Multitasking macht dumm
01.07.07, 13:00:29
Altpapier
Zitat:
Alles gleichzeitig, lautet an vielen Arbeitsplätzen das Gebot der Stunde: Telefon, viele Computerprogramme und ein Handy streiten zeitgleich um die Aufmerksamkeit. Wer sich aber so vereinnahmen lässt und alles auf einmal tun will, macht mehr Fehler, verschwendet Zeit - und verlernt das Denken.
Zitat:
Der Mensch ist nicht in der Lage, erfolgreich mehrere Dinge auf einmal zu tun. Das bestätigen Wissenschaftler in neuen Untersuchungen.
Der Spiegel
Ist das geringere Bedürfnis nach Mutitasking ein Grund für höhere Intelligenz bei Autisten? Wäre damit nicht der NA behindert?
Ist vielleicht die steigende Anforderung des Multitasking in der Arbeitswelt nach dem Zweiten Weltkrieg für die höhere relative Sterblichkeit bei Männern verantwortlich?
Projektsite einer Klosterstudie
02.07.07, 05:39:29
Mutter
Ohne mir jetzt den ganzen Artikel durchgelesen zu haben, antworte ich ganz spontan. Ich finde es sehr gut nachzuvollziehen, da ich als Person, wenn mehrere Reize auf mich einprasseln gar nicht mehr denken kann. Ich denke, es ist nur noch ein Bemühen darum, auf die jeweiligen Einzel-Reize zu reagieren, so dass ein überlegtes Agieren unmöglich wäre - Jedenfalls ist dies bei mir so.
Also nehmen wir an, ich sitze in einem Büro. Der PC ist an, gibt Signal, eine E-Mail kam an, gleichzeitig bimmelt das Faxgerät, kurz darauf Telefon, auch das Handy klingelt. Darauf kann ich nur reagieren: Ich entscheide: E-Mail / Fax können warten, springe ans Telefon, sage: einen Moment bitte, um dann ans Handy zu hüpfen, um das Gespräch entgegenzunehmen, in der Hoffnung, es wird nicht so lange dauern, falls doch, sage ich: kann ich gleich zurückrufen, habe noch ein weiteres Gespräch auf der anderen Leitung? Nehme dann das andere Telefonat entgegen, wieder die gleiche Hoffnung... vielleicht gibt der PC schon das nächste Signal, wegen einer E-mail, dabei habe ich von der vorherigen noch keinen Plan...
Das gehe eine Weile so und ich bin am Ende- Ich konnte nicht agieren sondern nur reagieren, getrieben von irgendwelchen Signalen, ich könnte das nicht lange durchhalten.
13.02.10, 14:14:56
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Zitat:
Der Kommunikationswissenschaftler Clifford Nass von der Stanford University testete selbsterklärte Multitasker darauf, was sie denn nun besser können als andere. Er fand nichts. Im Gegenteil: Wie nass und seine Kollegen vor kurzem im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichteten, erwiesen sich eifrige Multitasker, also Personen, die überdurchschnittlich viele Medien gleichzeitig konsumieren, als ziemlich unkonzentrierte Zeitgenossen. So ließen sie sich beim Erledigen einer Aufgabe viel leichter ablenken als die Probanden der Vergleichsgruppe, die selten mehrere Medien gleichzeitig konsumieren. Die Multitasker ließen sich durch störende Signale eher ablenken und brauchten mehr Zeit für die jeweilige Tätigkeit. Ohne Ablenkung und Störungen lösten beide Gruppen die Aufgaben gleich gut.
[...]
Was effektives Multitasking normalerweise verhindere, sei die langsame Geschwindigkeit, mit der der präfrontale Kortex Informationen verarbeite, sagt Paul Dux, ein Mitautor der Studie. „Unsere Untersuchungen legen nahe, dass unser Gehirn selbst nach intensivem Training nicht wirklich zwei Tätigkeiten zugleich ausübt.“ Es erledige immer nur eine Sache auf einmal. „Aber das macht es so schnell, dass wir die Illusion haben, zwei Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen.“
Quelle
13.02.10, 20:30:40
starke Dame
Das mit dem Multitasking ist reine Übungssache. Ich habe einmal 10 Jahre in der Disposition gearbeitet. Dort musste man gleichzeitig, Telefone (man hatte mind. 3), Funk, Handy, Chef, und Fahrer an der Theke abfertigen.
Am Anfang dachte ich es ist unmöglich, zum Schluß konnte ich einen Auftrag vom Kunden annehmen, gleichzeitig über Funk die Freimeldung des Fahrers registrieren und Anweisungen vom Chef entgegen nehmen und dem Fahrer sagen, dort liegt dein Auftragszettel.
Nachteil: Die Zeit hat mich in der Dispo so sehr geprägt, dass es mich im privaten Bereich nicht nachvollziehen kann, wenn einer das nicht schafft.
13.02.10, 23:36:25
Coyote
So etwas versuche ich erst gar nicht zu lernen.
Bei einer Situation wie "Mutter" es oben beschrieben hat, würde ich gar nichts machen. Nur dasitzen, blöd gucken und mir dann die Ohren zuhalten.
14.02.10, 00:21:47
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In Studien kam ja nun aber raus, daß die Selbstwahrnehmung in solchen Dingen oft von der Realität abweicht. Aber Schichtarbeit ist ja auch nicht gesund und es tun Leute.
14.02.10, 09:48:40
zoccoly
Das mit dem Multitasking ist reine Übungssache.
Diese Aussage in diesem Forum halte ich nicht ganz für ungefährlich, kann sie doch suggerieren, dass es erstrebenswert ist multitaskingfähig zu sein, es vom eigenen Willen und vom Training abhängig ist.
Über Jahre arbeitete ich parallel an verschiedenen Projekten, auch wenn ich nacheinander arbeitete, war es nicht möglich, eins erstmal abzuschließen, da die Umfänge zu groß waren. Rein theoretisch hätte ich es also schon längst lernen müssen, dass Resultat war aber eine zunehmende Erschöpfung und Minderung der Leistungsfähigkeit.
Heute bin ich dabei "nicht auf allen Hochzeiten tanzen zu müssen", Verantwortungsbereiche abzugeben.
Im Übrigen staune ich oftmals, was NA denkt, was sofort und dringend erledigt werden muss und mich dazu veranlassen soll, meine Arbeit zu unterbrechen. Für mich ist es hilfreich, dass meine Leitung mir inzwischen Zettel hinlegt und ich den Zeitpunkt der Erledigung selbst bestimme.
So gesellschaftsunfähig es sich anhört, ist es für mich äußerst wichtig, bewusst Zeiten der Ruhe in der Natur zu finden und nicht multitaskingfähig zu werden, um nicht ernsthaft zu erkranken.
15.02.10, 19:41:39
starke Dame
Ich habe es halt gelernt bin aber auch NA - inwieweit ein Autist Multitask lernen könnte, kann ich nicht beurteilen.
Ich habe halt in einem Abschlepp- und Bergungsunternehmen gearbeitet, gleichzeitig wurden Krangestellungen vermietet und nationale und internationale Transporte angenommen. Und der Knotenpunkt war die Disposition und da bin ich halt rein gerutscht.
Ein Disponent ist aber auch nach ein paar Jahren "verheizt", ich war in diesem Unternehmen zum Schluß normale Sachbearbeiterin und war auch froh nicht mehr im Brennpunkt zu sitzen.
Im Prinzip arbeite ich auch lieber den ersten Auftrag ab und fange dann mit dem zweiten an. Leider sieht es aber die Berufswelt vor, dass man neben der Hauptaufgabe immer gleichzeitig andere Aufgaben zu erledigen hat.
Jetzt genieße ich es nicht mehr dort zu arbeiten und kann meine Tagesaufgaben ruhig nacheinander abarbeiten.
17.04.10, 10:58:39
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Zitat:
Die Sache mit dem Multitasking ist ein allseits beliebter Running Gag: Angeblich beherrschen Frauen ja die Kunst der Gleichzeitigkeit besser als Männer. Kochen, telefonieren und bügeln gleichzeitig? Kein Problem! Und was haben wir über den Witz gelacht.
In Wahrheit aber funktioniert das Gehirn nicht ganz nach diesem Muster. Die Grenze nämlich liegt bei zwei: Mehr als zwei konkurrierende Handlungsziele gleichzeitig können Menschen, egal ob Männlein oder Weiblein, nicht verfolgen - zumindest nicht, wenn sie beide Dinge gewissenhaft ausführen wollen. Warum? Neurologen haben eine recht simple Antwort darauf gefunden: Der Mensch hat nur zwei Gehirnhälften.
Etienne Koechlin und Sylvain Charron vom Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale in Paris haben Hirnscans durchgeführt, um zu untersuchen, welche Areale des Denkorgans die Handlungsziele verarbeiten. In einem Test mussten die Probanden erkennen, ob nacheinander erscheinende Buchstaben das Wort "Telbat" (rückwärts buchstabiert "Tablet") ergaben oder nicht. Klingt nach einer einfachen Aufgabe, doch die Forscher machten es den Probanden nicht ganz so leicht: In unregelmäßigen Abständen unterbrachen sie den Ablauf mit einer zweiten Buchstabenfolge desselben Wortes.
[...]
Das Ergebnis: Muss das Gehirn zwei Aufgaben parallel lösen, teilen sich beide Gehirnhälften die Arbeit. Während die linke Hälfte die Motivation für die unterbrochene Handlung aufrechterhält, treibt die rechte Hirnhälfte die Ausführung der zweiten Aufgabe voran. Zudem konnten Koechelin und Charron einen Bereich ausfindig machen, der während der einzelnen Durchläufe die Kontrolle über diese Vorgänge behält. Wie die Forscher berichten, sei ein direkt hinter der Stirn liegender Teil des sogenannten präfrontalen Cortex für die Organisation der Aufgabenverteilung verantwortlich.
Bekamen die Probanden aber noch eine dritte Buchstaben-Aufgabe, kamen sie ins Schleudern. Sollten sie die erste Aufgabe wieder aufnehmen, konnten sie nur noch raten. Das habe, so die Meinung der Forscher, nicht mit mangelnder Konzentration zu tun, noch sei es eine Folge von Schwächen im Arbeitsgedächtnis.
Quelle
Das spricht wohl in dem Punkt gegen die Autismus-Theorie von Baron-Cohen?