form der Konditionierung. Das ganze Leben konditoniert. Ob das immer zum Vorteil des Einzelnen geschieht? Also ich als NA-Kind könnte meinen NA-Eltern so manche Vorhaltungen machen, so wie meine NA-Eltern es wiederherum bei ihren NA-Eltern könnten. Ich glaube nicht, dass meine Eltern sich auch nur halb soviele Gedanken darum gemacht haben, ob sie mir mit ihrer Erziehung und Ansichten gerecht werden wie ich es jetzt bei meinem Sohn tue. (Bin ich IHnen darüber jetzt besonders böse? Nein.)
Du fragst danach, ob ich die Tipps nicht auch von Logopäden etc. hätte bekommen können: Theoretisch vielleicht, allein mir sind keine begegnet, die es getan haben. Im Gegenteil, sie waren glücklich, weil ich ihnen zeigen konnte, wie sei meinem Sohn etwas beibringen können und er auch noch mit Spaß mitmacht.
Wie gesagt: Meine Ausage ist nicht: Alle Eltern sollen ABA machen, nur so kommt ihr weiter. ABer meine Aussage ist: Eltern ,die ABA/VB anwenden, wollen Ihre Kinder nicht automatisch gegen ihren Willen zu möglichst unauffälligen Geschöpfen dressieren. Man sollte es zumindest für möglich erachten, dass sie nach überprüfen aller Möglichkeiten und unter sorgfältiger Abwägung der Vorgehensweise es als besten Weg für ihre Familie befunden, um das Kind auf das Leben vorzubereiten.
Gruß, Sanrda
24.05.08, 10:15:08
bianka018
Hallo Schrödingerskat,
warum hast du eigentlich beim zitieren dieses von mir geschriebene:
"Für mich hört sich das nach normalem Umgang mit einem autistischem Kind an, wenn man ihm etwas beibringen möchte. Ähnlich wie bei einem nichtautistischem Kind, nur dass man dem autistischen Kind die nötige Klarheit verschafft die es benötigt." .... einfach weg gelassen?
Nur zum Verständnis nochmal, ich habe ein Problem damit dass man die Herangehensweise ABA und Therapie nennt. Wenn es keine Dressur ist und das Kind nicht zu Robotern gemacht wird, dann ist das eine ganz normale Erziehung, die jeder Erwachsene drauf haben sollte bevor er ein Kind in die Welt setzt. Ansonsten behaupte ich dass viele Eltern, ich einbegriffen ABA anwenden, aber wohl ehr unbewußt und aus der reinen Logik heraus. Für Eltern die da Schwierigkeiten haben gibt es Erziehungshilfen. Aber wenn z.B. mein autistischer Sohn anfängst außergewöhnliche Fähigkeiten zu entwickeln wo ich nicht mithalten kann, würde ich Experten mit heranziehen, wie Musiklehrer, Matheprofis oder Künstler die es in den verschiedensten Bereichen gibt. Wozu also ABA?
24.05.08, 10:34:38
55555
Ich glaube nicht, dass meine Eltern sich auch nur halb soviele Gedanken darum gemacht haben, ob sie mir mit ihrer Erziehung und Ansichten gerecht werden wie ich es jetzt bei meinem Sohn tue. (Bin ich IHnen darüber jetzt besonders böse? Nein.)
Nur ist die Situation als anders veranlagtes autistisches Kind in einer Welt voller NA schon auch ziemlich anders.
Mir fällt auf, daß du einige Fragen nicht beantwortet hast, z.B. diese:
Mein Sohn fand es früher verstärkend, ein Blatt weißes Papier vor seinen Augen zu wedeln. Dem könnte ich nichts abgewinnen. Aber mit dem Wissen, dass es für ihn verstärkend ist, kann ich es nutzen, wenn ich ihm etwas beibringen möchte. Vorher hätte er 10 MInuten mit dem Blatt gewedelt und sonst nichts gelernt, jetzt macht er zwei Minuten etwas, was für diesen Planeten wichtig ist (wie z.B. Jacke schließen) und dann darf er 10 Minuten mit dem Papier wedeln.
Und sonst darf er nicht mit dem Blatt wedeln?
Das nährt bei mir zusätzliche Zweifel daran, ob eine offene Diskussion erwünscht ist.
24.05.08, 13:44:42
schrödingerscat
Hallo 55555,
klar hast Du recht, das mich und meine Eltern wesentlich weniger trennt als mich und mein Sohn. Aber eine Erziehungsaufgaben haben wir -meiner Meinung nach- beide.
Der Sinn von Erziehung ist doch: sich als Eltern immer mehr überflüssig zu machen bis das Kind alleine in der Welt zurecht kommen kann. Hier muss jedes Elternteil nach bestem Wissen und Gewissen einen Weg finden. HAbe bis dato noch keine bessere Alternative gefunden.
Zu Deiner Frage, ob er sonst nicht mit dem Papier wedeln darf? Durch die Anwendung von ABA/VB stellt sich die Frage nach dem "sonst" ja eigentlich nicht. Da die Vorgehensweise nach ABA/VB immer dafür sorgt, dass das Kind die Aufgabe erfolgreich beenden kann, wird auch immer Verstärkung erfolgen, d.h. er wird immer mit dem Blatt wedeln können -wenn er möchte.
Falls Du damit fragen wolltest, ob er auch noch selbst ausgesuchten Beschäftigungen nachgehen darf ohne dafür etwas "getan zu haben":
Klar, es bleibt ja noch genug Zeit übrig, wo ich ncihts mit ihm übe. Allerdings gibt es auch Verstärker (vor allem sekundäre, die sich durch Pairing erst ergeben habe) die ich zeitlich kontrolliere:
Mein Sohn liebst bestimmte DVDs. Aber die kann er nur sehen, wenn wir vorher was zusammen gemacht haben. Also 24 h Fernsehen gucken gäbe es bei mir z.B. nicht, egal ob NA oder Autist.
Was ich allerdings mit ABA/VB erlebt habe: Von sich aus fand mein Sohn nur das Papierwedeln interessant und hätte sicher den ganzen Tag nichts anderes gemacht. Über die Vorgehensweisen von ABA/VB habe ich es geschafft, dass das verstärkende Gefühl von Papierwedeln auf andere Dinge/Handlungen übertragen konnte. Nun machen ihm andere Dinge genauso viel Spaß, oder inzwischen viel mehr. Papier liegt hier überall rum, aber er hat es schon ewig nicht mehr gentuzt. Jetzt mag er gerne puzzeln, mit seinen STofftieren kleine Gechichten ausdenken und spielen, Bücher durchschauen,.... . Die Idee dahinter ist, dass sich der Kreis der Aktivitäten, die das Kind selbst als Verstärkung ansieht sich immer mehr ausweitet (und natürlich auch Handlungen aus der NA-Welt mit einbezieht, wie ist es auch anders möglich, in einer NA-Welt?)
Jetzt könnte man spitzfindig fragen: Sind die von mir aufgeführten Tätigkeiten mehr wert, als das Papier wedeln? Völlig losgelöst betrachtet natürlich nicht. ABer darf ich meinem autistsichem Kind nicht zeigen, dass es noch soviel mehr gibt als das Papier? Habe ich alleind dadurch schon seine "autistische Seele verraten"?
Ja, ich nutze ABA/VB um seine Motivation auf Dinge auszuweiten, die er von alleine nicht gewählt hätte.
GAnz klare Frage: Ist das verwerflich?
Was wäre die Alternative?
Ich kann hier definitv nicht für die Asperger-Variante sprechen (oder falls diese Unterteilung nicht erwünscht ist, für diejenigen Autisten, die als Kinder mit dem reinen Spracherwerb keine Probleme hatten), sondern nur für meinen Sohn, der überhaupt nicht interaktiv kommunikzieren konnte.
55555, anhand Deiner tollen Schreibweise würde ich mal schätzen, dass das bei Dir nicht der FAll war, oder?
Und Binanka, wie sieht es bei Deinem Sohn aus?
Viele Grüße,
sandra
24.05.08, 14:20:32
haggard
geändert von: haggard - 24.05.08, 14:22:58
ist es nicht wichtig, wie das ziel "gesellschaftsfähig" erreicht wird?
was soll das für ein leben sein, auf das vorbereitet wird? soll es das leben sein, wie man selbst es sich für einen anderen menschen vorstellt, oder soll es ein leben sein, wie der andere mensch es sich selbst vorstellt? egal auf welcher entwicklungsstufe sich ein mensch befindet und er nicht gerade klinisch tot ist, hat er die möglichkeit abneigung wie auch wohlbefinden zu äußern.
das angewandte system ist scheinbar auch nur ein system von bestrafung und lob. warum zeigen kinder in gewissen dingen stereotypien? aus langeweile? sicherlich werden kinder ohne lautsprachliche/schriftliche äußerungen niemals erklären können, warum sie etwas machen. müssen sie das überhaupt? um bei dem blatt papier zu bleiben (ich war erschrocken, als ich das gelesen hatte): das kind darf nicht mit dem blatt papier wedeln = bestrafung, dafür muss sich das kind auf etwas anderes konzentrieren und irgendetwas erreichen - um danach "belohnt" zu werden... ich weiß nicht...könnte man kinder auch unter wasser drücken und wenn sie atmen möchten, müssen sie aufgaben erfüllen...das würden sie auch schnell begreifen...
24.05.08, 14:45:30
bianka018
Und Binanka, wie sieht es bei Deinem Sohn aus?
Mein Sohn ist laut Befund atypischer Autist, und ich weis dass er Schwierigkeiten hat die Laute umzusetzen, aber er kommuniziert mit mir und ich mit ihm. Auch ich "fordere" bei ihm die Sprache heraus, jedoch ohne Druck. Aber was spielt das bei diesem Thema für eine Rolle? Eigentlich spielt es überhaupt gar keine Rolle ob ein Kind Autist ist oder nicht, es ist wichtig das Kind so zu akzeptieren wie es ist, und das tust du wohl nicht wie es scheint. Und dann sollte man herausbekommen wo Fähigkeiten vorhanden sind und genau bei diesen Fähigkeiten ansetzen, damit das Kind "Es selbst" bleiben kann. Und eine Frage, liest du unsere Beiträge hier überhaupt richtig?
Gruß, Bianka