20.01.08, 07:12:33
L4A
Ich bin 49 Jahre alt, habe 3 Kinder von denen der Mittlere auch ein Aspie ist. Da wundert es mich heute nicht mehr dass ich mit ihm immer am besten klar kam.
Tja, wie kam ich zu dieser Erkenntnis?
Vor einem Jahr wurde ich als 1€ Kraft als Busbegleitung und Unterrichtshilfe an einer Sonderschule eingesetzt. Den Leuten dort wurde sehr schnell klar das ich mit "schwierigen" Kindern hervoragend klar kam. Intuitiv habe ich sie meißt raus aus der Situation genommen und in eine ruhige Ecke gebracht. Überhaupt für Ruhe in der Klasse gesorgt. Nach und nach Störquellen ausgeschaltet, zuerst weil sie mich selbst genervt hatten (manchmal heimlich wenn niemand im Klassenraum war. Wie vibrierende Lampen ...). Als ich dann von einigen "schwierigen" Kindern dankbare Blicke erntete, auch selbstbewusster und auch zunächst erst gegen den Willen der Klassenlehrer. Was sich allerdings schnell erledigte als die merkten das diese Kinder nicht mehr ausrasteten. Mein Beispiel mich zurück zu ziehen, wenn es mir zuviel wurde, hat den Kindern das Selbstbewusstsein gegeben es auch von selbst zu tun, wenn es ihnen zuviel wurde. Im Kunstunterricht dann z.B. den CD-Spieler auszuschalten, um die permanente Beduddelung bei denen manche zunehmend unruhig wurden, abzustellen.
So schlug man mich beim Jugendamt als Integrationskraft für Aspergerkinder vor. (Das mache ich aber immer noch nicht)
Also habe ich mich im Netz über dieses Thema informiert und eine Menge an Informationsmaterial gelesen. Ich war von dem Thema fasziniert! Das kam mir alles so bekannt vor! Dann habe ich wochenlang bei Aspie.de gelesen. Wirklich von dem Moment an als ich nach Hause kam bis ich vor Müdigkeit umfiel.
Dann dämmerte es irgendwann bei mir und ich musste mich dem stellen. Ich bin auch so eine!
Auf der einen Seite brach eine Welt zusammen und auf der anderen Seite tat sich eine auf. Nun hatte ich endlich eine Erklärung dafür, warum ich durch die Welt bin und annahm ich sei auf dem falschen Planeten gelandet. Tatsächlich bin ich in Tränen ausgebrochen und habe tagelang geweint. Aus Trauer um mich, aus Erleichterung, aus Angst, aus Ratlosigkeit. Und jetzt?
Ich habe mein ganzes Leben rekapituliert und unter diesem Gesichtspunkt neu sortiert. Nun war ich endich komplett! Ein tolles Gefühl! Ich war sowas von erleichtert das es andere Menschen wie mich gab. Seitdem geht es mir um einiges besser, ich kann entspannter mit den Problemen umgehen und ich kann reden! Wenn ich in Stresssituationen komme, weiß ich endlich was da geschieht und warum das so ist. Ich kann endlich aufhören dieses Selbstvorwurfsrad in meinem Kopf laufen zu lassen. Wenn mich Menschen nicht verstehen, dann weiß ich jetzt warum. Ich komme nicht mehr ständig in Erklärungsnot, sondern ich kann das so stehen lassen. Ich muss mich nicht mehr komplett zurück ziehen, ich tue es jetzt aus einem anderen Grund, mir selbst den Raum zu geben den ich brauche.
Wenn mir jemand diesen Raum nicht lassen kann, dann drehe ich mich um und gehe eben.
Ich tue nicht mehr alles um so akzeptiert zu werden, lasse mich nicht mehr so ausnutzen.
Für mich war diese Erkenntnis das Beste das mir je in meinem Leben geschehen ist. Ich kann endlich so zu mir stehen wie ich das auch verdient habe und ich biege mich nicht mehr und verletze mich dabei nur selbst. Ich trete also für mich ein, das habe ich nie vorher getan.
20.01.08, 08:01:14
uppsdaneben
Auf der einen Seite brach eine Welt zusammen und auf der anderen Seite tat sich eine auf.
Das geht Vielen so.
20.01.08, 08:23:09
L4A
Es ist ein großer Unterschied ob man sich gequält, trotzig, tapfer besonders und sehr alleine fühlt. Oder ein Aspie zu sein und nicht alleine. Dafür schlägt man sich zunächst mit Stempeln, behindertsein und diesen Dingen herum.
Das scheint universell zu sein.
20.01.08, 16:18:46
Silvana
geändert von: Silvana - 20.01.08, 16:20:13
Das mit der Vorstellung Behindert zu sein, war für mich weniger ein Problem. Auf Grund meiner Legastenie wusste ich ja vorher schon, das ich zumindest eine "Lehrnbehinderung" habe. Auserdem bin ich mit einer merfach Behinderten (Pflege)Schwester aufgewachsen.
Schlimmer war es, das ich immer gedacht habe ich habe einen Dachschaden, ich sei ein Psycho und allein damit. Auch wenn ich diesbezüglich eine menge selbst Ironie entwickelt hatte um damit klar zu kommen. So hat die Möglichkeit das ich AS habe und sich möglicher weise daraus meine Andersartigkeit erklärt meiner Selbstachtung gut getan. Ich habe nicht mehr das Gefühl ein Versager/Chaot zu sein. Mein Verhalten hat einen Grund und auch das Gefühl machmal die Welt um mich nicht zu verstehen.
Auch wenn ich es bei der ADS-Diagnose belassen habe (ich habe weder die Kraft noch die Lust auf ein Ärztemaraton, zu mal das AS bei mir warscheinlich nicht so stark ausgeprägt ist. Und bei Frauen eine Diagnose eh schwieriger ist als bei Männern).
21.01.08, 13:59:02
arlette
ein sehr schönes beispiel für die nach meinen augen dringende notwendigkeit, in die integrationsarbeit geeignete betroffene einzusetzen. wilkommen im forum.
26.01.08, 06:58:54
uppsdaneben
Es ist ein großer Unterschied ob man sich gequält, trotzig, tapfer besonders und sehr alleine fühlt. Oder ein Aspie zu sein und nicht alleine. Dafür schlägt man sich zunächst mit Stempeln, behindertsein und diesen Dingen herum.
Warum sollte ich mich mit diesen Dingen rumschlagen? Ich gehe arbeiten und verdiene dabei mehr als viele Abteilungsleiter. Das Aspiesein ist nicht gleichbedeutend mit Sozialfall.
27.01.08, 15:36:05
L4A
Ich sprach von der Situation wenn man sich dem stellen muss ein Aspie zu sein. Da ging mir vieles durch den Kopf. Es ist, in der Jugend mehr als heute, tatsächlich eine Behinderung. Nachdem sich das Alles ein wenig gesetzt hat, sehe ich das auch anders. Ich bin eben noch anderster (was für ein Wortmonstrum) als anders.
Und ja, du hast natürlich recht. Aspiesein ist nicht gleichbedeutend mit Sozialfall. Das hatte ich nicht gemeint, die menschliche Sprache eben und an der Tastatur noch missverständlicher.
Ich wollte ausdrücken, dass man dies nicht immer jedem erzählen kann. Gerade wenn man staunend da sitzt und eben die Enddeckung des Jahrhunderts gemacht hat. Eben, für mich, eine tolle Sache und eine Erklärung für alles hat. Was glaubst du wie lange und wo ich alles eine Erklärung gesucht habe?
Und dann ist es so einfach ...
04.02.08, 22:34:38
L4A
geändert von: L4A - 04.02.08, 22:36:06
Nachdem mir heute aufgefallen ist, das ich als Standart gehändelt werde, mich aber nicht so empfinde, möchte ich gerne in den Autistenbreich wecheln. Ich fühle mich als dazu gehörig.
Ich habe keine offizielle Bestätigung durch einen Psychologen, das wird möglicherweise im März geschehen.
04.02.08, 22:35:15
uppsdaneben
Okay.
04.02.08, 22:57:15
55555
Freischaltung erfolgt frühestens in einer Woche.
04.02.08, 23:00:21
L4A
Ich würde auch nicht anders handeln. Und ich bin froh dass du das nicht anders machst. Schlichter guter Menschenverstand!
04.02.08, 23:02:31
55555
Das steht so auch in der Anleitung.